Kammermitteilungen 3/2022

Anwaltsrecht/Berufsrecht )HVWVWHOOXQJVLQWHUHVVH LQ 9HUIDKUHQ GHU $QZDOVJH richtsbarkeit Die Kammer rät Große BRAO-Reform – Neuigkeiten auch für Syndikusrechtsanwälte Mit dem Inkrafttreten der Großen BRAO-Reform zum 1.8.2022 haben sich auch Änderungen im Rahmen der Syndikuszulassung ergeben, auf die zumindest einige Syndikusrechtsanwälte lange gewartet haben. Die wichtigste Änderung dürfte sich durch Einführung von § 46 Abs. 6 BRAO ergeben. Hiernach können Syndikusrechtsanwälte, wenn ihr Arbeitgeber, der nicht den in den § 59c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 – 3 BRAO genannten Berufen angehört, zur Erbringung von Rechtsdienstleistungen berechtigt ist, diese unter gewissen Umständen erbringen: Der Syndikusrechtsanwalt muss in diesen Fällen darauf hinweisen, dass er keine anwaltliche Beratung im Sinne des § 3 BRAO erbringt und ihm kein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 der Strafprozessordnung zukommt. Dies klingt erst einmal unspektakulär. Bringt aber erst die Möglichkeit, die Zulassung überhaupt zu erhalten. Denn bislang lag bereits bei der gelegentlichen Erbringung von Rechtsdienstleistungen gegenüber Kunden des Arbeitgebers ein Zulassungshindernis vor. „Jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers schließt unabhängig von deren Umfang grundsätzlich eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt aus“, so der Anwaltssenat des Bundesgerichtshofs.1 1 BGH, Urt. v. 22.6.2022 – AnwZ (Brfg) 23/19, Rn.29. Auch nur eine im Jahr durchgeführte Befassung mit Rechtsangelegenheiten, die nicht ausschließlich eigene Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers im Sinne von § 46 Abs. 5 BRAO betrafen, stellte bislang, beispielsweise bei juristisch tätigen Mitarbeitern von Versicherungsmaklerunternehmen, ein absolutes Zulassungshindernis dar. Durch den neuen § 46 Abs. 6 BRAO scheitert die Syndikuszulassung seit dem 1.8.2022 nun nicht länger daran, dass der bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätige Volljurist, der im Übrigen grundsätzlich die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, gelegentlich mit Rechtsangelegenheiten von Kunden betraut wird. Eine Einschränkung gibt es dabei: Nach S. 3 ist die Erbringung von Rechtsdienstleistungen nach S. 1 keine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Abs. 2 S. 1. Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ist also davon abhängig, dass der Syndikusrechtsanwalt prägend mit eigenen Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers im Sinne von § 46 Abs. 5 BRAO befasst ist. Eine weitere, für Syndikusrechtsanwälte entscheidende Neuerung ergibt sich in § 46b Abs. 2 S. 4-neu BRAO. Neu ist, dass die Zulassung nicht zwingend zu widerrufen ist, wenn die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit nicht mehr den Anforderungen des § 46 Abs. 2 – 5 BRAO entspricht. Nunmehr ist die Zulassung nicht zu widerrufen, wenn die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt unterbrochen wird, die Unterbrechung infolge ihrer Eigenart oder vertraglich im Voraus zeitlich begrenzt ist und das der Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zugrunde liegende Arbeitsverhältnis fortbesteht. Schließlich gibt es eine weitere Erleichterung für (künftige) Syndikusrechtsanwälte: Das Erfordernis der Vorlage einer öffentlich beglaubigten Abschrift des Anstellungsvertrages entfällt. Künftig reicht es, sämtliche Arbeitgeberunterlagen amtlich beglaubigt bei der Rechtsanwaltskammer einzureichen. Die sich ergebenden Änderungen sind Ausfluss einer Evaluierung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung.2 2 Evaluierung des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte und zur Änderung der Finanzgerichtsordnung vom 21.12.2015, BGB l. I S. 2517 (Syndikusgesetz). Nach dieser Evaluierung erschien nicht bloß die Vereinheitlichung der Formvorschriften im Antragsverfahren angezeigt, sondern auch einige inhaltliche Änderungen. Bezogen auf die Änderung von § 46b BRAO hat sich im Rahmen der Evaluierung ergeben, dass ein starkes Bedürfnis nach einer Regelung von Fällen der Unterbrechung der Syndikustätigkeit besteht.3 3 Bericht der Bundesregierung über die Auswirkungen der durch Art. 1 Nr. 3 und Art. 6 des Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte erfolgten Änderungen auf die Zulassungspraxis der Rechtsanwaltskammern und der Patentanwaltskammer sowie auf die Befreiungspraxis in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 21.10.2020, Punkt 4.1.3. und 5.2.1., S. 18, 29 f., abrufbar: https://bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/de/Ne uordnung_Syndikusanwaelterecht.html Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits in der Vergangenheit in zwei Entscheidungen positioniert. In einer Angelegenheit, in der ein freigestelltes Betriebsratsmitglied als Syndikusrechtsanwalt nach neuer Rechtslage zugelassen werden sollte, hob der BGH die Zulassungsentscheidung auf, weil der Antragsteller im fraglichen Zeitpunkt gerade nicht seine vormalige Tätigkeit ausübte, für die er die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt begehrte, sondern tatsächlich freigestellt war für eine Betriebsratstätigkeit, die wiederum die Zulassungsvoraussetzungen nicht erfüllte.4 4 BGH, Urteil vom 29.1.2018, AnwZ (Brfg) 12/17. Ein weiteres KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2022 55

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