Kammermitteilungen 4/2022

Aus dem Inhalt www.rak-dus.de Informationen und offizielle Verlautbarungen 18. Jahrgang · Nr. 4 31.12.2022 · S. 69–94 Das aktuelle Thema 72 Gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegentreten! (Von RAin Julia Kindler) Berichte und Bekanntmachungen 74 Ende der sicherheitstechnischen Zulassung der beA-Signaturkarten zur Anbringung qualifizierter elektronischer Signaturen an Dokumenten mit Ablauf des 31.12.2022 – Gemeinsame Informationen von SIV-ERV und BRAK zur Fernsignatur 75 Vorankündigung: Vorstandswahl 2023 Die Kammer rät 79 beA-Pflicht für Anwaltsgesellschaften bereits ab dem 1.1.2022 (Von Rechtsreferendarin Doreen Hahne und RA Jörg Stronczek) Berufsrechtliche Rechtsprechung 81 Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht – BGH, Beschluss v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22 82 Die einfache Signatur im Sinne des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort „Rechtsanwalt“ ohne Namensangabe – BGH, Beschluss v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22 84 Telefax wahrt keine Frist mehr – eine Störung der Telefonund Internetverbindung über fünf Wochen ist keine vorübergehende technische Unmöglichkeit – OVG NRW, Beschluss v. 6.7.2022 – 16 B 413/22

Köhler Anwalts-Handbuch Wohnungseigentumsrecht Herausgegeben von RA Wilfried J. Köhler. Bearbeitet von einem hochkarätigen WEG-Expertenteam. 5. neu bearbeitete Auflage 2023, ca. 1.900 Seiten, Lexikonformat, gbd., ca. 150 €. Erscheint im Dezember 2022 ISBN 978-3-504-18073-7 Das Werk online otto-schmidt.de/akr juris.de/mietr Sicherheit im WEG-Mandat. Auch und gerade nach der Reform bleibt dieses Handbuch das perfekte Arbeitsmittel für jeden, der auf professionellem Niveau mit wohnungseigentumsrechtlichen Fragestellungen befasst ist. Die Neuauflage hat nicht nur die Novelle mit ihren zentralen Themen aufgearbeitet: Anfechtung des Verwaltervertrages, wirksame Vereinbarung von Verwaltervergütungen, Inhalt der Jahresabrechnung, Bereicherungsanspruch bei für ungültig erklärtem Abrechnungsbeschluss, Anwendbarkeit der neuen §§ 9a, 9b WEG. Auch alle anschließenden Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur haben Eingang in das Handbuch gefunden. Checklisten, Musterformulierungen und Hinweise zu Strategie und Taktik erleichtern den Umgang mit dem neuen Recht und geben Sicherheit für die Handhabung in der Praxis. Bestellung unter www.otto-schmidt.de Neuauflage: Macht da weiter, wo die WEG-Reform aufgehört hat!

Informationen und offizielle Verlautbarungen 12. Jahrgang Nr. 4 31.12.2016 Inhaltsverzeichnis 8 .1 .2 22 Editorial 71 Das aktuelle Thema Gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegentreten! (Von RAin Julia Kindler) 72 Berichte und Bekanntmachungen Ende der sicherheitstechnischen Zulassung der beA-Signaturkarten zur Anbringung qualifizierter elektronischer Signaturen an Dokumenten mit Ablauf des 31.12.2022 – Gemeinsame Informationen von SIV-ERV und BRAK zur Fernsignatur 74 Vorankündigung: Vorstandswahl 2023 74 13. RA Praktikum – dem Nachwuchsmangel entgegentreten 74 Ergebnisse der Juristischen Prüfungen 2020 – Rückgang der Kandidatenzahlen 75 93. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 10.11.2022 75 Leitfaden für Strafverteidiger zur Europäischen Staatsanwaltschaft 79 Die Kammer rät beA-Pflicht für Anwaltsgesellschaften bereits ab dem 1.1.2022 79 (Von Rechtsreferendarin Doreen Hahne und RA Jörg Stronczek) Berufsrechtliche Rechtsprechung Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung eines fristgebundenen Schriftsatzes (hier: Berufungsbegründung) über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) erfordert die Kontrolle, ob sich die erhaltene automatisierte Eingangsbestätigung gemäß § 130a Abs. 5 S. 2 ZPO auf die Datei mit dem betreffenden Schriftsatz bezieht – BGH, Beschluss v. 20.9.2022 – XI ZB 14/22 81 Die einfache Signatur im Sinne des § 130a Abs. 3 S. 1 Alt. 2 ZPO meint die einfache Wiedergabe des Namens am Ende des Textes, beispielsweise bestehend aus einem maschinenschriftlichen Namenszug unter dem Schriftsatz oder einer eingescannten Unterschrift. Nicht genügend ist das Wort „Rechtsanwalt“ ohne Namensangabe – BGH, Beschluss v. 7.9.2022 – XII ZB 215/22 82 Telefax wahrt keine Frist mehr – eine Störung der Telefon- und Internetverbindung über fünf Wochen ist keine vorübergehende technische Unmöglichkeit – OVG NRW, Beschluss v. 6.7.2022 – 16 B 413/22 84 „derzeit nicht möglich, einen Schriftsatz per beA an das Gericht zu senden“ ist keine Glaubhaftmachung i.S.v. § 55d S. 4 VwGO – OVG SchleswigHolstein, Beschluss v. 13.6.2022 – 1 LA 1/22 85 Prüfprotokolle von drei erfolglos gebliebenen Übermittlungsversuchen an das Verwaltungsgericht sind ausreichende Glaubhaftmachung i.S.v. § 55d S. 4 VwGO – OVG NRW, Beschluss v. 23.9.2022 – 19 B 970/22 85 Übersendung per beA – keine Verpflichtung zur Zahlung von Kopierkosten – OVG Münster, Beschluss v. 14.4.2022 – 1 B 1861/21 86 Für Verbandssyndikusrechtsanwälte, die als solche nach außen auftreten und ihren Beruf ausüben, besteht eine ERV-Nutzungspflicht über das ihnen eigens zu diesem Zweck eingerichtete beA – LAG Hamm, Beschluss v. 27.9.2022 – 10 Sa 229/22 86 Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt bei einer Landesapothekerkammer – AGH Bayern, Urteil v. 14.7.2022 – BayAGH III-4-12/21 88 Veranstaltungshinweise Kammerveranstaltungen im 1. Quartal 2023 90 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 III

