Kammermitteilungen 4/2022

„derzeit nicht möglich, einen Schriftsatz per beA an das Gericht zu senden“ ist keine Glaubhaftmachung i.S.v. § 55d S. 4 VwGO – OVG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 13.6.2022 – 1 LA 1/22 (...) Der Kläger hat den Antrag auf Zulassung der Berufung nicht im Sinne von § 55d S. 1 VwGO als elektronisches Dokument übermittelt. Die Voraussetzungen von § 55a Abs. 3 S. 1, Abs. 4 S. 1 Nr. 2 VwGO erfüllen weder das vom Prozessbevollmächtigten des Klägers am 6.1.2022 eingereichte Telefax (1.) noch der am selben Tag von einer mit ihm in Bürogemeinschaft tätigen Rechtsanwaltskollegin aus deren besonderen Anwaltspostfach übermittelte Schriftsatz (2.). 1. Ein Telefax ist kein elektronisches Dokument im Sinne von § 55a Abs. 3, Abs. 4 VwGO. Es ist weder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen noch wird es bei Gericht auf einem sicheren Übermittlungsweg eingereicht. Die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften ist auch nicht ausnahmsweise gemäß § 55d S. 3 und 4 VwGO deshalb zulässig, weil der Kläger die vorübergehende Unmöglichkeit einer Übermittlung als elektronisches Dokument aus technischen Gründen bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft gemacht hätte. Am 6.1.2022 ist beim Verwaltungsgericht ein sechs Seiten umfassendes Telefax eingegangen, das als Seiten 2 bis 6 den Zulassungsantrag und als Seite 1 ein Schreiben mit dem Hinweis enthält, es sei „dem Unterzeichner derzeit nicht möglich, einen Schriftsatz per beA an das Gericht zu senden“. Diese Formulierung beinhaltet keine Glaubhaftmachung einer aus technischen Gründen nicht möglichen Übermittlung des Zulassungsantrags, sondern – ohne jede Bezugnahme auf technische Gründe – nur die tatsächliche Behauptung der Unmöglichkeit einer Übermittlung des Zulassungsantrags als elektronisches Dokument. Die Glaubhaftmachung setzt aber eine Erläuterung des technischen Grundes voraus (vgl. zur Glaubhaftmachung Schl.- Holst. OVG, Beschluss vom 25.1.2022, 4 MB 78/21). Eine Glaubhaftmachung ist auch nicht unverzüglich nach der Ersatzeinreichung erfolgt. Auf die unter Hinweis auf § 55d VwGO erfolgte Bitte des Senats in der Eingangsverfügung vom 10.1.2022, die vorübergehende Unmöglichkeit der Übersendung per beA kurzfristig nachzuweisen, erfolgte keine Reaktion. Erstmals auf die gerichtliche Verfügung vom 25.4.2022, mit der unter Hinweis auf die o.g. Entscheidung des 4. Senats darauf hingewiesen worden ist, dass beabsichtigt sei, den Antrag auf Zulassung der Berufung als unzulässig zu verwerfen, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 11.5.2022 ausgeführt, dass er am 6.1.2022 beim Versuch der Übersendung die Mitteilung erhalten habe, dass ein Senden nicht möglich sei, da keine Client-Security vorhanden sei. Er sei selbst nicht in der Lage gewesen, diesen Fehler zu beheben. In der Hotline seines Softwareanbieters sei er in der Warteschleife gelandet. Nachdem er am 7.1.2022 nicht im Hause gewesen sei, habe erst ein technisch begabter Kollege den Fehler am Wochenende 8./9.1.2022 beheben können, wobei die Client-Security und die Verbindung zur Anwalts-Software hätten vollständig gelöscht und anschließend wieder neu installiert werden müssen. Dieser Vortrag ist jedenfalls nicht unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, nach dem Hinweis des Senats vom 10.1.2022 erfolgt. 2. Ein fristgerechter Eingang des Zulassungsantrags ergibt sich auch nicht daraus, dass eine im gleichen Büro wie der Klägervertreter tätige Rechtsanwaltskollegin den Zulassungsantrag aus ihrem besonderen Anwaltspostfach übersandt hat. Ausweislich des Prüfvermerks vom 6.1.2022 ist aus dem besonderen Anwaltspostfach der Rechtsanwaltskollegin des Prozessbevollmächtigten des Klägers um 18.39 Uhr ein Schriftsatz beim Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgericht eingegangen. Dieser war jedoch nach den „Angaben zu den Dokumenten“ des Prüfvermerks nicht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen und erfüllte deshalb nicht die Anforderungen an ein elektronisches Dokument im Sinne von § 55a Abs. 3 S. 1 Alt. 1 VwGO. (...) (jki) Prüfprotokolle von drei erfolglos gebliebenen Übermittlungsversuchen an das Verwaltungsgericht sind ausreichende Glaubhaftmachung i.S.v. § 55d S. 4 VwGO – OVG NRW, Beschluss v. 23.9.2022 – 19 B 970/22 (...) Die Antragsteller haben die Beschwerde formwirksam eingelegt. Dass sie diese mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 23.8.2022 entgegen § 55d S. 1 VwGO nur mittels Telefax und nicht als elektronisches Dokument übermittelt haben, steht der Zulässigkeit der Beschwerde im vorliegenden Fall ausnahmsweise nicht entgegen. Nach dieser am 1.1.2022 in Kraft getretenen Vorschrift unterliegen schriftlich durch Rechtsanwälte einzureichende Anträge und Erklärungen der Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Der Übermittlungsweg per Telefax verstößt grundsätzlich gegen diese Nutzungspflicht. (...) Doch ist die Faxübermittlung vorliegend ausnahmsweise als Ersatzeinreichung nach § 55d S. 3 VwGO zulässig. Auf einen entsprechenden Hinweis des Senats hat der Prozessbevollmächtigte gemäß § 55d S. 4 HS 1 VwGO durch Vorlage der Prüfprotokolle von drei erfolglos gebliebenen Übermittlungsversuchen an das Verwaltungsgericht unverzüglich glaubhaft gemacht, dass ihm eine Übermittlung als elektronisches Dokument wegen eines am Tag des Fristablaufs aufgetretenen technischen Fehlers im Postausgang seines beAPostfachs vorübergehend unmöglich war. (...) (jki) Rechtsprechungsübersicht KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 85

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