Kammermitteilungen 4/2022

vor seiner rechtskräftigen Zuerkennung grundsätzlich unvererblich ist, seien insbesondere hochbetagte oder schwerkranke Geschädigte einer besonders belastenden Situation ausgesetzt: Sie müssten nicht nur die persönlichen Folgen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ertragen, sondern auch den Gedanken, dass, falls sie noch vor dem rechtskräftigen Abschluss eines Gerichtsverfahrens versterben, die Verantwortlichen für das verursachte Leid keine Entschädigung leisten müssen. Die bestehende Schutzlücke sollte geschlossen werden, damit die Präventions- und Genugtuungsfunktionen derartiger Geldentschädigungsansprüche wirksam in den Fällen zum Tragen kommen, in denen ein lebzeitiges Durchsetzungsinteresse des Geschädigten klar feststellbar ist. Der Bundesminister der Justiz wird darum gebeten, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. TOP I.5 20 Jahre Gewaltschutzgesetz – Weitere Verbesserung des Schutzes vor Gewalt im Verfahrensrecht Das Inkrafttreten des Gesetzes zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG) hat sich am 1.1.2022 zum zwanzigsten Mal gejährt. Das Gewaltschutzgesetz habe seit seinem Inkrafttreten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Opfer von Gewalt und Nachstellungen mit den Mitteln der Justiz geleistet. Die Justizminister sind der Auffassung, dass sich das materielle Gewaltschutzrecht durch die gerichtliche Praxis nur so erfolgreich umsetzen lässt, wie es die verfahrensrechtlichen Vorschriften zulassen. Sie bitten daher den Bundesminister der Justiz, eine Einbindung des Jugendamts in Verfahren nach § 1 GewSchG in § 213 Abs. 1 FamFG zu prüfen. Auch im Hinblick auf die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit des Familiengerichts in Ehe-, Kindschafts-, Abstammungs- und Kindesunterhaltssachen werde gesetzgeberischer Handlungsbedarf insbesondere bei Fällen mit erheblicher Gewaltbefürchtung gesehen. Die ausschließliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des gemeinsamen minderjährigen Kindes kann berechtigten Geheimhaltungsinteressen des von Gewalt bedrohten Elternteils zuwiderlaufen. Der Bundesminister der Justiz wird daher gebeten, einen Vorschlag vorzulegen, mit dem die verfahrensrechtlichen Regelungen für Fälle mit Gewaltbefürchtung gegebenenfalls in geeigneter Weise angepasst werden. TOP I.8 Digitale Europäische Prokura Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung sehen die Justizminister Anlass, neue Impulse für die Vereinfachung des Abschlusses von grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften zwischen Kaufleuten und Gewerbetreibenden im europäischen Binnenmarkt zu setzen und halten insbesondere die Einführung einer einheitlichen europäischen Vertretungsmacht (Europäische Prokura) für einen geeigneten und rechtssicheren Weg, Geschäftsabschlüsse bei grenzüberschreitenden Handelsverträgen zu vereinfachen. Die JuMiKo bittet daher den Bundesminister der Justiz, sich in den Gremien der Europäischen Union für die Einführung einer einheitlichen Digitalen Europäischen Prokura einzusetzen und beauftragt die Bund-Länder-Konferenz für Informationstechnik, die technischen Möglichkeiten zur Umsetzung eines entsprechenden Verfahrens mit Anbindung an das Handelsregister zu prüfen. TOP I.9 Kodifizierung des Unternehmenskaufs – Rechtssicherheit schaffen und Unternehmensnachfolge erleichtern! Der Unternehmenskauf besitze trotz seiner enormen Bedeutung für die Wirtschaft einen nur untergeordneten Stellenwert im kodifizierten Recht. Weder im BGB noch im HGB existieren Normen, die eine verlässliche Grundlage für Fusionen und Übernahmen bilden. Die entsprechend anwendbaren Vorschriften des Sachkaufs werden in der Praxis häufig als untauglich empfunden, abbedungen und durch komplexe Vertragswerke ersetzt. Um etwaigen Regelungsbedarf zu identifizieren und ggf. Vorschläge für interessengerechte Normen zu erarbeiten, richtet die JuMiKo eine länderoffene Arbeitsgruppe unter Federführung des Landes NordrheinWestfalen ein und bittet das Bundesministerium der Justiz, sich an der Arbeitsgruppe zu beteiligen. TOP I.10 Abbau von Zugangsbarrieren durch die Ermöglichung einer digitalen Rechtsantragstellung Mit Blick auf die Digitalisierung der Justiz wurde der Abbau von Zugangsbarrieren für Bürgerinnen und Bürger diskutiert. Die Justizminister sind der Ansicht, dass die bisherige Regelung des § 129a der ZPO sowie die entsprechenden Normen anderer Verfahrensordnungen um die Möglichkeit einer digitalen Rechtsantragstellung erweitert werden sollen. Sie bitten den Bundesminister der Justiz, dem Anliegen weiter Rechnung zu tragen, und um frühzeitige Einbeziehung der Länder, etwa in Form einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Ziel ist es, sinnvolle Anwendungsfelder einer digitalen Antragstellung sowie den dafür notwendigen rechtlichen und technischen Rahmen zu prüfen. TOP I.14 Reform der Auskunftsansprüche bei der Pflichtteilsregulierung: Für eine Gleichbehandlung von Erben, Pflichtteilsberechtigten und beschenkten Dritten Streitigkeiten bei der Pflichtteilsregulierung belasten neben Erben und Pflichtteilsberechtigten auch Notare und Zivilgerichte. Regelmäßig beginnt das Verfahren mit der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nach § 2314 BGB durch den Pflichtteilsberechtigten. Nicht selten wird auch von dem Recht Gebrauch gemacht, im Berichte und Bekanntmachungen 76 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

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