Fachanwalt Karrieresprungbrett Weiterbildung www.fachseminare-von-fuerstenberg.de Mit Spezialisierung mehr erreichen. Heben Sie sich mit einer Ausbildung zum Fachanwalt von Ihren Kollegen ab. Nutzen Sie die Zusatzqualifikation, um sich für neue Mandanten erfolgreich zu positionieren. Unser Angebot: herausragend • Erfolgreich seit 2006 mit mehr als 900 Absolventen • Umfassende Darstellung aller beratungsrelevanten Felder Unser Ausbildungsmodell: einzigartig • 50% weniger Präsenzunterricht • 50% Online-gestütztes Eigenstudium • Mehr Flexibilität im Beruf und im Privaten Einfach. Besser. Foto: GettyImages Inhaltsverzeichnis IV KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 Impressum KammerMitteilungen Informationen und offzielle Verlautbarungen der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf. Herausgeber: Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf, Tel. 0211-495020, Telefax 0211-4950228, E-Mail: info@ rak-dus.de, Internet: www.rak-dus.de Schriftleitung: Rechtsanwältin Julia Kindler, Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Adresse wie oben). Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln, Tel. 0221-93738-997 (Vertrieb/Abonnementsverwaltung), Telefax 0221-93738-943 (Vertrieb/Abonnementsverwaltung), E-Mail: info@ottoschmidt.de. Konten: Sparkasse KölnBonn IBAN DE87 3705 0198 0030 6021 55; Postbank Köln IBAN DE40 3701 0050 0053 9505 08. Erscheinungsweise: vierteljährlich Bezugspreise: Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf werden die KammerMitteilungen im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr zugestellt. Anzeigenverkauf: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn; Telefon 0228-97898-0; Fax 0228-97898-20; E-Mail: media@ sales-friendly.de. Gültig ist die Preisliste Nr. 17 vom 1.1.2021. Urheber- und Verlagsrechte: Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie redaktionell bearbeitet oder redigiert worden sind. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherungen und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. ISSN 1614-8843

Kammerversammlung bitte vormerken! Liebe Kolleginnen und Kollegen, bitte reservieren Sie schon jetzt Zeit für die nächste Kammerversammlung am Mittwoch, den 26.4.2023, 16.00 Uhr, im Industrie-Club, Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf.

Hamburg, November 2022 Aufruf zur Weihnachtsspendenaktion 2022 Die Hülfskasse Deutscher Rechtsanwälte startet Anfang November mit der jährlichen Weihnachtspendenaktion. Die Aktion läuft bundesweit. Gerade in dieser schwierigen Zeit mit steigenden Kosten ± wie für Lebensmittel und Energie ± hoffen viele Bedürftige auf eine Beihilfe. Schon im vergangenen Jahr folgten erfreulich viele Menschen dem Aufruf zur Solidarität. Für Bedürftige innerhalb der Anwaltschaft gingen fast 225.000 Euro an Spenden ein. Die Hülfskasse dankt allen Spender:innen hierfür sehr herzlich im Namen der Unterstützten. Die Mittel ermöglichten es, bundesweit an bedürftige Rechtsanwält:innen sowie deren Familien einen großzügigen Betrag auszuzahlen. Erwachsene und Kinder freuten sich über jeweils 700,00 Euro. So konnte die Hülfskasse zum Beispiel einen Rechtsanwalt und seine drei Kinder in Ostdeutschland unterstützen. Der Anwalt hatte einen Schlaganfall erlitten und ist inzwischen leider arbeitsunfähig. In diesem Rahmen bittet die Hülfskasse um Kontaktaufnahme, sollten den Lesern Kolleg:innen in Schwierigkeiten bekannt sein oder jemand selbst betroffen sein. Der karitative Verein unterstützt nicht nur in seinen vier Mitgliedskammerbezirken beim Bundesgerichtshof, Braunschweig, Hamburg und Schleswig-Holstein, sondern auch in den anderen 24 Kammerbezirken. Spendenmöglichkeiten: Online: https://huelfskasse.de/spenden/ Deutsche Bank Hamburg IBAN: DE45 2007 0000 0030 9906 00 BIC: DEUTDEHHXXX Kontakt: Hülfskasse Deutscher Rechtsanwälte Christiane Quade Steintwietenhof 2 20459 Hamburg Telefon: (040) 36 50 79 Fax: (040) 37 46 45 E-Mail: info@huelfskasse.de Internet: www.huelfskasse.de

Editorial Ausbildung als Investition in die Zukunft Dr. Claus-Henrik Horn Der Fachkräftemangel ist ein großes Thema. Wer hat nicht schon selbst die Erfahrung gemacht, wie schwierig es ist, qualifizierte Assistentinnen und Assistenten zu finden? Zumindest wird jeder schon im Kollegenkreis entsprechende „Klagen“ gehört haben. Natürlich verändert sich der Anwaltsberuf. Nicht jeder benötigt die Unterstützung durch eine Rechtsanwaltsfachangestellte bzw. einen Rechtsanwaltsfachangestellten. Das gilt sicherlich besonders für Spezialisten, da Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, komplizierte RVG-Rechnungen etc. weniger anfallen. Aber die meisten KollegInnen sind auf speziell für die Anwaltschaft geschulte MitarbeiterInnen angewiesen, da sie ansonsten ihre Mandate in vertretbarer Zeit nicht schultern können. Auch wenn es hart klingt: Wer nicht selbst ausbildet, darf sich nicht wundern, wenn die Einstellung einer Anwaltsfachangestellten bzw. eines Anwaltsfachangestellten nicht ganz einfach wird, da der BewerberInnenkreis überraschend überschaubar ist. Also ausbilden. Auf den ersten Blick mag es für einige nicht sofort vorstellbar sein, wie junge Auszubildende in der eignen Kanzlei eingesetzt werden können, was für Aufgaben übertragen werden könnten. Aber das findet sich. Am Anfang mag auch Zeit zu investieren sein. Es ist ein Investment, ein Investment in die Zukunft der eigenen Kanzlei. Und in den meisten Fällen werden die Ausbildungskanzleien überrascht sein, wie schnell Auszubildende eine wertvolle Hilfe werden. Vielleicht haben sie so eine/n Mitarbeiter/in für unzählige Jahre gewonnen. Zumindest bleibt die Zahl von bundesweit jährlich etwa 6.000 Auszubildenen konstant. Durch attraktive Stellen läßt sich diese Zahl steigern. Für die Zukunft der Anwaltschaft, die trotz Erleichterungen durch die Digitalisierung mehrheitlich auf persönliche Unterstützung angewiesen ist. Ihr Dr. Claus-Henrik Horn Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 71

