Kammermitteilungen 4/2022

wird. Im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit hat die Beigeladene (nur) mit den jeweils zur Entscheidung und zur Umsetzung der Entscheidung berufenen Stellen innerhalb der Verwaltung des Landkreises zu tun. Ihre Tätigkeit unterscheidet sich insoweit nicht von derjenigen eines externen Beraters, der aufgrund eines privatrechtlichen Auftrags ein Rechtsgutachten erstattet.“ (Rn. 24). Und weiter: „Übt die Beigeladene demgegenüber hoheitliche Befugnisse aus, ist die Zulassung zur Anwaltschaft zu versagen (§ 7 Nr. 8 BRAO). Hierfür ist nicht erforderlich, dass die Beigeladene nach außen hin als Entscheidungsträgerin in Erscheinung tritt oder als solche zu erkennen ist. Nicht das äußere Erscheinungsbild ist maßgeblich, sondern der objektive Inhalt der Tätigkeit, mithin die tatsächlich bestehende Entscheidungsbefugnis. Eine Zulassung scheidet demnach insbesondere dann aus, wenn die hoheitlichen Maßnahmen innerhalb der Organisationseinheit getroffen werden, welcher der Angestellte angehört, und wenn der Angestellte hieran mit Entscheidungskompetenz beteiligt ist. Fungiert der Angestellte dagegen lediglich als rechtliche Prüfstelle, ohne weisungsbefugt zu sein, ist eine Zulassung nicht nach § 7 Nr. 8 BRAO ausgeschlossen.“ (BGH Urt. v. 3.2.2020 – AnwZ (Brfg) 36/18). Schließlich hebt der BGH in der zuerst genannten Entscheidung hervor, dass die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt voraussetzt, dass die Beigeladene fachlich unabhängig und eigenverantwortlich tätig ist (BGH, Urt. V. 6.5.2019 – AnwZ (Brfg) 31/17 – (Rn. 28)). Aufgrund des Akteninhalts sowie der Beweisaufnahme ist der Senat überzeugt, dass die Beigeladene keine hoheitliche Tätigkeit wahrnimmt. Die Beschreibung der Aufgaben der Beigeladenen in § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages sowie in Ziffer 2 Abs. 1 und 5 der Tätigkeitsbeschreibung haben lediglich vorbereitende und beratende Aufgaben zum Gegenstand. Die Aufgaben der Beigeladenen unterscheiden sich demnach nicht von den Aufgaben eines externen Beraters, der aufgrund eines privatrechtlichen Auftrags für die tätig wird. Die Ausführungen der Beigeladenen und der Beklagten zur Erfüllung der hoheitlichen Aufgaben sind plausibel. Die Beigeladene hat ausgeführt, dass sie als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung eingestellt worden sei. In diesem Zusammenhang sei sie für die Abteilung „Notdienst und Rezeptsammelstelle“ zuständig gewesen. Insbesondere im Zusammenhang mit Betriebsschließungen, aber auch Fällen der Verhinderung aufgrund der Coronapandemie hätten sich rechtliche Fragen für die Ausgestaltung und Anpassung des Dienstplanes ergeben. Außerdem sei es um die Zulässigkeit der Einrichtung von Rezeptsammelstellen gegangen. Da die in der Abteilung tätigen Sachbearbeiterinnen keine Juristen gewesen seien, habe sie die Abteilung über die aktuelle Rechtsprechung informiert, rechtlich beraten, Prozessrisiken abgeschätzt und bei der Abfassung der betreffenden Bescheide unterstützt. Bei Uneinigkeit zwischen ihrer Auffassung und der der Sachbearbeiterinnen, sei der entsprechende Vorgang der Geschäftsführung zur Entscheidung vorgelegt worden; denn sie selbst habe gegenüber den Sachbearbeiterinnen kein Weisungsrecht gehabt. Darüber hinaus habe sie Anfragen von Apothekern zur Rechtslage beantwortet. Sie könne sich nicht erinnern, jemals einen Bescheid unterschrieben zu haben. Zu ihren Aufgaben habe dies jedenfalls nicht gehört. Die Ausführungen der Beigeladenen werden durch die Vernehmung des Zeugen bestätigt. Dieser hat bekundet, dass die Beigeladene als Mitarbeiterin der Rechtsabteilung eingestellt worden sei. Sie sei für die Betreuung der Abteilung „Notdienst und Rezeptsammelstellen“ zuständig gewesen. In dieser Abteilung seien zwei Mitarbeiterinnen ohne akademische Vorbildung tätig. Aufgrund zunehmender Apothekenschließungen komme es gerade in diesem Bereich zu strittigen Fragen, bei denen auch mit Klagen betroffener Apotheker gerechnet werden müsse. Die Beigeladene habe – ebenso wie ihre als Syndikusanwältin zugelassene Vorgängerin und Nachfolgerin – die Geschäftsführung bei strittigen Fragen in zahlreichen Gesprächen beraten. Die Entscheidung strittiger Fragen habe bei ihm als Geschäftsführer gelegen. (...) Die Ausführungen des Zeugen erscheinen auch deshalb plausibel, weil es sich bei der Beigeladenen um eine Berufsanfängerin im ersten Jahr der Beschäftigung handelt. Diesem Personenkreis wird üblicherweise nicht die eigenverantwortliche Leitung einer Abteilung mit Weisungsbefugnissen gegenüber den Mitarbeiter/innen übertragen. Der Grad der Verantwortung spiegelt sich auch in der Höhe des Einstiegsgehalts. Allein aufgrund des ursprünglichen Internetauftritts wäre die Versagung der Zulassung gemäß § 7 Nr. 8 BRAO nicht gerechtfertigt. Der Internetauftritt bezeichnete die Beigeladene zwar ursprünglich als Leiterin Notdienst und als Leiterin Rezeptsammelstellen. In diesem knappen Internetauftritt wurde aber die konkrete Tätigkeit der Beigeladenen nicht näher beschrieben. Lediglich die Bezeichnung ist zumindest missverständlich. Dementsprechend hat die den Internetauftritt berichtigt und stellt die Beigeladene nunmehr als rechtliche Prüfstelle Notdienst, Rezeptsammelstellen vor. Soweit der Beigeladenen stellvertretend auch Aufgaben des Beitragswesens übertragen waren, macht die Klägerin keine konkreten Aufgaben, die über die rechtliche Beratung und Unterstützung bei der Festsetzung und Eintreibung der Beiträge hinausgehen. Unwidersprochen trägt die Beigeladene vor, dass sie in diesem Aufgabenbereich keine Tätigkeiten verrichtet hat. Es bestehen damit keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beschreibung der geschuldeten Tätigkeiten der Beigeladenen im Arbeitsvertrag und in der Tätigkeitsbeschreibung unzutreffend sein könnten. (jki) Rechtsprechungsübersicht KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 89

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0