Kammermitteilungen 4/2022

ee) Auch im Hinblick auf den mit § 46g ArbGG aufs Engste verknüpfte § 46c Abs. 3 S. 1 ArbGG gilt nichts anderes. Normzweck dort ist wie bei § 130a Abs. 3 S. 1 ZPO auch, die Sicherstellung von Authentizität und Integrität eines elektronischen Dokuments. Dieser Zweck hat zwar mit der Frage der Prozessvertretung nichts zu tun, da maßgeblich allein die Authentizität und Integrität des eingereichten elektronischen Dokuments, d.h. der Nachweis für die Verknüpfung des Erklärungsinhalts („elektronisches Dokument“) mit der Identität des Absenders („verantwortende Person“) ist und nur auf elektronischem Wege die Funktion der handschriftlichen Unterschrift nach § 130 Nr. 6 1. HS ZPO ersetzt wird (vgl. LAG Hamm, 3.5.2022, 14 Sa 1381/21; ArbG Stuttgart 15.12.2021, 4 BV 139/21; JurisPK-ERV/Müller 1. Aufl., § 130a ZPO, Rn. 52). Bei der eigenhändigen Unterzeichnung ist der Unterzeichner aber derjenige, welcher den Inhalt verantwortet, selbst wenn er für einen bevollmächtigten Verband handelt. Verantwortende Person im Sinne des § 46c Abs. 3 ArbGG ist immer die handelnde natürliche Person im Sinne des § 11 Abs. 2 S. 3 ArbGG, es gilt nichts anderes als bei der eigenhändigen Unterzeichnung eines Schriftsatzes. Die Einrichtung eines separaten beA als sicheren Übermittlungswegs durch den Gesetzgeber wäre überflüssig, wenn Syndikusrechtsanwälte für die einzige Tätigkeit, die sie nach außen erbringen dürfen, gar nicht „verantwortende Person“ im Sinne von § 46c Abs. 3 S. 1 Var. 2 ArbGG sein könnten (vgl. LAG Hamm, 3.5.2022, 14 Sa 1381/21; ArbG Stuttgart, 15.12.2021, 4 BV 139/21). Aus Sicht des hier erkennenden Gerichts spricht auch gerade nichts dagegen, ausgehend von der „verantwortenden Person“ aus § 46c ArbGG Rückschlüsse zu ziehen auf die Frage, auf welches ERV-Pflichtenprogramm es nach § 46g ArbGG, § 173 ZPO ankommen muss. ff) Da nunmehr den Verbänden selbst mit dem eBO ein Postfach zur Verfügung stehen und ab 2026 eine eigene ERV-Nutzungspflicht etabliert wird, ergibt sich daraus nur ein weiterer sicherer Übermittlungsweg zur Nutzung des ERV; es ist jedoch der gesetzgeberischen Intention an keiner Stelle zu entnehmen, dass für einen Prozessbevollmächtigten (oder aber eine einen Schriftsatz zu verantwortenden Person) nur ein Übermittlungsweg exklusiv zur Verfügung stehen dürfte (ebenso JurisPK-ERV/Natter, § 46c ArbGG, Rn. 41c). Vergleichend heranzuziehen ist hier auch die Einführung des § 31b BRAO ab August 2022 und der erst dadurch vorgesehenen Schaffung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches für Berufsausübungsgesellschaften als Berufsträgergesellschaften, denn auch daraus lässt sich nicht der Rückschluss ziehen, die einzelnen Berufsträger in einer solchen Gesellschaft dürften ihr beA im Rahmen von Mandaten, die der Gesellschaft erteilt werden, nicht nutzen. Dies wird vom Bundesgerichtshof im Gegenteil im Hinblick auf die passive Nutzungsmöglichkeit und den daraus resultierenden, als zumutbar angesehenen organisatorischen Mehraufwand für die Gesellschaft sogar vorausgesetzt (vgl. BGH, 19.5.2019, AnwZ (Brfg) 69/18; LAG Hamm 3.5.2022, 14 Sa 1381/21). Unter allen Gesichtspunkten ist daher im Ergebnis festzuhalten, dass für Verbandssyndikusrechtsanwälte, die als solche nach außen auftreten und ihren Beruf ausüben, über das ihnen eigens zu diesem Zweck eingerichtete beA eine ERV-Nutzungspflicht besteht. (...) (jki) Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt bei einer Landesapothekerkammer – AGH Bayern, Urteil v. 14.7.2022 – BayAGH III-4-12/21 Der Bundesgerichtshof hat mehrfach entschieden, dass die Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar ist. Im Urteil vom 06.05.2019, – AnwZ (Brfg) 31/17 führt der BGH aus: „Wie der Senat ebenfalls bereits entschieden hat, ist eine Tätigkeit im öffentlichen Dienst nicht von vornherein mit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt unvereinbar ... Dass juristische Personen des öffentlichen Rechts mit gemeint sind, folgt insbesondere aus der Vorschrift des § 46 Abs. 5 S. 2 Nr. 2 BRAO. Diese ermöglicht die Zulassung von Verbandsyndikusrechtsanwälten, die die erlaubten Rechtsdienstleistungen ihrer Arbeitgeber (Vereinigungen oder Gewerkschaften) gegenüber deren Mitgliedern erbringen, und verweist hierzu auf § 8 Abs. 1 Nummer 2 RDG. In der amtlichen Begründung heißt es dazu, die als Körperschaften des öffentlichen Rechts organisierten Berufskammern sollten hiermit ebenso erfasst werden wie die privatrechtlich organisierten Wohlfahrtsverbände der als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannten Kirchen (Rn. 18, 19).“ Weiterhin führt der BGH in dieser Entscheidung aus: „Entgegen der Ansicht der Klägerin erfüllt die Vorbereitung hoheitlicher Maßnahmen durch Stellungnahmen, Gutachten und mündliche oder schriftliche Beratungen nicht die Voraussetzungen des § 7 Nr. 8 BRAO. Die Beigeladene ist Angehörige des öffentlichen Dienstes, dem Art. 33 Abs. 4 GG die Ausübung hoheitlicher Gewalt überträgt. Gleichwohl ist, wie gezeigt, nicht jeder Angehörige des öffentlichen Dienstes von der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ausgeschlossen. Ob eine Zulassung erfolgen kann, erfordert vielmehr eine Einzelfallprüfung, welche der Vielgestaltigkeit der Tätigkeiten im öffentlichen Dienst gerecht Rechtsprechungsübersicht 88 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

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