Das aktuelle Thema Gemeinsam dem Fachkräftemangel entgegentreten! Von Rechtsanwältin Julia Kindler, Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Bereits seit Jahren mehren sich die Rufe unter Kolleginnen und Kollegen, offene Stellen in Kanzleien nicht mehr besetzen zu können. Dies gilt nicht nur für die Besetzung von Anwaltsstellen, ein Phänomen, dass in letzter Zeit besonders deutlich wird, sondern insbesondere auch für die Besetzung qualifizierter Mitarbeiterstellen. Alarmierend ist dabei, dass die Zahlen der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den Ausbildungsberufen zur Rechtsanwaltsfachangestellten und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten weiter sinken. Laut der Ausbildungsstatistik, die die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) führt, wurden im Jahr 2001 noch 9.384 neue Ausbildungsverträge für die Ausbildung zur Rechtsanwalts- oder Rechtsanwaltsund Notarfachangestellten bundesweit abgeschlossen. Im Jahr 2021 waren es gerade noch 3.5541 1 https://www.brak.de/anwaltschaft/rechtsanwaltsfachangestellte/ Hierdurch wird sich der Fachkräftemangel im Bereich der Juristerei in den nächsten Jahren noch deutlich verschärfen. Der diesjährige STAR-Bericht2 2 Statistische Berichtssysteme für Rechtsanwälte (STAR), Erhebung 2022 zum Thema „Nicht-juristisches Personal und Legal-Tech“, vollständig abrufbar unter: https://www.brak.de/presse/zahlen-und-statistiken/star2022/ des Instituts für Freie Berufe im Auftrag der Bundesrechtsanwaltskammer hat sich in diesem Jahr mit den nicht-juristischen Mitarbeitern in Kanzleien befasst. Bislang lag das Hauptaugenmerk der seit 1993 im Zwei-Jahres-Takt stattfindenden Befragung auf der wirtschaftlichen Situation der Berufsträger. Seit diesem Jahr findet die STAR-Befragung nun jährlich statt, inhaltlich getrennt in einen Basisfragebogen zum wirtschaftlichen Teil sowie einen Zusatzfragebogen zu einem variablen Sonderteil. Dieser bezog sich in diesem Jahr auf die nicht-juristischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Anwaltskanzleien oder im Falle von Syndikusrechtsanwälten auch in Unternehmen, darüber hinaus auf das Thema Legal Tech. Unter nicht-juristischen MitarbeiterInnen wurden dabei in der vorliegenden Befragung Rechtsanwaltsfachangestellte bzw. Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, geprüfte Rechtsfachwirte oder auch andere Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter verstanden. Insgesamt haben sich an der Umfrage von den am Stichtag zugelassenen 162.273 Mitgliedern 4.757 beteiligt, was 2,39% der Mitglieder entspricht. Im Bereich der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf lag der Rücklauf nur bei 120 Teilnehmern von zum Stichtag 12.829 Mitgliedern. Dennoch bietet die Befragung insgesamt eine gute Grundlage, um sich dem Problem des Fachkräftemangels zu nähern, liegen ähnliche Befragungen zum Thema durch die BRAK bereits Jahre zurück. Rechtsanwälte aus Kanzleien in Großstädten mit mindestens 500.000 Einwohnern geben laut dem Bericht zu 34% an, unbesetzte Mitarbeiterstellen zu haben. Dabei sind Einzelkanzleien noch im Vorteil. Hier beklagen nur 14% unbesetzte Stellen im Vergleich zu Sozietäten mit sogar 42%. 76% der Rechtsanwälte, die von offenen Stellen berichten, suchen dabei Rechtanwaltsfachangestellte oder Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte, 46% (auch) Büro- oder Schreibkräfte. 21% der Rechtsanwaltskanzleien geben an, zwei Stellen für eine Fachkraft unbesetzt zu haben; 9,5% suchen drei bis fünf ReFa-/ReNo-Fachkräfte. 1,5% würden sogar sechs oder mehr Fachkräfte einstellen. Diese Zahlen, auch wenn sie auf einer dünnen Datenlage beruhen, sind alarmierend und decken sich mit den Erfahrungen und Rückmeldungen aus der Anwaltschaft, die die Rechtsanwaltskammer erreichen. Dabei ist die in der Vergangenheit beliebte Ausbildung solide und ein sicherer Einstieg in die Berufswelt. Durchschnittliche Jahresgehälter von 29.000 c in Vollzeit für Berufsanfänger und 33.000c mit Berufserfahrung3 3 Statistische Berichtssysteme für Rechtsanwälte (STAR), Erhebung 2022 zum Thema „Nicht-juristisches Personal und Legal-Tech“, vollständig abrufbar unter: https://www.brak.de/presse/zahlen-und-statistiken/star2022/ , die Fortbildungsmöglichkeit zum Rechtsfachwirt, mit der entsprechenden Möglichkeit der Gehaltsentwicklung und eine spannende Tätigkeit erwarten die Rechtsanwaltsfachangestellten. Die „rechte Hand des Anwalts“ ist stets nah an den Mandanten und den Fällen, hat quasi eine Jobgarantie und ein breites Spektrum potentieller Tätigkeiten. So sieht bspw. die Tätigkeit als Rechtsanwaltsfachangestellte in der Einzelkanzlei ganz anders aus, als in der Großkanzlei – und, für die Anwaltschaft zusätzlich problematisch, für die Fachkraft ein Pluspunkt: Auch viele große Unternehmen und Behörden stellen die fertigen Rechtsanwalts- und Rechtsanwalts- und Notarfachangestellten gerne ein, mit den entsprechenden Entwicklungsmöglichkeiten. Woran liegt es dann also, dass der Fachkräftenachwuchs fehlt und Auszubildende einen Bogen um die Kanzlei machen? Vermutlich an mehreren Faktoren. Eine Bürotätigkeit liegt sicher nicht jedem und klingt vielleicht gerade für junge Menschen vermeintlich nicht mehr attraktiv. Auch der demografische Wandel lässt sich nicht verleugnen. Der Fachkräftemangel ist ohnehin in allen Bereichen präsent. Jedenfalls die vermeintlich geringe Vergütung wurde bereits angegangen, Empfehlungen für Azubi-Gehälter angehoben. Aber immer noch muss das verstaubte Image weg und die Mär der teilweise sehr hohen Arbeitsbelastung. Ein weiterer Punkt, der für junge 72 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

