Kammermitteilungen 4/2021

Berufsrechtliche Rechtsprechung BGH zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen imWege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA Der VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat sich am 29.9.2021 zu den anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs geäußert und den zugrunde liegenden Antrag des Klägers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen. Hierzu im Einzelnen: Mit einer form- und fristgerecht eingelegten Nichtzulassungsbeschwerde wendet sich der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision. Der Senatsvorsitzende hat die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde auf Antrag des Klägers bis zum 10.6.2021, einem Donnerstag, einschließlich verlängert. Am Abend des 10.6.2021 unternahm der Prozessbevollmächtigte des Klägers um 21:33 Uhr den Versuch, die Begründungsschrift über das besondere elektronische Anwaltspostfach (im Folgenden: beA) an den Bundesgerichtshof zu übermitteln. In dem klägerischen Übermittlungsprotokoll von 21:33 Uhr wurde die Signaturprüfung als „Erfolgreich“ bestätigt. In der Spalte „Meldungstext“ hieß es hingegen: „Die Nachricht konnte nicht an den Intermediär des Empfängers übermittelt werden.“ Der Übermittlungsstatus lautete „Fehlerhaft“. Am Folgetag erreichte den klägerischen Prozessbevollmächtigten um 0:36 Uhr ein den Übermittlungsvorgang betreffendes Prüfprotokoll, wonach der Eingang auf dem Server des Empfängers am 11.6.2021 um 0:31 Uhr bestätigt wurde. Tatsächlich war die klägerische Begründungsschrift dort jedoch zu keinem Zeitpunkt eingegangen. Die Gründe für die gescheiterte Übermittlung des Schriftsatzes ließen sich später nicht mehr aufklären. Mit am 14.6.2021 bei dem Bundesgerichtshof eingegangenem Schriftsatz hat der Kläger beantragt, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde zu gewähren, und zugleich die Nichtzulassungsbeschwerde (erneut) begründet. Zur Rechtfertigung des Wiedereinsetzungsgesuchs trägt der klägerische Prozessbevollmächtigte im Wesentlichen vor, er habe in der Vergangenheit noch nie entsprechende Probleme bei der Versendung von Schriftsätzen über das beA gehabt. Er habe am Abend des 10.6.2021 davon ausgehen dürfen, dass die Übermittlung erfolgreich gewesen sei. Das Übermittlungsprotokoll von 21:33 Uhr habe den Eingang des Schriftsatzes bestätigt. Der darin enthaltene Vermerk zur gescheiterten Übermittlung an den Intermediär des Gerichts habe auch in der Vergangenheit der Weiterleitung eines ordnungsgemäß eingegangenen Schriftsatzes nie entgegengestanden. Der Antrag wurde zurückgewiesen, weil, so die Richter, nicht festgestellt werden konnte, dass der Kläger ohne ihm zuzurechnendes Verschulden seines Prozessbevollmächtigten verhindert war, die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Die Begründungsschrift ist erst mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung am 14.6.2021 per beA bei Gericht eingegangen. Die vom klägerischen Prozessbevollmächtigten am Abend des 10.6.2021 über das beA versandte Begründungsschrift hingegen ist bei dem Bundesgerichtshof zu keinem Zeitpunkt eingegangen. Nach § 130a Abs. 5 Satz 1 ZPO ist ein elektronisches Dokument bei Gericht eingegangen, sobald es auf der für den Empfang bestimmten Einrichtung des Gerichts gespeichert ist. Ein über das beA eingereichtes elektronisches Dokument ist wirksam bei Gericht eingegangen, wenn es auf dem für dieses eingerichteten Empfänger-Intermediär im Netzwerk für das elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (im Folgenden: EGVP) gespeichert worden ist. Ob es von dort aus rechtzeitig an andere Rechner innerhalb des Gerichtsnetzes weitergeleitet oder von solchen Rechnern abgeholt werden konnte, ist demgegenüber unerheblich (BGH, Beschluss vom 11. Mai 2021 – VIII ZB 9/20 Rn. 18, NJW 2021, 2201; Urteil vom 14. Mai 2020 – X ZR 119/18 Rn. 7 ff., WM 2021, 463). Im vorliegenden Fall konnte die Begründungsschrift ausweislich des vorgelegten Übermittlungsprotokolls am 10.6.2021 nicht an den Intermediär des Gerichts übermittelt werden. Ein entsprechender Eingang fand nicht statt. Auch das Prüfprotokoll deutet jedenfalls nicht auf einen Eingang am 10.6.2021 hin. Den klägerischen Prozessbevollmächtigten trifft hinsichtlich des nicht fristgerechten Eingangs der Begründungsschrift ein Verschulden, welches dem Kläger nach § 85 Abs. 2 ZPO zuzurechnen ist. Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA entsprechen denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax. Auch hier ist es unerlässlich, den Versandvorgang zu überprüfen. Die Überprüfung der ordnungsgemäßen Übermittlung erfordert dabei die Kontrolle, ob die Bestätigung des Eingangs des elektronischen Dokuments bei Gericht nach § 130a Abs. 5 Satz 2 ZPO erteilt wurde. Die Eingangsbestätigung soll dem Absen78 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 4/2021

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