Kammermitteilungen 3/2022

Berufsrechtliche Rechtsprechung Übermittlung per Fax wahrt keine Frist mehr – OLG Frankfurt/Main (Beschl. v. 27.7.2022, Az. 26 W 4/22) Eine per Telefax eingelegte sofortige Beschwerde gegen einen Beschluss des LG hat das OLG Frankfurt/ Main nun als unzulässig verworfen. Die Richter machten deutlich, dass die sofortige Beschwerde verfristet eingegangen ist, worauf der erkennende Einzelrichter den Schuldner bereits mit Verfügung hingewiesen habe. Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde gem. § 569 Abs. 1 ZPO endete im konkreten Fall mit Ablauf des 20.4.2022. Die per Telefax am 19.4.2022 und einfachem Brief am 21.4.2022 eingelegte sofortige Beschwerde konnte diese Frist nicht wahren. Bis zum Ablauf des 20.4.2022 ist ein Rechtsmittel als elektronisches Dokument nicht übermittelt worden (...) Die Einreichung als elektronisches Dokument stellt eine Zulässigkeitsvoraussetzung dar und ist nach dem Willen des Gesetzgebers von Amts wegen zu beachten. Bei Nichteinhaltung ist die Prozesserklärung nicht wirksam (vgl. KG, Beschl. v. 25.2.2022 – 6 U 218/21 –, juris; BTDrucks. 17/12634, S. 27; Greger, in: Zöller, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 130d, Rdnr. 1; für die Parallelnorm des § 32d S. 2 StPO so auch BGH, Beschl. v. 24.5.2022 – 2 StR 110/22 –, juris; für die Parallelnorm des § 55d VwGO ebenso VG Berlin, Beschl. v. 5.5.2022 – VG 12 L 25/22 –, BeckRS 2022, 9921). Das gilt auch in Verfahren, in denen kein Anwaltszwang besteht. Im konkreten Fall hatte der Anwalt eingewandt, in Zwangsvollstreckungssachen gelte § 130d ZPO nicht. Aber, so das Gericht, § 130d S. 1 ZPO gilt grundsätzlich für alle anwaltlichen schriftlichen Anträge und Erklärungen nach der ZPO (vgl. etwa OLG Hamm, Beschl. v. 4.4.2022 – I-8 U 23/22 –, juris; BTDrucksache 17/12634, S. 28). Das Gesetz unterscheidet insofern gerade nicht zwischen denjenigen Verfahren, die dem Anwaltszwang unterliegen, einerseits und anderen Verfahren andererseits. (jki) Auch in eigener Sache: Anwälte müssen elektronisch kommunizieren – VG Berlin (Beschl. v. 5.5.2022, Az. 12 L 25/22) Wird ein Rechtsanwalt in einer eigenen Angelegenheit gerichtlich tätig, besteht für ihn die Pflicht zur elektronischen Einreichung von Schriftsätzen nach § 55d VwGO jedenfalls dann, wenn er explizit als Rechtsanwalt auftritt. Der Antragsteller ist Mitglied des Antragsgegners, das Versorgungswerk der Rechtsanwälte in B., und wendet sich gegen die von diesem betriebene Zwangsvollstreckung. Mit seinem vorab per Telefax am 24.1.2022 und sodann schriftlich am 26.1.2022 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz begehrt er die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem vollstreckbaren Bescheid des Versorgungswerkes vom 11.1.2022. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, dass sein Antrag zulässig sei, wenngleich er ihn als Rechtsanwalt nicht elektronisch eingereicht habe, da bei der Nutzung seines besonderen elektronischen Anwaltspostfaches seit geraumer Zeit Nutzungsprobleme in Form von Zugangsstörungen aufträten, deren Behebung noch ausstehe. Zudem sei es ihm wegen des damit verbundenen Aufwands nicht möglich, alle bislang schriftlich eingereichten Schriftsätze nunmehr einzuscannen, um sie elektronisch einzureichen. (...) Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist unzulässig, da der Antragsteller ihn entgegen § 55d S. 1 VwGO nicht als elektronisches Dokument eingereicht hat. Nach § 55d S. 1 VwGO haben u.a. Rechtsanwälte vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen als elektronisches Dokument zu übermitteln. Der zeitliche Anwendungsbereich dieser Vorschrift ist eröffnet. Sie ist nach Art. 26 Abs. 7 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl. I S. 3786) am 1.1.2022 in Kraft getreten, der hiesige Antrag ist am 24.1.2022 bei Gericht eingegangen. Auch der personelle Anwendungsbereich der Vorschrift ist eröffnet, weil der Antragsteller Rechtsanwalt ist. Der Behandlung des Antragstellers als Rechtsanwalt steht nicht entgegen, dass er vorliegend nicht als Prozessvertreter für einen Dritten, sondern in eigener Angelegenheit auftritt. Dem Wortlaut von § 55d VwGO ist nicht zu entnehmen, ob der Begriff des Rechtsanwalts status- oder rollenbezogen verwandt wird, ob also der Status als Rechtsanwalt genügt, um den Pflichten des § 55d VwGO zu unterliegen oder ob darüber hinaus zu fordern ist, dass der Rechtsanwalt im konkreten Fall auch tatsächlich als solcher auftritt. Letzteres Verständnis hätte zur Folge, dass eine Person dann nicht als Rechtsanwalt zu behandeln wäre, wenn sie zwar als solcher zugelassen ist, jedoch in einer eigenen Angelegenheit nicht als solcher, sondern als Privatperson auftritt. Eine solche Auslegung könnte im Lichte der Grundrechte KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2022 57

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