Menschen gegen den Beruf spricht: Sie wollen eine Perspektive haben, sich weiterentwickeln und beruflich aufsteigen können. Zugegebenermaßen gibt es in anderen Ausbildungsberufen diversere Möglichkeiten, sich nach der Ausbildung zu qualifizieren. Aber dafür ist die ausgebildete Rechtsanwaltsfachkraft bereits in einem sehr breiten Spektrum einsatzbereit und kann sich, ob uns das gefällt oder nicht, nach der Ausbildung unmittelbar auch für eine Tätigkeit in der Justiz oder im Unternehmen bewerben. Und einige attraktive Seiten des Berufsbilds sollten stärker hervorgehoben werden. Rechtsanwaltsfachangestellte haben einen krisensicheren Arbeitsplatz, üblicherweise keine Wochenend- oder Schichtarbeit bei geregelten Arbeitszeiten und gerade in kleineren und mittleren Kanzleien sind Strukturen nach wie vor familiär. Auch die Digitalisierung ist in die Kanzleien eingezogen- nicht nur Legal Tech, sondern bereits der tägliche Einsatz des beA, von Kanzleiprogrammen, die Pflege der Homepage und vielleicht sogar Social Media zu Werbezwecken sowie nicht zuletzt die veränderte Mandantenkommunikation – in vielen Bereichen geht ohne IT-Kenntnisse nichts mehr. Klar ist – letztlich keine erfolgreiche Kanzlei oder Rechtsabteilung kommt ohne gute und gut ausgebildete Rechtsanwaltsfachangestellte, die den Berufsträgern zuarbeiten, selbständig eigene Aufgaben erledigen, den Anwälten bestimmte Tätigkeiten abnehmen und für den reibungslosen Arbeitsablauf sorgen, aus. Wie begegnen wir also dem Fachkräftemangel? Bilden Sie aus! Nutzen Sie hierzu gerne die Stellenbörse der Rechtanwaltskammer Düsseldorf (www.rak-dus-stellen boerse.de) und wenden Sie sich an die Ausbildungsabteilung der Rechtsanwaltskammer, Frau Heiduk (Tel.: 0211/49502-38, E-Mail: r.heiduk@rak-dus.de) und Frau Rößel (Tel.: 0211/49502-12, E-Mail: n.roessel@ rak-dus.de) oder den beauftragten Kollegen aus den Reihen des Vorstands, Rechtsanwalt Jan Jurgutat. Klar ist, geeignete Bewerber zu finden ist nicht leicht. Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf nimmt jährlich an zahlreichen Ausbildungsmessen teil. Die BRAK informiert über die Internetseite recht-clever.info, einem Portal, auf dem ebenfalls Stellen angeboten werden können. Aber werden Sie doch auch selbst aktiv und kreativ. Gute Erfahrungen werden immer wieder berichtet von Kolleginnen und Kollegen, die bereits durch Schülerpraktika verlässliche und gut geeignete Auszubildende finden. Hier bieten sich auch die Berufsinformationstage an weiterführenden Schulen an; viele Schulen sind froh, wenn potentielle Ausbilder bzw. Arbeitgeber aktiv werden und ihre Teilnahme anbieten. Es bieten sich hierfür nicht nur die Schulen der eigenen Kinder, sondern insbesondere auch die in der Nachbarschaft der Kanzlei belegenen Schulen an. Gerne bietet die Ausbildungsabteilung der Rechtsanwaltskammer auch hierbei Hilfestellungen, z.B. über den sog. Praktikumsleitfaden. Möglicherweise hilfreich ist es auch, wenn sich MitarbeiterInnen dazu bereit erklären, an solchen Veranstaltungen teilzunehmen. Oft ist der geringere Altersabstand oder der Bericht über die eigene Erfahrung ein wichtiges Kriterium, um sich für einen Ausbildungsplatz zu entscheiden. Werben Sie auf Ihrer Homepage für eine Ausbildungsstelle oder in der Kanzlei, um zufriedene Mandanten auf diese Möglichkeit aufmerksam zu machen, die wiederum vielleicht nicht nur neue Mandanten bringen, sondern auch Nachwuchskräfte empfehlen. Haben Sie die oder den richtigen Auszubildenden gefunden? Dann wenden Sie sich gerne an die Rechtsanwaltskammer. Bereits seit einiger Zeit steht ein online Tool zur Registrierung neuer Ausbildungsverträge zur Verfügung, welches ab dem 1.1.2023 die klassischen Ausbildungsverträge in Papierform ersetzt und damit für eine unbürokratische Eintragung des Azubis steht. Für alle Fragen stehen wir gerne zur Verfügung. Beispielsweise erhalten Sie bei Bedarf auch eine Vorlage für einen betrieblichen Ausbildungsplan. Werden Sie zum attraktiven Arbeitgeber! Gerade junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter möchten nicht nur gefordert, sondern auch gefördert werden. Bieten Sie Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Fortbildungen – ggf. interne aber auch externe Weiterbildungsangebote, z.B. Sprachkurse, Kommunikationstrainings in und nach der Ausbildung an oder bspw. Kurse zur Prüfungsvorbereitung, und die Möglichkeit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Bislang – gerade in kleineren Kanzleien – wenig genutzt sind flexible Arbeitszeitmodelle, wie eine individuelle wöchentliche Arbeitszeit oder Gleitzeit. Hier haben Kanzleien daher Nachteile gegenüber anderen Institutionen, die ebenfalls Rechtsanwaltsfachangestellte einstellen und sich auf dem Arbeitsmarkt entsprechend präsentieren. Denn je größer das Unternehmen oder die Anwaltskanzlei, desto öfter haben die nicht-juristischen Mitarbeiter die Möglichkeit zu flexibler Arbeitsgestaltung. Dies zeigt nicht nur der aktuelle STAR-Bericht, sondern die Lebenswirklichkeit in Kanzleien. Auch das Homeoffice ist für viele Mitarbeiter heute fast ausschlaggebend, um eine Tätigkeit anzunehmen. Dabei wird eine Homeoffice-Lösung auch im Bereich der juristischen Assistenz nach der Pandemie vermehrt angeboten. Viele Tätigkeiten, wie etwa das Schreiben von Diktaten oder der Betrieb der Telefonzentrale, können bei entsprechender technischer Einrichtung gleichfalls von zu Hause erledigt werden. Durch das beA ist auch der Versand von Schriftstücken teilweise aus dem Homeoffice möglich. Für Mitarbeiter wiederum gehen unverzichtbare Vorteile mit der Arbeit von Zuhause einher, wie die Reduzierung der Pendelzeit und/oder möglicherweise bessere Vereinbarkeit von Familie und Arbeitszeit. Auch weitere Annehmlichkeiten, wie ein Jobticket oder die Übernahme der Kosten für einen Platz in der Kindertageseinrichtung können ausschlaggebend sein. Auch wir werden laufend überlegen, Ideen und Maßnahmen zur Steigerung der Attraktivität der nicht-juristischen Tätigkeit in der Anwaltskanzlei zu schaffen. Das aktuelle Thema KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 73

Berichte und Bekanntmachungen Ende der sicherheitstechnischen Zulassung der beA-Signaturkarten zur Anbringung qualifizierter elektronischer Signaturen an Dokumenten mit Ablauf des 31.12.2022 – Gemeinsame Informationen von SIV-ERV und BRAK zur Fernsignatur Mit Ablauf des 31.12.2022 endet die sicherheitstechnische Zulassung der beA-Signaturkarten zur Anbringung qualifizierter elektronischer Signaturen an Dokumenten. Die Zertifizierungsstelle der Bundesnotarkammer hat daraufhin entschieden, qualifizierte elektronische Signaturzertifikate künftig nicht mehr als Signaturkarte herauszugeben, sondern auf ein Fernsignaturverfahren umzustellen. Beim Fernsignaturverfahren ist das Signaturzertifikat für die qualifizierte elektronische Signatur nicht mehr auf der Karte selbst gespeichert, sondern verbleibt in der hochsicheren IT-Umgebung der Bundesnotarkammer. Hierüber wurden Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte bereits durch die BRAK und die Bundesnotarkammer informiert. Die Bundesrechtsanwaltskammer hat das Fernsignaturverfahren bereits in die beA-Webanwendung integriert. Auf diesem Weg können also bereits Fernsignaturen angebracht werden. Zu der Frage, was die Einführung des qualifizierten Zertifikats zur Fernsignatur durch die Bundesnotarkammer für die Arbeit mit der Kanzleisoftware bedeutet, hat die BRAK gemeinsam mit dem Software Industrieverband Elektronischer Rechtsverkehr e.V. (SIVERV) ein Schreiben veröffentlicht. Das vollständige Schreiben vom 22.11.2022 finden Sie unter folgendem Link: https://portal.beasupport.de/fileadmin/user_uplo ad/pdfs/2022-11-22_Wichtige_Informationen_zum_Ja hreswechsel_BRAK_SIV-ERV.pdf U.a. stellt der SIV-ERV in einer Tabelle unter dem folgenden Link https://siv-erv.de/wichtige-informationen -zum-jahreswechsel-2022-23/ Informationen zu den einzelnen Lösungen der Mitgliedsunternehmen bereit. In diesem Schreiben wird u.a. mitgeteilt, dass alternativ zur Fernsignatur weiterhin die Signaturkarten anderer Hersteller zum qualifizierten elektronischen Signieren genutzt werden können. Im beA-System werden auch über den Jahreswechsel hinaus die Signaturkarten der Hersteller Deutsche Telekom Security GmbH, dgnservice und D-TRUST GmbH unterstützt. Wenn Sie Signaturkarten anderer Hersteller nutzen, fragen Sie bitte bei Ihrem Kanzleisoftware-Hersteller nach, ob die Signaturkarte von der Software unterstützt wird. Eine weitere Möglichkeit zur wirksamen Einreichung von elektronischen Dokumenten bei den Gerichten ist die Nutzung des sicheren Übermittlungswegs. Sie benötigen in diesem Fall keine qualifizierte elektronische Signatur, sondern versehen das elektronische Dokument mit Ihrer einfachen Signatur, melden sich mit Ihrem Zugangstoken an Ihrem beA an und versenden das Dokument höchstpersönlich. (jki) Vorankündigung: Vorstandswahl 2023 Bereits jetzt möchten wir darauf aufmerksam machen, dass im Frühjahr 2023 turnusmäßig die Hälfte der Mitglieder des Vorstands der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf neu gewählt werden wird. Der Wahlvorstand ist konstituiert und wird die Mitglieder postalisch sowie über die Internetseite der Rechtsanwaltskammer über entsprechende Fristen und den Zeitraum der Wahl informieren. Wie auch die vergangeneWahl im Jahr 2021 wird auch die kommende Wahl auf elektronischem Wege stattfinden. (jki) 13. RA Praktikum – dem Nachwuchsmangel entgegentreten Vom 8.8. bis zum 16.9.2022 fand in diesem Jahr das 13. RA Praktikum in den Räumen der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf sowie in Kanzleien statt. Es handelt sich um ein Praktikumsprogramm, welches die Rechtanwaltskammer Düsseldorf in Zusammenarbeit mit der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf seit vielen Jahren erfolgreich durchführt, um dem juristischen Nachwuchs die Tätigkeit in einer Anwaltskanzlei nahezubringen. Neben Unterrichtstagen in den Räumen der Rechtsanwaltskammer, bei denen durch die anwalt74 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

