Kammermitteilungen 1/2021

Bewertung bestimmter Rechtsfragen. Nach Ziffer V die- ser Tätigkeitsbeschreibung sind diese Angaben Bestand- teil des Arbeitsvertrages. Eventuelle anderslautende Be- stimmungen zu seiner Weisungsgebundenheit werden bezogen auf die anwaltliche Tätigkeit aufgehoben. Nach § 46 Abs. 4 S. 2 BRAO ist die fachliche Unab- hängigkeit der Berufsausübung auch tatsächlich zu ge- währleisten. Insoweit ist erforderlich, dass die fach- liche Unabhängigkeit im Rahmen des Anstellungsver- hältnisses auch tatsächlich gelebt wird (vgl. BT- Drucks. aaO S. 29; BGH, Beschluss vom 5. April 2019 – AnwZ (Brfg) 79/18, NJW-RR 2019, 829 Rn. 7). Daran fehlte es vorliegend. Nach Auffassung des Se- nats war der betreffende Beigeladene nicht tatsächlich weisungsfrei tätig, wofür er die materielle Beweislast trage (vgl. BVerwGE 109, 174, 180). Denn der Beige- ladene sei an bei seiner Arbeitgeberin bestehende allge- meine und besondere Arbeitsanweisungen gebunden. Diese seien, so der Beigeladene, wie Kommentare zu Gesetzen zu verstehen und bestünden darin, die für die jeweilige Frage einschlägigen Gesetze anzuwenden. Diese Bekundungen legen nach Auffassung des An- waltssenats eine Weisungsgebundenheit, mangelnde fachliche Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit des Beigeladenen nahe. Die Zulassungsentscheidung wurde daher aufgehoben. (jki) Der Anspruch des Mandanten auf Herausgabe der Handakten verjährt nach den Vorschriften des BGB. Die berufsrechtlichen Bestimmungen über die Länge der Aufbewahrungsfrist haben keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährung Der Anspruch auf Herausgabe der die anwaltliche Tä- tigkeit betreffenden Akten folgt aus § 667 BGB i.V.m. § 50 BRAO und unterliegt der dreijährigen Verjährung gem. § 195 BGB. § 50 BRAO begründet keinen zusätz- lich neben § 667 BGB tretenden materiell-rechtlichen Herausgabeanspruch des Mandanten (BGH, Urteil v. 15.10.2020 – IX ZR 243/19). Der Anspruch auf Herausgabe der Handakten wird spä- testens mit Beendigung des Mandatsverhältnisses fällig ( BGHZ 109, 260 [264] = NJW 1990, 510). Die Frist nach § 199 BGB beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis hat oder ohne grobe Fahrläs- sigkeit haben muss. Die Verjährung des Anspruchs auf Herausgabe der Handakten beginnt dabei unabhängig von einem Herausgabeverlangen des Mandanten. Die Bestimmungen des § 50 BRAO zur Aufbewah- rungspflicht bei Handakten haben auf den Lauf der Verjährung des Herausgabeanspruchs aus § 667 BGB keinen Einfluss, so der Senat im Urteil vom 15.10. 2020. Die von § 50 BRAO vorgesehenen Aufbewah- rungsfristen stellen für den Herausgabeanspruch weder eine die Verjährung verdrängende materiell-rechtliche Ausschlussfrist dar, noch führen sie dazu, dass der Her- ausgabeanspruch des Mandanten aus § 667 BGB als verhaltener Anspruch einzuordnen ist, bei dem die Ver- jährung erst mit dem Herausgabeverlangen zu laufen beginnt. Der Herausgabeanspruch aus § 667 BGB be- steht unabhängig davon, ob den Rechtsanwalt eine Aufbewahrungspflicht trifft. Dass die von § 50 BRAO vorgesehene Aufbewah- rungspflicht unter bestimmten Voraussetzungen vor Ablauf der gesetzlichen Fristen erlischt (§ 50 Abs. 2 S. 3 BRAO), betrifft dabei nicht den Herausgabean- spruch des Mandanten, sondern die Aufbewahrungs- pflicht des Rechtsanwalts. Unter welchen Vorausset- zungen der Rechtsanwalt von der Pflicht zur Herausga- be der Handakten frei wird, richtet sich nach den allge- meinen Regeln. So ist etwa der Anspruch auf Heraus- gabe gem. § 275 Abs. 1 BGB ausgeschlossen, wenn dem Rechtsanwalt die Herausgabe der Handakten un- möglich ist. Jedoch haftet der Rechtsanwalt gem. §§ 280 ff. BGB, wenn er sich nicht entlasten kann. Eine solche Entlastung kann sich nach § 50 Abs. 2 S. 3 BRAO ergeben, wenn der Rechtsanwalt den Auftrag- geber aufgefordert hat, die Dokumente in Empfang zu nehmen, und der Auftraggeber dieser Aufforderung binnen sechs Monaten nach Zugang nicht nachgekom- men ist. An der eingetretenen Verjährung änderte im konkreten Fall auch eine getroffene Mandatsvereinbarung nichts. In dieser war zur Aktenaufbewahrung geregelt worden, dass diese für einen Zeitraum von 10 Jahren nach Ab- schluss des Mandats aufbewahrt werden. Einen selbst- ständigen Herausgabeanspruch aus einem Verwah- rungsvertrag gibt es hiernach nicht, so der Senat. Die Regelung betreffe nach objektivem Empfängerhorizont vor allem die Berechtigung zur Datenlöschung und zur Aktenvernichtung. Es fehle hinsichtlich der von einem Rechtsanwalt geführten Handakten im Ganzen regel- mäßig bereits an einer Inobhutnahme fremder beweg- licher Sachen zu einer fremdnützigen Aufbewahrung (vgl. MüKoBGB/Henssler, 8. Aufl., § 688 Rn. 48). (jki) Verteidigergebühren für die eigene Person können dem Rechtsanwalt im gerichtlichen Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof gemäß § 57 Abs. 3 BRAO nicht erstattet werden Mit Beschluss vom 28.10.2020 hat der Anwaltsge- richtshof NRW klargestellt, dass Gebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz für die eigene Tätig- keit, im Verfahren bezüglich des Antrags auf Entschei- Rechtsprechungsübersicht 14 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 1/2021

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