Kammermitteilungen 4/2022

Übersendung per beA – keine Verpflichtung zur Zahlung von Kopierkosten – OVG Münster, Beschluss v. 14.4.2022 – 1 B 1861/21 Die zulässige Erinnerung der Antragsgegnerin nach § 66 Abs. 1 S. 1 GKG ist begründet. Die in Anwendung von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 4 GKG ergangene Kostenrechnung ist unrichtig, soweit in ihr eine Dokumentenpauschale nach Nr. 9000 Nr. 1 Buchst. b der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG (Kostenverzeichnis) i.H.v. 8,50 EUR für die Fertigung von Abschriften von durch die Antragsgegnerin formwirksam elektronisch eingereichten Schriftsätzen für den nicht anwaltlich vertretenen Beigeladenen angesetzt worden ist. Die Voraussetzungen für einen solchen Kostenansatz liegen nicht vor. Nach § 81 Abs. 2 VwGO sollen der Klage und allen Schriftsätzen vorbehaltlich des § 55a Abs. 5 S. 3 VwGO Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Gemäß § 55a Abs. 1 VwGO können vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen, schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen der Beteiligten sowie schriftlich einzureichende Auskünfte, Aussagen, Gutachten, Übersetzungen und Erklärungen Dritter nach Maßgabe der Absätze 2 bis 6 als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden. Nach § 55a Abs. 5 S. 3 VwGO finden die Vorschriften dieses Gesetzes über die Beifügung von Abschriften für die übrigen Beteiligten keine Anwendung. § 55 Abs. 5 S. 3 VwGO stellt ebenso wie § 81 Abs. 2 VwGO klar, dass ein Beteiligter, der einen Schriftsatz formwirksam elektronisch übermittelt, nicht gehalten ist, die für die übrigen Verfahrensbeteiligten erforderlichen Abschriften in Papierform nachzureichen. Sofern ein Ausdruck erforderlich ist, weil andere Beteiligte nicht über einen elektronischen Zugang verfügen und ihnen der Schriftsatz nicht als elektronisches Dokument übermittelt werden kann, hat die Geschäftsstelle dafür Sorge zu tragen, dass das elektronische Dokument ausgedruckt und an die anderen Beteiligten in der gesetzlich vorgesehenen Form übermittelt wird. Da keine Verpflichtung besteht, die für die Zustellung erforderliche Anzahl von Abschriften im Falle der elektronischen Übermittlung beizufügen, entfällt auch die Verpflichtung zur Zahlung von Auslagen nach Nr. 9000 Nr. 1 Buchst. b Kostenverzeichnis. (...) (jki) Für Verbandssyndikusrechtsanwälte, die als solche nach außen auftreten und ihren Beruf ausüben, besteht eine ERV-Nutzungspflicht über das ihnen eigens zu diesem Zweck eingerichtete beA – LAG Hamm, Beschluss v. 27.9.2022 – 10 Sa 229/22 Die Parteien streiten über das Bestehen eines Provisionsanspruchs. (...) Das Arbeitsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. (...) Gegen dieses ihr am 28.1.2022 zugestellte Urteil vom 18.1.2022 hat die Beklagte durch den Arbeitgeberverband A e.V. vorab per Telefax am 24.2.2022 und später per Originalschriftsatz Berufung beim Landesarbeitsgericht Hamm eingelegt. Der Berufungsschriftsatz wurde ausdrücklich kenntlich gemacht als von „Syndikusrechtsanwalt/Fachanwalt für Arbeitsrecht“ B. stammend. Ein elektronischer Eingang der Berufung auf sicherem Übermittlungsweg per besonderem elektronischen Anwaltspostfach erfolgte indes nicht. Die Berufungsbegründung wurde ebenfalls per Telefax sowie durch Originalschriftsatz, eingereicht, nicht jedoch auf elektronischem Weg. (...) II. Die Einlegung der Berufung erfolgte nicht formwirksam. Seit dem 1.1.2022 war der für den Arbeitgeberverband handelnde Syndikusrechtsanwalt jedoch gemäß §§ 64 Abs 6 ArbGG, § 519 Abs. 4 ZPO i.V.m. §§ 46g, 46c ArbGG verpflichtet, das für ihn eingerichtete besondere elektronische Anwaltspostfach (im Folgenden beA) zu nutzen. 1. Gemäß § 46g S. 1 ArbGG sind vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, als elektronisches Dokument zu übermitteln (sog. aktive Nutzungspflicht). Näheres zur Ausgestaltung des elektronischen Dokuments regelt § 46c ArbGG. Für die Rechtsanwaltschaft ist dazu als sog. sicherer Übermittlungsweg i.S.d. § 46c Abs. 4 Nr. 2 ArbGG zur aktiven Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs (im Folgenden ERV) nach § 31a BRAO das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA), für die Behörden und öffentlich-rechtlichen Körperschaften i.S.d. § 46c Abs. 4 Nr. 3 ArbGG das besondere elektronische Behördenpostfach (im Folgenden beBPO) eingerichtet. 2. Gemäß § 46g S. 2 ArbGG gilt die gleiche Verpflichtung zur Übermittlung elektronischer Dokumente auch für die nach diesem Gesetz, mithin dem ArbGG, vertretungsberechtigten Personen, sofern ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Abs. 4 S. 1 Nr. 2 zur Verfügung steht. Rechtsprechungsübersicht 86 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

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