Kammermitteilungen 1/2021

Berufsrechtliche Rechtsprechung Tätigkeit eines Rechtsanwalts in einer Großkanzlei als Projektjurist im Wege der Arbeitnehmerüber- lassung – Anwaltsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen bestätigt die Rechtsauf- fassung der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Die Fälle, in denen sich die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf damit zu beschäftigen hat, ob bei einer Erst- zulassung oder bei bestehender Zulassung die Tätigkeit als Projektjurist bei einer Großkanzlei im Wege der Ar- beitnehmerüberlassung als mit dem Anwaltsberuf ver- einbar anzusehen ist, sind weiterhin aktuell. Dabei geht es weniger um die Frage, ob die Tätigkeit als Volljurist bzw. Assessor im Back Office zulässig ist, was zu beja- hen ist, sondern vielmehr darum, ob der an eine An- waltskanzlei entliehene Rechtsanwalt als solcher für diese nach außen in Erscheinung treten darf, kurzum so tätig werden darf wie unmittelbar bei der Kanzlei ange- stellte Kolleginnen und Kollegen. In den betroffenen Fällen wird regelmäßig ein Arbeitsvertrag mit dem Verleiher, sprich dem Unternehmen, das den Projektju- risten an die Großkanzlei überlässt, geschlossen. Ver- tragliche Beziehungen zwischen dem Entliehenen und der Großkanzlei dagegen bestehen gerade nicht. Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf vertritt hierbei – in Anknüpfung an die KammerMitteilungen 4/2019, S. 142 ff. – die Auffassung, dass mangels gesetzlicher Regelungen lediglich die Option in Betracht kommt, dass die zugelassenen Rechtsanwälte im Back Office der Großkanzlei arbeiten und eine dahingehende Selbstverpflichtung des Entleihbetriebes einreichen. Unabhängig davon können sie selbstverständlich un- mittelbar von der Großkanzlei – entweder im Rahmen von befristeten oder unbefristeten Anstellungsverhält- nissen – angestellt werden. Diese Auffassung der Rechtsanwaltskammer Düssel- dorf hat der erste Senat des Anwaltsgerichtshofs des Landes Nordrhein-Westfalen (AGH NRW) in seiner Entscheidung vom 15.1.2021 (1 AGH 10/20) ausdrück- lich bestätigt. Der Senat führt dabei aus, dass einer Erstzulassung in der dargestellten Konstellation der Versagungsgrund des § 7 Nr. 8 BRAO (Ausübung einer unvereinbaren Tätigkeit) entgegenstehe. Im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung des Verleihers an eine Großkanzlei unterfiele die beabsichtigte Tätigkeit we- der der Anstellungsform des § 46 Abs. 1 BRAO noch des § 46 Abs. 2 BRAO. Diese Regelungen seien als ab- schließend zu verstehen. So sei zur Herbeiführung einer größtmöglichen Rechtssicherheit von einer for- malen Bestimmung des Arbeitgeberbegriffs auszuge- hen. § 46 Abs. 2 BRAO sei nicht einschlägig, da es sich bei dem Entleihbetrieb als Personaldienstleister gerade nicht um einen nicht-anwaltlichen Arbeitgeber i.S.d. Vorschrift handele. Der Arbeitnehmer dürfe als Syndikusrechtsanwalt nur im Hinblick auf dieses An- stellungsverhältnis anwaltlich tätig sein und gerade nicht bei Entleihung an eine Großkanzlei für diese. Ferner führt der AGH NRW aus, dass § 46 Abs. 1 und Abs. 2 BRAO die Berufsfreiheit nach Art. 12 GG zwar einschränken würden, der Grundsatz der Verhältnismä- ßigkeit durch § 46 BRAO als einschränkendes Gesetz jedoch gewahrt werde, sodass auch keine verfassungs- und europarechtlichen Bedenken entgegenstünden. An der Einordnung ändere auch § 45 BRAO nichts, da kei- nes der dort normierten Tätigkeitsverbote verhindern könne, dass der Kläger für die Großkanzlei außerhalb des Back Offices tätig werde. Das Gericht folgt damit vollumfänglich der Einschät- zung der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf und stützt deren Praxis. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Anwaltsge- richtshof des Landes Nordrhein-Westfalen hat keinen Anlass gesehen, die Berufung zuzulassen. Die unterle- gene Partei hat jedoch angekündigt, Antrag auf Zulas- sung der Berufung stellen zu wollen. (js) Zulassungsfähigkeit von Geschäftsführern als Syndikusrechtsanwälte Der Anwaltssenat beim Bundesgerichtshof hat mit Ur- teil vom 7.12.2020 (AnwZ (Brfg) 17/20) zur Zulas- sungsfähigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH als Syndikusrechtsanwalt entschieden. Der Zulassungsbe- scheid der betroffenen Rechtsanwaltskammer wurde mit der Begründung aufgehoben, dass die erforderliche fachliche Unabhängigkeit in Anbetracht der Stellung als Geschäftsführer nicht gewährleistet sei. Nach § 46 Abs. 4 S. 1 BRAO übt eine fachlich unab- hängige Tätigkeit i.S.d. § 46 Abs. 3 BRAO nicht aus, wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigen- ständige Analyse der Rechtslage und eine einzelfallori- entierte Rechtsberatung ausschließen. Die fachliche Unabhängigkeit der Berufsausübung des Syndikus- rechtsanwalts ist gem. § 46 Abs. 4 S. 2 BRAO vertrag- lich und tatsächlich zu gewährleisten. Das ist nach Auf- fassung des Senats bei Geschäftsführern nicht der Fall, da es aufgrund der gesellschafts- und organrechtlichen Weisungsgebundenheit als GmbH-Geschäftsführer (§ 37 GmbHG) an der gebotenen vertraglichen Ge- währleistung der fachlichen Unabhängigkeit fehle. Der Geschäftsführer einer GmbH ist gem. § 37 Abs. 1 GmbHG verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche für den Umfang seiner Befugnis, die Gesell- 12 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 1/2021

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