Kammermitteilungen 4/2021

schließlich einer Kopie der Handakte zu erteilen. Außerdem beauftragte die Klägerin ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung des Anspruchs auf Erteilung der Datenauskunft und Herausgabe einer Kopie der Handakte. Die Klägerin behauptet, dass der Beklagte trotz mehrfacher Aufforderung untätig geblieben sei und sie auch nicht über den Fortgang des Mandats unterrichtet habe. Ihr stehe ein Schadensersatzanspruch aufgrund der Kosten der Beauftragung eines anderen Rechtsanwalts zu (...) II. 1. Anspruch auf Datenauskunft a) Die Klägerin hat gemäß Art. 15 Absatz 1, 3 Satz 1 in Verbindung mit Art. 12 DS-GVO gegen den Beklagten einen Anspruch auf Datenauskunft nebst Zurverfügungstellung einer Datenkopie. Nach Art. 15 DS-GVO hat jede betroffene Person, nach Art. 4 Nr. 1 DS-GVO also jede durch personenbezogene Daten identifizierbare oder identifizierte Person, das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie u.a. ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten. Der Begriff der „personenbezogenen Daten“ nach Art. 4 DS-GVO ist weit gefasst und umfasst nach der Legaldefinition in Art. 4 Nr. 1 DS-GVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierbare natürliche Person beziehen (vgl. OLG Köln, ZD 2019, 462 Rn. 60, 61, beck-online). Die Kammer folgt insoweit der Rechtsprechung des OLG Köln, die den Umfang der Datenauskunft grundsätzlich weit fast. Hierunter fallen demnach unter anderem auch die Angaben aus dem Mandatskonto der Klägerin bei dem Beklagten und die betreffend die Klägerin gespeicherte elektronische Kommunikation. Insbesondere die mit der Klägerin über Whatsapp geführte Kommunikation hat der Beklagte nicht vorgelegt, sodass der Auskunftsanspruch noch nicht nach § 362 Absatz 1 BGB erfüllt ist. Denn trotz erteilter Auskünfte scheidet Erfüllung aus, soweit die Auskünfte erkennbare Lücken aufweisen (vgl. nur Musielak/Voit/Lackmann, 18. Aufl. 2021 Rn. 8, ZPO § 888 Rn. 8, m.w.N.). Darüber hinaus ist die Auskunft des Beklagten offensichtlich unvollständig, weil keine Auskunft über das Mandat betreffend die Klage gegen das Kosmetikstudio H. erteilt worden ist (...) 3. Entschädigung für verspätete Datenauskunft Der Klägerin steht aufgrund der erst nach acht Monaten erteilen Datenauskunft kein Anspruch auf Schadensersatz in Form eines Schmerzensgeldes aus Art. 82 DSGVO zu. Es kann dahinstehen, ob in der deutlich verzögerten Erteilung der Datenauskunft ein Verstoß im Sinne des Art. 82 Absatz 1 DSGVO zu sehen ist. Schließlich spricht die Norm nur demjenigen einen Schadensersatzanspruch zu, der wegen eines Verstoßes gegen diese Verordnung einen Schaden erlitten hat. Gemäß Art. 82 Absatz 2 DSGVO haften die Verantwortlichen – insoweit konkretisierend – für den Schaden, der durch eine nicht dieser Verordnung entsprechende Verarbeitung entstanden ist. Daher kommt nur ein Verstoß durch die Verarbeitung selbst in Betracht, die verordnungswidrig sein muss, um einen Schadensersatzanspruch auszulösen. Aufgrund von anderen Verstößen, die nicht durch eine der DSGVO zuwiderlaufende Verarbeitung verursacht worden sind, kommt eine Haftung nach Art. 82 Absatz 1 DSGVO nicht in Betracht (vgl. Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, DSGVO Art. 82 Rn. 7 Rn. 7, beck-online; Kühling/Buchner/Bergt, 3. Aufl. 2020, DS-GVO Art. 82 Rn. 23; Gola DS-GVO/ Gola/Piltz, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 82 Rn. 14; Ehmann/Selmayr/Nemitz, 2. Aufl. 2018, DS-GVO Art. 82 Rn. 8; vgl. Erwägungsgrund 146 S. 1 zur DSGVO). Eine bloße Verletzung der Informationsrechte der betroffenen Person aus Art. 12–15 führt daher nicht dazu, dass eine Datenverarbeitung, infolge derer das Informationsrecht entstanden ist, selbst verordnungswidrig ist (Sydow, Europäische Datenschutzgrundverordnung, DSGVO Art, 79 Rn. 18, beck-online). Dementsprechend löst die nach Art. 12 Absatz 3 Satz 1 DSGVO verspätete Erfüllung von Auskunftsansprüchen nach Art. 15 DSGVO grundsätzlich keinen Schadensersatzanspruch gemäß Art. 82 DSGVO aus. Unabhängig davon scheitert der Anspruch auch daran, dass ein Schaden nicht dargelegt ist. Allein dass die Klägerin auf die Datenauskunft „warten“ musste, kann auch nach dem Schadensmaßstab der DSGVO keinen ersatzfähigen Schaden begründen. Es muss auch bei einem immateriellen Schaden eine Beeinträchtigung eingetreten sein, die unabhängig von einer Erheblichkeitsschwelle wenigstens spürbar sein muss. Andernfalls scheidet ein „Schaden“ begrifflich schon aus. Eine solche Spürbarkeit kann dem Vorbringen der Klägerin nicht entnommen werden. 4. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten a) Der Klägerin steht nur ein Anspruch auf Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 41,77 EUR zu. Der Beklagte befand sich nach der Aufforderung zur Erteilung der Datenauskunft in der Kündigung vom 07.01.2020 nach Ablauf der Monatsfrist des Art. 12 Absatz 3 Satz 1 DSGVO in Verzug. Die Beauftragung des Prozessbevollmächtigten mit der Durchsetzung dieses Anspruchs gegenüber dem Beklagten erfolgte erst nach Eintritt des Verzugs, nämlich am 25.03.2020. Dies hat die Klägerin substantiiert unter anderem durch Vorlage der auf den 25.03.2020 datierenden Vollmacht für den Klägervertreter dargelegt, ohne dass der Beklagte dem hinreichend entgegengetreten wäre.“ Rechtsprechungsübersicht 80 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2021

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