lichen Referenten Einblicke in die praktische Arbeit am Mandat vermittelt und gelerntes im simulierten Fall angewandt wird, verbringen die Praktikanten jeweils die übrige Zeit in einer Ausbildungskanzlei. Gerade in diesem Jahr wurde das Praktikumsprogramm von Referenten und Teilnehmern wieder hoch gelobt und gerne angenommen. Sollten Sie Interesse und Kapazität haben, im kommenden Jahr einen Praktikanten in Ihrer Kanzlei aufzunehmen, melden Sie sich gerne bei der Rechtsanwaltskammer, Frau Agnes Slowik (Tel.: 0211/49502-11, E-Mail: A.Slowik@rak-dus.de). (jki) Ergebnisse der Juristischen Prüfungen 2020 – Rückgang der Kandidatenzahlen Das Bundesamt für Justiz hat die Übersicht der Ergebnisse der Juristischen Prüfungen im Jahr 2020 auf der Grundlage der von den Landesjustizverwaltungen übermittelten Ergebnisse über die Juristischen Prüfungen zusammengestellt. Hiernach ergibt sich ein Rückgang der Anzahl der Prüfungskandidaten im Vergleich zum Vorjahr in beiden Juristischen Prüfungen im ganzen Bundesgebiet. In Nordrhein-Westfalen haben 1.632 Kandidatinnen und Kandidaten die erste Prüfung erfolgreich bestanden, hiervon waren 59,9% Frauen. Das Zweite Juristische Staatsexamen haben in NRW 2.035 Kandidatinnen und Kandidaten erfolgreich bestanden, hiervon waren 56,6% weiblich. Im Vorjahreszeitraum wurden 1.803 bzw. 2.231 erfolgreiche Kandidatinnen und Kandidaten verzeichnet. Allerdings sind mit derzeit 16.625 Referendarinnen und Referendaren bundesweit rund 600 Referendare mehr im Vorbereitungsdienst als im Vorjahr. Die vollständige Übersicht kann unter nachfolgendem Link heruntergeladen werden https://www.bundesjustizamt.de/DE/Themen/Buerger dienste/Justizstatistik/Juristen/Ausbildung_node.html (jki) 93. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister am 10.11.2022 Am 10.11.2022 fand unter dem Vorsitz des Landes Bayern die 93. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister (JuMiKo) statt. Insbesondere möchten wir Ihr Augenmerk auf folgende Beschlüsse lenken: TOP I.1 Einführung eines (integrierten) „Bachelor of Laws“-Abschlusses (LL.B.) Den Justizministerinnen und Justizministern ist es ein wichtiges Anliegen, die Attraktivität des rechtswissenschaftlichen Studiums weiter zu erhöhen. Auf verschiedenen Ebenen werde die Einführung eines integrierten „Bachelor of Laws“-Abschlusses (LL.B.) diskutiert. Dieser dürfe keinen Ersatz für die juristischen Staatsprüfungen darstellen. Die juristischen Staatsprüfungen prägen und sichern die Qualität der Juristenausbildung in Deutschland und müssen als Voraussetzung für die Befähigung zum Richteramt unangetastet fortbestehen. Der Koordinierungsausschuss Juristenausbildung wird darum gebeten, die Thematik eines integrierten „Bachelor of Laws“-Abschlusses zum Gegenstand seiner Beratungen und eines regelmäßigen Erfahrungsaustausches zu machen und dabei insbesondere die unterschiedlichen Ausgestaltungen in den Blick zu nehmen. TOP I.3 Schutzlücken im Wohnraummietrecht schließen – Mieterinnen und Mieter stärker schützen! Die Justizminister haben sich mit den Auswirkungen der aktuellen Preisentwicklung auf Mieter befasst, die insbesondere aufgrund des erheblichen Anstiegs der Energiekosten und massiv gestiegenen Inflation mit hohen Betriebskostennachzahlungen und der Erhöhung von Betriebskostenvorauszahlungen rechnen müssen. Mieter, die diese unvorhergesehenen finanziellen Mehrbelastungen nicht tragen können, drohen schlimmstenfalls Kündigung und Räumung. Es wird daher eine Prüfung gesetzgeberischer Maßnahmen unter Berücksichtigung der berechtigten Interessen der Mieter und Vermieter für erforderlich gehalten. TOP I.4 Persönlichkeitsrechte stärken – Schutzlücken bei der Vererblichkeit von Geldentschädigungsansprüchen wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzungen schließen! Die JuMiKo stellt fest, dass der Schutz vor Persönlichkeitsrechtsverletzungen teilweise lückenhaft ist. Aufgrund der derzeitigen Rechtslage, nach der ein Anspruch auf Geldentschädigung für immaterielle Schäden wegen schwerer Persönlichkeitsrechtsverletzung Berichte und Bekanntmachungen KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 75

