Kammermitteilungen 4/2022

2020, 3476 Rn. 19 mwN; BSG NJW 2022, 1334 Rn. 10). Dazu muss die Namenswiedergabe so entzifferbar sein, dass sie von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme einer bestimmten Person als Verantwortlicher zugeordnet werden kann (BSG NJW 2022, 1334 Rn. 9). Fehlt es hieran, ist das Dokument nicht ordnungsgemäß eingereicht. Die einfache Signatur soll gerade sicherstellen, dass die von dem Übermittlungsweg beA ausgewiesene Person mit der Person identisch ist, welche mit der wiedergegebenen Unterschrift die inhaltliche Verantwortung für das Dokument übernimmt (BAGE 172, 186 = NJW 2020, 3476 Rn. 16 mwN; BSG NJW 2022, 1334 Rn. 9). c) Diesen rechtlichen Vorgaben wird die am 13.12. 2021 eingegangene Beschwerdeschrift des Antragsgegners nicht gerecht, weil das Dokument auch nicht mit einer einfachen Signatur versehen war. Die Beschwerdeschrift endet nur mit der Bezeichnung „Rechtsanwältin“ ohne weitere Namensangabe. Allein mit dieser Bezeichnung lässt sich der Schriftsatz keiner bestimmten Person zuordnen, die Verantwortung für seinen Inhalt übernommen hat. Eine eindeutige Zuordnung wird auch nicht dadurch hergestellt, dass im Briefkopf der Kanzlei nur eine einzige Rechtsanwältin neben anderen männlichen Rechtsanwälten aufgeführt ist. Denn dies schließt nicht aus, dass eine im Briefkopf nicht aufgeführte Rechtsanwältin die Verantwortung für den Schriftsatz übernommen hat (vgl. BAGE 172, 186 = NJW 2020, 3476 Rn. 17 ff.). 2. Ebenfalls rechtsfehlerfrei hat das Oberlandesgericht die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Beschwerdefrist abgelehnt. Die Fristversäumung war nicht unverschuldet im Sinne von § 117 Abs. 5 FamFG i.V.m. § 233 ZPO, weil der Antragsgegner sich das Verschulden seiner Verfahrensbevollmächtigten gemäß § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO zurechnen lassen muss. a) Nach gefestigter Rechtsprechung muss der Verfahrensbevollmächtigte eines Beteiligten alles ihm Zumutbare tun und veranlassen, damit die Frist zur Einlegung oder Begründung eines Rechtsmittels gewahrt wird (Senatsbeschluss vom 21.8.2019 – XII ZB 93/19 – FamRZ 2019, 1880 Rn. 5 mwN). In seiner eigenen Verantwortung liegt es, das Dokument gemäß den gesetzlichen Anforderungen entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur zu versehen oder die Einreichung des einfach signierten elektronischen Dokuments auf einem sicheren Übermittlungsweg persönlich vorzunehmen, damit die Echtheit und die Integrität des Dokuments wie bei einer persönlichen Unterschrift gewährleistet sind (vgl. § 130a Abs. 3 ZPO). Ein Rechtsirrtum eines Rechtsanwalts über die gesetzlichen Erfordernisse ist regelmäßig nicht unverschuldet. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs muss ein Rechtsanwalt die Gesetze kennen, die in einer Anwaltspraxis gewöhnlich zur Anwendung kommen. Eine irrige Auslegung des Verfahrensrechts kann als Entschuldigungsgrund nur dann in Betracht kommen, wenn der Verfahrensbevollmächtigte die volle, von einem Rechtsanwalt zu fordernde Sorgfalt aufgewendet hat, um zu einer richtigen Rechtsauffassung zu gelangen. Hierbei ist ein strenger Maßstab anzulegen, denn der Beteiligte, der dem Anwalt die Verfahrensführung überträgt, darf darauf vertrauen, dass er dieser als Fachmann gewachsen ist. Selbst wenn die Rechtslage zweifelhaft ist, muss der bevollmächtigte Anwalt den sicheren Weg wählen. Von einem Rechtsanwalt ist zu verlangen, dass er sich anhand einschlägiger Fachliteratur über den aktuellen Stand der Rechtsprechung informiert. Dazu besteht umso mehr Veranlassung, wenn es sich um eine vor kurzem geänderte Gesetzeslage handelt, die ein erhöhtes Maß an Aufmerksamkeit verlangt. Ein Rechtsirrtum ist nur ausnahmsweise als entschuldigt anzusehen, wenn er auch unter Anwendung der erforderlichen Sorgfaltsanforderungen nicht vermeidbar war (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 222, 105 = NJW 2019, 2230 Rn. 25 mwN). Ein etwa vorliegender Irrtum war nicht unvermeidbar in diesem Sinne. Die Bundesrechtsanwaltskammer hatte bereits in einem Newsletter zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (Ausgabe 48/2017 vom 30.11.2017) folgenden Hinweis erteilt: „Die „einfache elektronische Signatur“ (oder einfach: Signatur) besteht einfach darin, einen Namen unter das Dokument zu setzen, gleich ob man ihn tippt oder eine gescannte Unterschrift einfügt.“ Hierüber konnte sich die Bevollmächtigte des Antragsgegners nicht ohne Verletzung ihrer anwaltlichen Sorgfaltspflichten hinwegsetzen. Zudem war im Zeitpunkt der Einreichung der Beschwerdeschrift bereits Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts veröffentlicht, wonach das Wort „Rechtsanwalt“ als Abschluss des Schriftsatzes nicht genügt (BAGE 172, 186 = NJW 2020, 3476).b) Hat der Verfahrensbevollmächtigte das Dokument entgegen den gesetzlichen Erfordernissen nicht mit einer einfachen Signatur versehen, entlastet es ihn auch nicht, wenn im Prüfprotokoll der Übermittlung an das EGVP zwar unter „Zusammenfassung und Struktur“ vermerkt ist: „Sämtliche durchgeführten Prüfungen lieferten ein positives Ergebnis“, gleichzeitig jedoch angegeben ist: „keine Signatur gefunden“. Zwar darf der Rechtsanwalt in einem solchen Fall davon ausgehen, dass die Übersendung an das Gericht als solche erfolgreich war (vgl. BGH Beschluss vom 11.5.2021 – VIII ZB 9/20, NJW 2021, 2201 Rn. 21 f.). Die Bestätigung der ordnungsgemäßen Übertragung besagt aber nichts darüber, ob das eingereichte Dokument für sich genommen den gesetzlichen Erfordernissen hinsichtlich Echtheits- und Integritätsnachweisen entspricht, ebenso wie ein erfolgreiches Telefaxübertragungsprotokoll keine Bestätigung darüber bietet, dass das per Telefax versendete Rechtsprechungsübersicht KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 83

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