Kammermitteilungen 3/2022

TOP I.5 Einführung einer „Schriftsatzform“ im BGB und Anpassung weiterer Formvorschriften an den elektronischen Rechtsverkehr Aufgrund der voranschreitenden Digitalisierung und der zunehmend größer werdenden Bedeutung des elektronischen Rechtsverkehrs ist es erforderlich, eine Regelung zu schaffen, die gewährleistet, dass materiell-rechtliche Schriftformerfordernisse auch durch die Zustellung elektronisch eingereichter prozessualer Schriftsätze eingehalten werden. Zahlreiche Formvorschriften des materiellen Rechts schließen die schriftform-ersetzende elektronische Form ausdrücklich aus. Angesichts der voranschreitenden Digitalisierung und der wachsenden Bedeutung des elektronischen Rechtsverkehrs erscheint es überprüfungswürdig, ob diese Ausschlusstatbestände noch zeitgemäß sind. Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder bitten daher den Bundesminister der Justiz, eine Regelung vorzuschlagen, wonach materiell-rechtliche Schriftformerfordernisse auch durch die Zustellung elektronisch eingereichter prozessualer Schriftsätze eingehalten werden, und diejenigen Vorschriften des materiellen Rechts, welche die schriftformersetzende elektronische Form ausdrücklich ausschließen, dahingehend zu überprüfen, ob die Funktionen der Schriftform jeweils auch durch die elektronische Form hinreichend gewährleistet werden. Die Bundesrechtsanwaltskammer ist bezüglich dieser Thematik bereits im Gespräch mit der AG ERV der Bund-Länder-Kommission für Informationstechnik. TOP I.6 Gesetzgeberische Maßnahmen für Massenverfahren und Sammelklagen bleiben dringend erforderlich Die Zivilgerichte sind weiterhin mit Massenverfahren stark belastet. Besondere Herausforderungen ergeben sich auch bei Klagen, in denen eine Vielzahl von Einzelverfahren gebündelt sind. Unverzichtbar sind auch nach Ansicht der Praktiker-Arbeitsgruppen Anpassungen des materiellen Zivilrechts, des Zivilprozessrechts, des Berufs- bzw. Rechtsdienstleistungsrechts sowie des Gebühren- und Kostenrechts. Die Justizministerinnen und Justizminister sehen vor allem Regelungsbedarf unter folgenden Gesichtspunkten. Dabei dürfen durch die angestrebten Gesetzesänderungen berechtigte Ansprüche von Geschädigten nicht beschränkt werden. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen ihre Rechte weiterhin effektiv durchsetzen können. a) Der Anspruch auf effektiven Rechtsschutz erfordert eine rasche rechtssichere Klärung der den Massenverfahren zugrunde liegenden Rechtsfragen. Hierzu kann auch auf die Vorschläge der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Vorabentscheidungsverfahren zurückgegriffen werden. b) Bei der Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie sind auch die Herausforderungen für die Gerichte durch die Massenverfahren in den Blick zu nehmen. c) Es bedarf Regelungen, die unter Wahrung der Parteirechte eine Konzentration von Beweisaufnahmen ermöglichen, um bei gleichgelagerten Sachverhalten die vielfache Wiederholung von Zeugenvernehmungen und Sachverständigengutachten zu vermeiden. d) Die in Massenverfahren teilweise von nicht individualisiertem Parteivortrag geprägten Schriftsätze verursachen einen erheblichen gerichtlichen Aufwand bei der Sachverhaltserfassung. Es ist zu überlegen, ob bzw. wie in diesen Fällen den Gerichten Strukturvorgaben für einen einzelfallbezogenen und konzentrierten Parteivortrag und deren Durchsetzung erleichtert werden könnten. e) Der aufgrund weitgehend deckungsgleicher Sachverhalte in großen Teilen identische Parteivortrag in Massenverfahren rechtfertigt es, Anpassungen der Rechtsanwaltsgebühren, wenn ein Prozessbevollmächtigter in einer Vielzahl von gleichgelagerten Verfahren tätig wird, zu prüfen. TOP I.7 Elektronische Erfassung von Vorsorgedokumenten im Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer Mit der Registrierung der Vorsorgedokumente beim Zentralen Vorsorgeregister der Bundesnotarkammer (ZVR) wird sichergestellt, dass Gerichte und – ab 1.1.2023 – Ärzte rasch in Erfahrung bringen können, ob ein Vorsorgedokument existiert und wo es sich befindet. Das ZVR bietet hingegen nicht die Möglichkeit, sich direkt über den Inhalt der Vorsorgedokumente zu unterrichten. In einem ersten Schritt sollte es daher dem Verfasser, sofern von ihm gewünscht, rechtlich und technisch ermöglicht werden, eine Kopie seiner Vorsorgedokumente – Vorsorgevollmacht, Betreuungsverfügung und Patientenverfügung – im ZVR zu erfassen. Darauf aufbauend sollte in einem zweiten Schritt geprüft werden, ob und in welchem Umfang der Inhalt des ZVR einen Rechtsschein erzeugen soll, auf den sich der Rechtsverkehr verlassen kann. Damit würde das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen maßgeblich gestärkt, Angehörigen würde es erleichtert, Entscheidungen für den Betroffenen zu treffen, die handelnden Ärzte erhielten schneller Kenntnis von den Behandlungswünschen und damit mehr Rechtssicherheit bei der Behandlung des Betroffenen und die Betreuungsgerichte würden entlastet. Die Justizministerinnen und Justizminister der Länder bitten daher den Bundesminister der Justiz, zur Stärkung der privaten Vorsorgeinstrumente in einem ersten Schritt die elektronische Erfassung von VorsorgedokuBerichte und Bekanntmachungen 50 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2022

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