vor seiner rechtskräftigen Zuerkennung grundsätzlich unvererblich ist, seien insbesondere hochbetagte oder schwerkranke Geschädigte einer besonders belastenden Situation ausgesetzt: Sie müssten nicht nur die persönlichen Folgen einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ertragen, sondern auch den Gedanken, dass, falls sie noch vor dem rechtskräftigen Abschluss eines Gerichtsverfahrens versterben, die Verantwortlichen für das verursachte Leid keine Entschädigung leisten müssen. Die bestehende Schutzlücke sollte geschlossen werden, damit die Präventions- und Genugtuungsfunktionen derartiger Geldentschädigungsansprüche wirksam in den Fällen zum Tragen kommen, in denen ein lebzeitiges Durchsetzungsinteresse des Geschädigten klar feststellbar ist. Der Bundesminister der Justiz wird darum gebeten, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. TOP I.5 20 Jahre Gewaltschutzgesetz – Weitere Verbesserung des Schutzes vor Gewalt im Verfahrensrecht Das Inkrafttreten des Gesetzes zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen (Gewaltschutzgesetz – GewSchG) hat sich am 1.1.2022 zum zwanzigsten Mal gejährt. Das Gewaltschutzgesetz habe seit seinem Inkrafttreten einen wichtigen Beitrag zum Schutz der Opfer von Gewalt und Nachstellungen mit den Mitteln der Justiz geleistet. Die Justizminister sind der Auffassung, dass sich das materielle Gewaltschutzrecht durch die gerichtliche Praxis nur so erfolgreich umsetzen lässt, wie es die verfahrensrechtlichen Vorschriften zulassen. Sie bitten daher den Bundesminister der Justiz, eine Einbindung des Jugendamts in Verfahren nach § 1 GewSchG in § 213 Abs. 1 FamFG zu prüfen. Auch im Hinblick auf die Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit des Familiengerichts in Ehe-, Kindschafts-, Abstammungs- und Kindesunterhaltssachen werde gesetzgeberischer Handlungsbedarf insbesondere bei Fällen mit erheblicher Gewaltbefürchtung gesehen. Die ausschließliche Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthaltsort des gemeinsamen minderjährigen Kindes kann berechtigten Geheimhaltungsinteressen des von Gewalt bedrohten Elternteils zuwiderlaufen. Der Bundesminister der Justiz wird daher gebeten, einen Vorschlag vorzulegen, mit dem die verfahrensrechtlichen Regelungen für Fälle mit Gewaltbefürchtung gegebenenfalls in geeigneter Weise angepasst werden. TOP I.8 Digitale Europäische Prokura Aufgrund der fortschreitenden Digitalisierung sehen die Justizminister Anlass, neue Impulse für die Vereinfachung des Abschlusses von grenzüberschreitenden Rechtsgeschäften zwischen Kaufleuten und Gewerbetreibenden im europäischen Binnenmarkt zu setzen und halten insbesondere die Einführung einer einheitlichen europäischen Vertretungsmacht (Europäische Prokura) für einen geeigneten und rechtssicheren Weg, Geschäftsabschlüsse bei grenzüberschreitenden Handelsverträgen zu vereinfachen. Die JuMiKo bittet daher den Bundesminister der Justiz, sich in den Gremien der Europäischen Union für die Einführung einer einheitlichen Digitalen Europäischen Prokura einzusetzen und beauftragt die Bund-Länder-Konferenz für Informationstechnik, die technischen Möglichkeiten zur Umsetzung eines entsprechenden Verfahrens mit Anbindung an das Handelsregister zu prüfen. TOP I.9 Kodifizierung des Unternehmenskaufs – Rechtssicherheit schaffen und Unternehmensnachfolge erleichtern! Der Unternehmenskauf besitze trotz seiner enormen Bedeutung für die Wirtschaft einen nur untergeordneten Stellenwert im kodifizierten Recht. Weder im BGB noch im HGB existieren Normen, die eine verlässliche Grundlage für Fusionen und Übernahmen bilden. Die entsprechend anwendbaren Vorschriften des Sachkaufs werden in der Praxis häufig als untauglich empfunden, abbedungen und durch komplexe Vertragswerke ersetzt. Um etwaigen Regelungsbedarf zu identifizieren und ggf. Vorschläge für interessengerechte Normen zu erarbeiten, richtet die JuMiKo eine länderoffene Arbeitsgruppe unter Federführung des Landes NordrheinWestfalen ein und bittet das Bundesministerium der Justiz, sich an der Arbeitsgruppe zu beteiligen. TOP I.10 Abbau von Zugangsbarrieren durch die Ermöglichung einer digitalen Rechtsantragstellung Mit Blick auf die Digitalisierung der Justiz wurde der Abbau von Zugangsbarrieren für Bürgerinnen und Bürger diskutiert. Die Justizminister sind der Ansicht, dass die bisherige Regelung des § 129a der ZPO sowie die entsprechenden Normen anderer Verfahrensordnungen um die Möglichkeit einer digitalen Rechtsantragstellung erweitert werden sollen. Sie bitten den Bundesminister der Justiz, dem Anliegen weiter Rechnung zu tragen, und um frühzeitige Einbeziehung der Länder, etwa in Form einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe. Ziel ist es, sinnvolle Anwendungsfelder einer digitalen Antragstellung sowie den dafür notwendigen rechtlichen und technischen Rahmen zu prüfen. TOP I.14 Reform der Auskunftsansprüche bei der Pflichtteilsregulierung: Für eine Gleichbehandlung von Erben, Pflichtteilsberechtigten und beschenkten Dritten Streitigkeiten bei der Pflichtteilsregulierung belasten neben Erben und Pflichtteilsberechtigten auch Notare und Zivilgerichte. Regelmäßig beginnt das Verfahren mit der Geltendmachung des Auskunftsanspruchs nach § 2314 BGB durch den Pflichtteilsberechtigten. Nicht selten wird auch von dem Recht Gebrauch gemacht, im Berichte und Bekanntmachungen 76 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

