Kammermitteilungen 4/2022

einer Anhebung des Zuständigkeitsstreitwerts die Einführung weiterer streitwertunabhängiger Zuständigkeiten der Amts- und Landgerichte sowie deren Auswirkungen zu untersuchen. TOP II.6 Beschleunigung und Effektivierung des Bußgeldverfahrens Die Justizminister sind sich mit Blick auf die erhebliche Belastung der Justiz durch Massenverfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht darin einig, dass es einer gründlichen Untersuchung des geltenden Ordnungswidrigkeitenrechts auf seine Praxistauglichkeit und Reformbedürftigkeit hin bedarf. Sie beauftragen den Strafrechtsausschuss, zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe unter der Federführung Hessens einzurichten, die ausgehend von bereits vorhandenen Reformprojekten – u.a. dem Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Effektivierung des Bußgeldverfahrens (BTDrs. 20/1545) – einen Bericht mit konkreten Vorschlägen für mögliche Gesetzesänderungen vorlegen soll, um das Bußgeldverfahren unter Beibehaltung rechtsstaatlicher Standards effektiver zu gestalten. TOP II.7 Prüfung einer maßvollen Erweiterung des Strafbefehlsverfahrens Die Justizminister stimmen darin überein, dass sich das in der Strafprozessordnung verankerte Strafbefehlsverfahren zur Schuldfeststellung und Rechtsfolgenbestimmung insbesondere bei einfach gelagerten, eindeutigen Sachverhalten als probates und rechtsstaatlich unbedenkliches Instrument der Strafrechtspflege bewährt hat. Sie erachten es vor dem Hintergrund der hohen Arbeitsbelastung der Strafjustiz und der Zunahme der durchschnittlichen Verfahrensdauer in Strafsachen für erwägenswert, den Anwendungsbereich des Strafbefehlsverfahrens maßvoll zu erweitern, ohne dabei rechtsstaatliche Standards zu senken oder die Rechte der Verfahrensbeteiligten zu beschneiden. TOP II.13 Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung Die Justizminister haben sich mit den gesetzlichen Regelungen zur Vermögensabschöpfung und insbesondere mit den Möglichkeiten befasst, vom subjektiven Verfahren im Zuge der Hauptverhandlung in ein objektives Verfahren zur Einziehung (des Wertes) von Taterträgen oder von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten überzugehen. Sie bekräftigen das kriminalpolitische Ziel, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen. Sie sind sich einig, dass die gegenwärtige rechtliche Regelung der §§ 435 ff. StPO zum Übergang vom subjektiven Verfahren in das objektive Einziehungsverfahren für jene Fallkonstellationen unnötig kompliziert ausgestaltet ist, in denen die selbständige Einziehung aus der Hauptverhandlung heraus gegen die zuvor angeklagte Person oder gegen eine solche Person beantragt wird, deren Einziehungsbeteiligung bereits im subjektiven Verfahren angeordnet worden war. Der Bundesminister der Justiz wird daher gebeten, für diese Fallkonstellationen um Vorlage eines gesetzlichen Regelungsvorschlages, der den Übergang vom subjektiven Verfahren in das objektive Einziehungsverfahren aus der Hauptverhandlung heraus erleichtert. TOP II.14 Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen – Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Übermittlung personenbezogener Daten an private Träger der Straffälligenhilfe Die Justizminister haben sich mit der aufsuchenden Hilfe als einem Mittel zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen befasst. Sie sind sich einig, dass eine Ausweitung der bundesrechtlichen Möglichkeiten für die Länder zur Gestaltung aufsuchender Hilfe wünschenswert wäre. Sie bitten daher den Bundesminister der Justiz, einen Regelungsvorschlag zu unterbreiten, der es sowohl der Vollstreckungsbehörde als auch der Gerichtshilfe erlaubt, personenbezogene Daten im Einzelfall an private Träger der Straffälligenhilfe zu übermitteln zu dem Zweck, verurteilten Personen im Wege der aufsuchenden Hilfe Möglichkeiten aufzuzeigen, die Geldstrafe in Ratenzahlungen zu tilgen oder durch gemeinnützige Arbeit abzuleisten, um so die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe abzuwenden. TOP II.21 Rechtsprechung zur Vorratsdatenspeicherung ernst nehmen – Gefahrenabwehr- und Ermittlungsinstrumente grundrechtsschonend und verhältnismäßig ausgestalten Die JuMiKo hat sich erneut und im Lichte der seit der letzten Befassung im Jahr 2019 u.a. zu Deutschland (Urteil vom 20.9.2022, Az. C-793/19 und C-794/19) ergangenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs mit dem Thema Vorratsdatenspeicherung befasst. Sie befürwortet eine gesetzliche Regelung, die eine rechtssichere, anlassbezogene und jeweils durch richterlichen Beschluss angeordnete Speicherung von Verkehrsdaten ermöglicht. Sie sieht in dem sogenannten Quick Freeze-Verfahren, bei dem die bei den Telekommunikationsanbietern gespeicherten Daten bei Vorliegen eines Tatverdachts auf richterlichen Beschluss hin umgehend „eingefroren“ und damit gespeichert werden, um Täter zu identifizieren, sie der Strafverfolgung zuzuführen und den Sachverhalt weiter aufzuklären, eine grundrechtsschonende und verfassungskonforme Lösung, die die bestehenden Ermittlungsinstrumente effektiv ergänzen würde. (jki) Berichte und Bekanntmachungen 78 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

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