Kammermitteilungen 2/2024

Das aktuelle Thema Generation Z oder „Es hört doch jeder nur, was er versteht.“ (J.W. v. Goethe) Von Carsten Jäker, Justizakademie NRW Eine junge Frau sucht ihren Vorgesetzten auf und sagt diesem, dass sie nach zwei Wochen Einarbeitung genug über Verwaltung wisse und nun mehr über einen anderen Bereich ihrer Arbeit erfahren will. Überrascht über diese Bitte, erwidert dieser, dass er sich bemühen werde und ihr in drei Wochen eine Rückmeldung geben wird. Daraufhin geht diese zu ihrem Arbeitsplatz und schreibt ihre Kündigung. Diese Situation ereignete sich tatsächlich und viele Arbeitgeber und Personalverantwortliche schildern ähnliche Szenen. Dabei mischen sich Unverständnis und Ratlosigkeit, weil es in der Vergangenheit derartiges nicht gegeben hat. Gab es bereits mit der Vorgängergeneration „Y“ Herausforderungen für den Arbeitsmarkt, so hat sich das damit verbundene Gefühl im Umgang mit der heranwachsenden „Generation Z“ (die Jahrgänge zwischen ca. 1998–2010) noch steigern können. Insbesondere, weil aus dem Arbeitgebermarkt mittlerweile ein Arbeitnehmermarkt geworden ist und weil die demographische Entwicklung nur in eine Richtung zu steuern scheint. Die deutsche Gesellschaft und der damit verbundene Arbeitsmarkt altert und junge Menschen werden rar. So hat sich nun der lange prognostizierte „war for talents“ zu einem „war for eyery/anybody“ entwickelt. Doch der Mangel an Arbeitskräften ist es nicht allein, der im Bereich Personalentwicklung für Kopfzerbrechen sorgt, sondern die Haltung einer Generation, die alle vorherigen Werte- und Verhaltenskonventionen zu ignorieren scheint. Dabei überschlagen sich die Vorwürfe der „älteren“ gegenüber den „jüngeren“ und nicht selten stellt sich ein Spannungsfeld zwischen den Generationen ein. Geringe Frustrationstoleranz, fehlendes Pflichtbewusstsein, kein Respekt vor den Werten der älteren Kolleginnen und Kollegen sind nur einige der Vorhaltungen, die gegenüber der „Generation Z“ gemacht werden. Zudem scheint das Smartphone wie ein Körperteil mit ihren jungen Besitzern zusammengewachsen zu sein und Vorstellungsgespräche werden nicht selten von ihren Eltern organisiert. Doch eine gravierende Eigenschaft der jungen Menschen scheint die kompromisslose Orientierung an ihren eigenen Bedürfnissen zu sein: „Work-Life-Balance“ in ihrer reinsten Form. Natürlich haben sich bereits vergangene Generationen mit ihren nachfolgenden Jahrgängen herumgeärgert, und wir müssen auch hier zwischen natürlichen Entwicklungsphasen und den Eigenschaften einer ganzen Generation unterscheiden. Junge Menschen stellten immer wieder Vergangenes in Frage und fügten sich dennoch im Verlauf ihres Lebens den Konventionen und Rollen, welche ihnen die Gesellschaft vorgab. Doch was ist nun anders? Zunächst müssen wir uns vergegenwärtigen, dass es nicht die typischen Vertreter der „Generation Z“ gibt. Angehörige der „Babyboomer“, „Generation X“ oder „Generation Y“ unterscheiden sich ebenfalls untereinander. Es wäre daher unzutreffend die „Generation Z“ über einen Kamm zu scheren. Trotzdem gibt es Trends, die sich als Unterschiede zwischen den Generationen aufmachen und in der jeweiligen Sozialisation begründet sind. Menschen, die in einer digitalen und vernetzten Umwelt groß werden unterscheiden sich nun einmal von jenen, die vornehmlich mit Büchern, Telefonzellen und drei Fernsehprogrammen konfrontiert waren. Wenn Sie z.B. das „Raumschiff Orion“ kennen, dann werden Sie gewiss der Generation der „Babyboomer“ angehören. Tut man also der auf den Arbeitsmarkt strömenden „Generation Z“ unrecht, wenn man sie als pflichtvergessen oder ohne Tiefgang bezeichnet? Um diese Frage zu beantworten stellen wir uns bitte folgendes vor: – Sie leben in einer Welt, in der alles schnell und unkompliziert zur Verfügung steht. – Informationen sind in Bruchteilen von Sekunden überall verfügbar und werden geteilt. – Begegnungen mit den Eltern finden auf Augenhöhe statt. – Eltern sehen ihre Rolle in der Bedürfnisbefriedigung ihrer Kinder. – Sie haben kaum existentiellen Mangel erlebt. – Sie erleben eine Welt, die immer weniger Orientierung bietet. – Digitale Medien begleiten Sie von Kindesbeinen an. Dies ist nur ein Ausschnitt einer Umwelt, die für die jungen Generation als normal gilt und es wäre naiv zu glauben, dass diese Umwelt keinen Einfluss auf die Entwicklung von Menschen hat. Wie schnell haben wir uns z.B. alle daran gewöhnt, dass bestellte Ware bereits schon morgen vom Postboten gebracht wird. Es ist immer eine Sache der Perspektive und Erfahrung, die uns bewerten lässt, was „gut“ und was „schlecht“ scheint. 28 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2024

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