Interesse einer höheren Richtigkeitsgewähr ein notarielles Nachlassverzeichnis zu fordern. Die Regelungen des BGB erweisen sich dabei in der Praxis als nicht hinreichend, um eine faire, schnelle und konfliktarme Durchführung des Verfahrens sicherzustellen. Ermittlungspflichten und Ermittlungsmöglichkeiten der Notare bei der Aufstellung von Nachlassverzeichnissen decken sich nicht. So müssen sie den Nachlassbestand selbst ermitteln, verfügen aber weder über Ermittlungsbefugnisse, noch haben sie die Möglichkeiten der Rechts- oder Amtshilfe. Die Grundannahme des Gesetzgebers – informationsloser pflichtteilsberechtigter Nichterbe trifft auf informierten Erben – bildet die Lebenswirklichkeit nicht mehr zutreffend ab. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hatte im April 2019 ein Eckpunktepapier zu Reformüberlegungen zum notariellen Nachlassverzeichnis vorgelegt; ein Gesetzentwurf steht bislang aus. Zur Erweiterung der wechselseitigen Auskunftsansprüche im Pflichtteilsverfahren liegt eine Initiativstellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer vom November 2019 vor. Ziel einer Reform sollte eine grundsätzliche Gleichbehandlung von Erben, Pflichtteilsberechtigten und beschenkten Dritten bei Auskunftspflichten innerhalb von Pflichtteilsstreitigkeiten sein. Die bisher nur partielle Kodifizierung in § 2314 BGB sollte entsprechend ergänzt werden. Die Tätigkeit des Notars bei der Erstellung des Nachlassverzeichnisses sollte durch eine gesetzliche Konkretisierung seiner Ermittlungspflichten und die Regelung einer Mitwirkungspflicht der Beteiligten erleichtert werden. Der Bundesminister der Justiz wird gebeten, im Interesse der Entlastung von Bürgern, Notaren und Gerichten, aufbauend auf den bereits vorliegenden Reformvorschlägen von Bund, Ländern und Verbänden einen Gesetzesvorschlag zur Reform der Pflichtteilsregulierung vorzulegen. TOP I.15 Rechtssicherheit verbessern, Rechts- und Wirtschaftsstandort Deutschland stärken – Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen Geschäftsverkehr Die Justizministerinnen und Justizminister haben sich erneut mit der Bedeutung des AGB-Rechts im unternehmerischen Geschäftsverkehr für die Wettbewerbssituation international agierender deutscher Unternehmen und für die Attraktivität des deutschen Rechts im internationalen Vergleich befasst. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Digitalisierung und der damit einhergehenden Bedeutung innovativer Geschäftsmodelle, aber auch im Hinblick auf Vorgaben der Europäischen Union kommen sie erneut zu dem Schluss, dass es an der Zeit ist, das deutsche AGB-Recht für Verträge zwischen Unternehmen zu überarbeiten. Der Bundesminister der Justiz wird daher gebeten, konkrete Vorschläge für eine Reform des AGB-Rechts im unternehmerischen Geschäftsverkehr zu erarbeiten, die insbesondere Wettbewerbsnachteile innovativer deutscher Unternehmen minimiert und dabei den Interessen kleiner und mittlerer Unternehmen angemessen Rechnung trägt. TOP I.16 Stärkung des Rechtsstaats als Gemeinschaftsaufgabe – Verstetigung des Paktes für den Rechtsstaat und neuer Digitalpakt für die Justiz Es wird festgestellt, dass trotz mehrfacher Beschlussfassung der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister sowie der Konferenz der Finanzministerinnen und Finanzminister und den Forderungen aus Justiz und Anwaltschaft bislang weder die Verstetigung des Paktes für den Rechtsstaat noch ein zusätzlicher Digitalpakt durch das BMJ auf den Weg gebracht wurden. Die Justizministerinnen und Justizminister stellen zudem fest, dass auch durch gesetzliche Initiativen keine auch nur annähernd vergleichbare Entlastung der Justizhaushalte der Länder geschaffen wurde oder in Aussicht steht. Die Justiz ist vor Herausforderungen durch Bundesgesetzgebung gestellt, die eine Beteiligung des Bundes an den dadurch verursachten Kosten und damit auch bei der Finanzierung zusätzlicher Stellen unverzichtbar machen. Die Länder investieren bereits erhebliche Summen in die Länderjustizen, um den Zugang der Bürger zum Recht zu gewährleisten und den Rechtsstaat den wachsenden Herausforderungen anzupassen. Ein zukunftsfähiger Stärkungspakt für die Justiz umfasse sowohl die Verstetigung des Paktes für den Rechtsstaat als auch die Erweiterung um einen strukturell begründeten Digitalpakt. Hierzu gehört die Verstetigung der finanziellen Unterstützung seitens des Bundes der durch die Länder im Rahmen des bis zum 31.12.2021 befristeten Paktes umgesetzten Stellenverstärkungen an den Gerichten und Staatsanwaltschaften. Dies sollte in Form einer inflationsbereinigten, mindestens aber die Tarifsteigerungen berücksichtigenden Fortführung des damaligen Volumens (220 Millionen Euro) für die Jahre 2023-2027, aufgeteilt in drei Tranchen, durch Festbeträge im Rahmen der vertikalen Umsatzsteuerverteilung erfolgen. TOP I.17 Anhebung des Zuständigkeitsstreitwertes für die Amtsgerichte Die Justizministerinnen und Justizminister nehmen den Bericht der Arbeitsgruppe „Anhebung des Zuständigkeitsstreitwertes für die Amtsgerichte“ zur Kenntnis. Sie teilen insbesondere die Einschätzung, dass eine Stärkung der Amtsgerichte als ein Beitrag zur bürgerund ortsnahen Justiz zeitnah erforderlich ist. Sie empfehlen, den Zuständigkeitsstreitwert für die Amtsgerichte anzuheben und darüber hinaus als weitere Maßnahme die Verlagerung streitwertunabhängiger Zuständigkeiten in Betracht zu ziehen. Die JuMiKo bittet die Arbeitsgruppe, ihre Arbeit fortzusetzen und neben Berichte und Bekanntmachungen KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 77

einer Anhebung des Zuständigkeitsstreitwerts die Einführung weiterer streitwertunabhängiger Zuständigkeiten der Amts- und Landgerichte sowie deren Auswirkungen zu untersuchen. TOP II.6 Beschleunigung und Effektivierung des Bußgeldverfahrens Die Justizminister sind sich mit Blick auf die erhebliche Belastung der Justiz durch Massenverfahren im Ordnungswidrigkeitenrecht darin einig, dass es einer gründlichen Untersuchung des geltenden Ordnungswidrigkeitenrechts auf seine Praxistauglichkeit und Reformbedürftigkeit hin bedarf. Sie beauftragen den Strafrechtsausschuss, zu diesem Zweck eine Arbeitsgruppe unter der Federführung Hessens einzurichten, die ausgehend von bereits vorhandenen Reformprojekten – u.a. dem Gesetzentwurf des Bundesrates für ein Gesetz zur Effektivierung des Bußgeldverfahrens (BTDrs. 20/1545) – einen Bericht mit konkreten Vorschlägen für mögliche Gesetzesänderungen vorlegen soll, um das Bußgeldverfahren unter Beibehaltung rechtsstaatlicher Standards effektiver zu gestalten. TOP II.7 Prüfung einer maßvollen Erweiterung des Strafbefehlsverfahrens Die Justizminister stimmen darin überein, dass sich das in der Strafprozessordnung verankerte Strafbefehlsverfahren zur Schuldfeststellung und Rechtsfolgenbestimmung insbesondere bei einfach gelagerten, eindeutigen Sachverhalten als probates und rechtsstaatlich unbedenkliches Instrument der Strafrechtspflege bewährt hat. Sie erachten es vor dem Hintergrund der hohen Arbeitsbelastung der Strafjustiz und der Zunahme der durchschnittlichen Verfahrensdauer in Strafsachen für erwägenswert, den Anwendungsbereich des Strafbefehlsverfahrens maßvoll zu erweitern, ohne dabei rechtsstaatliche Standards zu senken oder die Rechte der Verfahrensbeteiligten zu beschneiden. TOP II.13 Optimierung des Rechts der Vermögensabschöpfung Die Justizminister haben sich mit den gesetzlichen Regelungen zur Vermögensabschöpfung und insbesondere mit den Möglichkeiten befasst, vom subjektiven Verfahren im Zuge der Hauptverhandlung in ein objektives Verfahren zur Einziehung (des Wertes) von Taterträgen oder von Tatprodukten, Tatmitteln und Tatobjekten überzugehen. Sie bekräftigen das kriminalpolitische Ziel, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen. Sie sind sich einig, dass die gegenwärtige rechtliche Regelung der §§ 435 ff. StPO zum Übergang vom subjektiven Verfahren in das objektive Einziehungsverfahren für jene Fallkonstellationen unnötig kompliziert ausgestaltet ist, in denen die selbständige Einziehung aus der Hauptverhandlung heraus gegen die zuvor angeklagte Person oder gegen eine solche Person beantragt wird, deren Einziehungsbeteiligung bereits im subjektiven Verfahren angeordnet worden war. Der Bundesminister der Justiz wird daher gebeten, für diese Fallkonstellationen um Vorlage eines gesetzlichen Regelungsvorschlages, der den Übergang vom subjektiven Verfahren in das objektive Einziehungsverfahren aus der Hauptverhandlung heraus erleichtert. TOP II.14 Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen – Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Übermittlung personenbezogener Daten an private Träger der Straffälligenhilfe Die Justizminister haben sich mit der aufsuchenden Hilfe als einem Mittel zur Vermeidung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen befasst. Sie sind sich einig, dass eine Ausweitung der bundesrechtlichen Möglichkeiten für die Länder zur Gestaltung aufsuchender Hilfe wünschenswert wäre. Sie bitten daher den Bundesminister der Justiz, einen Regelungsvorschlag zu unterbreiten, der es sowohl der Vollstreckungsbehörde als auch der Gerichtshilfe erlaubt, personenbezogene Daten im Einzelfall an private Träger der Straffälligenhilfe zu übermitteln zu dem Zweck, verurteilten Personen im Wege der aufsuchenden Hilfe Möglichkeiten aufzuzeigen, die Geldstrafe in Ratenzahlungen zu tilgen oder durch gemeinnützige Arbeit abzuleisten, um so die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe abzuwenden. TOP II.21 Rechtsprechung zur Vorratsdatenspeicherung ernst nehmen – Gefahrenabwehr- und Ermittlungsinstrumente grundrechtsschonend und verhältnismäßig ausgestalten Die JuMiKo hat sich erneut und im Lichte der seit der letzten Befassung im Jahr 2019 u.a. zu Deutschland (Urteil vom 20.9.2022, Az. C-793/19 und C-794/19) ergangenen Urteile des Europäischen Gerichtshofs mit dem Thema Vorratsdatenspeicherung befasst. Sie befürwortet eine gesetzliche Regelung, die eine rechtssichere, anlassbezogene und jeweils durch richterlichen Beschluss angeordnete Speicherung von Verkehrsdaten ermöglicht. Sie sieht in dem sogenannten Quick Freeze-Verfahren, bei dem die bei den Telekommunikationsanbietern gespeicherten Daten bei Vorliegen eines Tatverdachts auf richterlichen Beschluss hin umgehend „eingefroren“ und damit gespeichert werden, um Täter zu identifizieren, sie der Strafverfolgung zuzuführen und den Sachverhalt weiter aufzuklären, eine grundrechtsschonende und verfassungskonforme Lösung, die die bestehenden Ermittlungsinstrumente effektiv ergänzen würde. (jki) Berichte und Bekanntmachungen 78 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022

