Kammermitteilungen 1/2022

Anwaltsrecht/Berufsrecht )HVWVWHOOXQJVLQWHUHVVH LQ 9HUIDKUHQ GHU $QZDOVJH richtsbarkeit Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) Die Bundesrechtsanwaltskammer informiert: In Kürze werden auf der Internetseite des Bundesministeriums der Justiz mit dem Bericht über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte und die Umsetzung seiner Urteile in Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland und dem Bericht über die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Fällen gegen andere Staaten als Deutschland zwei Berichte zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) im Jahr 2020 bereitstehen. (jki) Die Kammer rät Kündigung von Sammelanderkonten – Was nun? I. Einleitung Zu Beginn dieses Jahres haben diverse Banken anwaltliche Sammelanderkonten gekündigt. Bei einer von der BRAK durchgeführten Umfrage gaben 21% der teilnehmenden Rechtsanwältinnen und -anwälte an, von einer solchen Kündigung betroffen zu sein. Als Grund für die Kündigungen gaben die Banken die Änderung der Auslegungs- und Anwendungshinweise zum GwG (AuA) der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) an. Die BaFin hatte am 28.10.2021 ihre AuA angepasst und die Sonderregelung für die Anwendung vereinfachter Sorgfaltspflichten im Hinblick auf Sammelanderkonten ersatzlos gestrichen. Dies führe – nach Ansicht der kündigenden Banken – dazu, dass die wirtschaftlich Berechtigten des Sammelanderkontos jeweils durch das kontoführende Institut aktuell zu halten und zu speichern bzw. bei Wegfall der Eigenschaft zu löschen seien. Ein Aufwand, den einige Kreditinstitute wohl scheuen, weshalb die Kündigungen ausgesprochen wurden. II. Pflicht zur Unterhaltung von Anderkonten Ein Anderkonto ist definiert als ein Konto, auf dem ausschließlich fremdes Geld ein- und ausgeht und welches der Trennung der eigenen Vermögenssphäre von der Vermögenssphäre des Mandanten dient.1 Zur Verwaltung von Fremdgeld haben Rechtsanwältinnen und -anwälte Anderkonten zu führen (§ 4 Abs. 1 BORA). 1 Hartung/Scharmer-Scharmer § 4 Rn 10. Die Pflicht zur Unterhaltung eines Anderkontos gilt jedoch nicht uneingeschränkt. Ein anwaltliches Anderkonto ist nicht ständig für den Eventualfall vorzuhalten.2 2 a.a.O. Rn. 15ff; a.A. Henssler/Prütting-Henssler § 4 BORA Rn. 2. Dies ergibt sich aus der primären Pflicht, dass Fremdgeld unverzüglich an den Berechtigten weiterzuleiten ist (§ 4 Abs. 2 S. 1 BORA). Nur solange dies nicht möglich ist, sind Fremdgelder auf Anderkonten zu verwalten (§ 4 Abs. 2 S. 2 BORA). § 4 Abs. 1 BORA erlegt deshalb nur denjenigen Rechtsanwältinnen und -anwälten die Pflicht zur Unterhaltung eines Anderkontos auf, die aufgrund ihres Tätigkeitsfeldes absehbar mit Fremdgeld in Berührung kommen können und bei denen die Möglichkeit besteht, dass eine unverzügliche Weiterleitung des Fremdgeldes nicht erfolgen kann oder – z.B. aufgrund einer dahingehenden Vereinbarung – nicht erfolgen soll.3 3 a.a.O. Rn. 25; differenzierter Kilian/Offermann-Burckart/vom Stein-Offermann-Burckart, Praxishandbuch Anwaltsrecht, § 14 Rn. 116. In diesen Fällen ist ein Anderkonto einzurichten und das Fremdgeld auf diesem zu verwalten. Dies sind in der Regel Einzelanderkonten (§ 4 Abs. 2 S. 2 2. Hs. BORA). Auf einem Sammelanderkonto dürfen Beträge über 15.000,00 Euro für einen einzelnen Mandanten nicht länger als einen Monat verwaltet werden (§ 4 Abs. 2 S. 3 BORA). III. Handlungsempfehlung Die Unterhaltung von Anderkonten ist jedenfalls dann zu empfehlen, wenn Fremdgeld nicht unverzüglich weitergeleitet werden kann und auch keine Aufrechnung Die Kammer rät KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 1/2022 9

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