Kammermitteilungen 2/2024

drei Akten abgerechnet haben, was bei einer Aufdeckung dann durchaus die Staatsanwaltschaft auf den Plan gerufen hat. Diese in der Tat zu missbilligende Abrechnung durch Organe der Rechtspflege hat dazu geführt, dass Rechtspfleger sich besonders kritisch – zurecht wie ich meine – derartige Abrechnungen ansehen und die anwaltliche Versicherung, man sei nur wegen des hier betroffenen Verfahrens beispielsweise nach Düsseldorf gereist. Der richtige Weg besteht selbstverständlich darin, dass sowohl das Abwesenheitsgeld als auch das Kilometergeld gequotelt wird, was in einem nachfolgenden Beispiel erläutert werden soll. Zuvor ist auf eine Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 23.2.2012 zu verweisen, die in der Zeitschrift AGS 2012, S. 167 ff. nachgelesen werden kann. In der Entscheidung und in der Beurteilung durch den ehemaligen Vorsitzende am Landgericht Hans Hansens (vgl. insoweit RVG Report 2012, S. 189 ff., 191) wird die nachfolgend in einem Beispiel dargestellte Problematik im Sinne der Anwaltschaft beurteilt und beleuchtet. Zunächst stellt das OLG Düsseldorf mit ausführlicher Begründung fest, dass es dem Anwalt überlassen bleibt, ob er die Geschäftsreise „an einem anderen Ort“ von seinem im Gerichtsbezirk befindlichen Kanzleiort oder von seinem außerhalb befindlichen Wohnsitzort antritt. In jedem Fall erhält er die Reise bis zum Gerichtsort erstattet, da der Anwalt, der einen auswärtigen Wohnsitz hat, deshalb nicht schlechter gestellt werden soll (vgl. zunächst N. Schneider in: Anwaltskommentar zum RVG, 9. Aufl., Vorbem. 7, Rn. 44 m. w. Rechtsprechungsnachweisen, u.a. das eben zitierte Urteil des OLG Düsseldorf). Hieraus ist Folgendes zu schlussfolgern: Der Rechtsanwalt reist von seinem Wohnort Dinslaken zum Amtsgericht Duisburg-Mitte, um dort einen Termin wahrzunehmen. Anschließend fährt er in seine Kanzlei in Duisburg-Neumühl. Dann gilt Folgendes: Hier liegt das Reiseziel Duisburg-Mitte außerhalb der Gemeinde, in der sich die Wohnung des Rechtsanwalts (Dinslaken) befindet. Auf den Umstand, dass die Kanzlei des Rechtsanwalts in Duisburg liegt, kommt es unter Berücksichtigung der Entscheidung des OLG Düsseldorf nicht an. Folglich kann der Rechtsanwalt für die Fahrt zum Amtsgericht Duisburg- Mitte Reisekosten berechnen. Gleiches gilt für das Abwesenheitsgeld. Für die Rückfahrt zu seiner in Duisburg-Neumühl befindlichen Kanzlei fallen dem Rechtsanwalt Geschäftsreisekosten bereits deshalb nicht an, weil er dabei die politischen Gemeindegrenzen nicht überschritten hat. Fahrtkosten innerhalb derselben Gemeinde, mag sie auch noch so groß sein, sind nämlich keine Geschäftsreisen. Interessant ist, dass auch Hansens in seiner Auswertung aus dem Jahre 2012 feststellt, dass die hier zu beurteilende Fallgestaltung – soweit ersichtlich – bisher in der Rechtsprechung kaum erörtert worden ist. Umso mehr erscheint es angemessen, hier in den Kammermitteilungen einen entsprechenden Hinweis aufzunehmen. Wirklich problematisch wird es nun, wenn in unserem Beispielsfall der Rechtsanwalt mit dem Wohnsitz in Dinslaken in Duisburg-Mitte am fraglichen Tag nicht nur eine Verteidigung, sondern gleich drei Verteidigungen wahrnimmt. In diesem Fall ist er verpflichtet, dies in den einzelnen Akten mitzuteilen und jeweils ein Drittel des Abwesenheitsgeldes und der Fahrtkosten der jeweiligen Akte zuzubuchen, um dann einschließlich insgesamt jene Beträge zu erhalten, die durch die einheitliche Geschäftsreise von Dinslaken nach Duisburg-Mitte entstanden sind. Diese Situation ergibt sich identisch auch dann, wenn der Verteidiger mehrere Mandanten in ein und derselben Justizvollzugsanstalt besucht. Auch hier sind dann zumindest gesondert die Geschäftszeichen der Verfahren anzugeben, die die besuchten Mandanten betreffen. Handelt es sich beispielsweise um vier Mandanten, die am selben Tage in einer Justizvollzugsanstalt besucht worden sind, so müssten die entsprechenden Nebenkosten „geviertelt“ werden. Auch bei den Reisekosten heißt es also: Ehrlich und achtsam abrechnen, dann steht einer guten Fahrt auch nichts entgegen! Herbert P. Schons Rechtsanwalt & Notar a.D. Duisburg Die Kammer rät 34 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2024

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