Anwaltsrecht/Berufsrecht )HVWVWHOOXQJVLQWHUHVVH LQ 9HUIDKUHQ GHU $QZDOVJH richtsbarkeit Leitfaden für Strafverteidiger zur Europäischen Staatsanwaltschaft Unterstützt durch das EU-Justizprogramm und das Projekt EULAW ist ein Handbuch erschienen, welches Strafverteidiger unterstützen soll, die mit Fällen zu tun haben, die durch die Europäische Staatsanwaltschaft (EPPO) ermittelt und verfolgt werden. Thematisiert werden u.a. die EPPO-Struktur, materielles Strafrecht und Verfahrensrecht; ein Unterabschnitt widmet sich den prozessualen Sicherungen. Zudem geht es auch um die Möglichkeit der Verteidigung, die Gewinnung und Verwendung grenzüberschreitender Beweismittel, was durch eine strukturelle Waffenungleichheit zwischen EPPO und Verteidigung erschwert wird. Außerdem werden Beweismittel, welche in Verwaltungsverfahren gewonnen wurden, behandelt. Schließlich behandelt der Leitfaden gerichtlichen Rechtsschutz gegen EPPO-Maßnahmen. Er beinhaltet auch eine Reihe von Fallbeispielen. Unterstützt wurde das Projekt durch das EU-Justizprogramm und das Projekt EULaw. Mitgewirkt haben Experten des Rates der Europäischen Anwaltschaften (CCBE) sowie der europäischen Strafverteidigerorganisation ECBA. Weitere Informationen finden Sie unter folgendem Link: https://www.brak.de/newsroom/newsletter/nachri chten-aus-bruessel/2022/ausgabe-19-2022-v-27102022/ praktische-hilfe-fuer-strafverteidiger-im-umgang-miteppo-kom/ (jki) Die Kammer rät beA-Pflicht für Anwaltsgesellschaften bereits ab dem 1.1.2022 Bekanntlich erhalten alle Berufsausübungsgesellschaften mit ihrer Zulassung, die nach der BRAO-Reform frühestens ab dem 1.8.2022 erfolgen konnte, ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach. Die Beantragung der beA-Karte erfordert dabei eine SAFE-ID, die mit der Bestätigung des Eingangs des Antrags den Antragstellern mitgeteilt wird. Nunmehr entschied der 9. Senat des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg in seinem Urteil vom 6.7.2022 (Az. 9 K 9009/22), dass die Erhebung einer Klage ab dem 1.1.(!)2022 als unzulässig abzuweisen sei, wenn sie nicht als elektronisches Dokument in der Form des § 52a FGO übermittelt wird. Die Pflicht im Sinne des § 52d S. 1 FGO, Schriftsätze elektronisch zu übermitteln, habe bereits vor der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs (beA) am 1.1.2022 bestanden. Eben dieses wurde für Rechtsanwaltsgesellschaften jedoch erst am 1.8.2022 als sogenanntes Gesellschaftspostfach für Rechtsanwaltsgesellschaften eingerichtet. Im entschiedenen Fall wurde die Klage durch eine Rechtsanwaltsgesellschaft innerhalb der Klagefrist am 17.1.2022 per Telefax beim FG Berlin-Brandenburg eingereicht. Grundlage für die elektronische Einreichung von Schriftsätzen per beA sei § 52d FGO. Für den Umstand, dass Rechtanwaltsgesellschaften bereits seit dem 1.1.2022 von der Regelung des § 52d Satz 1 FGO erfasst werden, würde nach Ansicht des Gerichts insbesondere der systematische Vergleich mit § 130d S. 1 ZPO und § 78 ZPO sprechen. Nach dortiger Auffassung würden Rechtsanwaltsgesellschaften der Übermittlungspflicht nach § 130d S. 1 ZPO unterliegen, weil Rechtsanwaltsgesellschaften gem. § 59l S. 2 BRAO als Prozess- oder Verfahrensbevollmächtigte die Pflichten eines Rechtsanwalts haben. Der Umstand, dass es zum Zeitpunkt der Klageerhebung für Rechtsanwaltsgesellschaften kein eigenes besonderes elektronisches Anwaltspostfach gegeben hat, führe nicht dazu, dass sie von der Verpflichtung zur Übermittlung elektronischer Dokumente befreit seien. Ihrer Pflicht zur Übermittlung der elektronischen Dokumente hätte die Rechtsanwaltsgesellschaft mittels eines besonderen elektronischen Rechtsanwaltspostfachs im Die Kammer rät KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2022 79

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