Kammermitteilungen 2/2022

Aus dem Inhalt www.rak-dus.de Informationen und offizielle Verlautbarungen 18. Jahrgang · Nr. 2 30.6.2022 · S. 19–42 Das aktuelle Thema 20 Die wesentlichen Neuregelungen zu den Berufsausübungsgesellschaften im Rahmen der großen BRAOReform (Von RA Jörg Stronczek) Berichte und Bekanntmachungen 22 Kammerversammlung 2022 22 Beschlüsse der 2. Sitzung der 7. Satzungsversammlung vom 6.12.2021 23 Änderung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Insolvenzrecht“ in „Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht“ 23 Ausschreibung: Gerichtliche Vertretung der Rechtsanwaltskammer in Unterlassungsverfahren wegen unerlaubter Rechtdienstleistungen und/oder unerlaubter Titelführung 23 Abschaffung der Prüfungsgebühren für die Fortbildung zur/zum Geprüften Rechtsfachwirt(in) Die Kammer rät 27 Die wesentlichen Neuregelungen im Hinblick auf die berufsrechtliche Interessenkollision durch die große BRAO-Reform (Von RAin Marisa Kaiser) 28 Elektronische Zwangsvollstreckung – wie geht das? (Von RAin Julia von Seltmann) Berufsrechtliche Rechtsprechung 31 Anwälte müssen kompletten Schriftsatz im beA überprüfen – BGH, Beschluss v. 8.3.2022, VI ZB 78/21

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Informationen und offizielle Verlautbarungen 12. Jahrgang Nr. 4 31.12.2016 Inhaltsverzeichnis 8 2 0.6.2 22 Editorial 19 Das aktuelle Thema Die wesentlichen Neuregelungen zu den Berufsausübungsgesellschaften im Rahmen der großen BRAO-Reform (Von RA Jörg Stronczek) 20 Berichte und Bekanntmachungen Kammerversammlung 2022 22 Beschlüsse der 2. Sitzung der 7. Satzungsversammlung vom 6.12.2021 22 Änderung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Insolvenzrecht“ in „Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht“ 23 Ausschreibung: Gerichtliche Vertretung der Rechtsanwaltskammer in Unterlassungsverfahren wegen unerlaubter Rechtdienstleistungen und/ oder unerlaubter Titelführung 23 Abschaffung der Prüfungsgebühren für die Fortbildung zur/zum Geprüften Rechtsfachwirt(in) 23 Ausbildungsvertrag online – online Tool für eine komfortable Erfassung Ihrer Ausbildungsverträge 24 Ausbildungspaktstatistik des BFB 24 BIBB-Erhebung „Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30.9.“ 24 Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft – Tätigkeitsbericht 2021 25 Roland Rechtsreport 2022 25 Neue Statistik: Mehr Anwältinnen – Arbeitsrecht beliebteste Fachanwaltschaft 26 Die Kammer rät Die wesentlichen Neuregelungen im Hinblick auf die berufsrechtliche Interessenkollision durch die große BRAO-Reform 27 (Von RAin Marisa Kaiser) Elektronische Zwangsvollstreckung – wie geht das? 28 (Von RAin Julia von Seltmann) Einreichen einer Schutzschrift per beA 29 (Von RAin Julia von Seltmann) Berufsrechtliche Rechtsprechung Anwälte müssen kompletten Schriftsatz im beA überprüfen – BGH, Beschluss v. 8.3.2022, VI ZB 78/21 31 beA: Wer über das elektronische Anwaltspostfach Anhänge ans Gericht versendet, darf im Dateinamen auch Umlaute verwenden. Wenn diese vom Justizrechner dann nicht erkannt werden, darf dies jedenfalls nicht zum Fristversäumnis führen – BGH, Beschl. v. 8.3.2022, Az. VI ZB 25/20 32 beA: Grundsätzlich kann auch eine eingescannte Unterschrift als einfache Signatur anzusehen sein – das gilt aber nicht, wenn die Unterschrift nicht entzifferbar ist und damit von den Empfängern des Dokuments ohne Sonderwissen oder Beweisaufnahme keiner bestimmten Person zugeordnet werden kann – BSozG, Beschluss vom 16.2.2022 – B 5 R 198/21 B 34 beA: Ein Absender von Schriftsätzen über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) handelt nur dann nach der größten vernünftigerweise von ihm zu erwartenden Sorgfalt, wenn er einen ausreichend großen zeitlichen Sicherheitszuschlag bis zum Fristablauf sicherstellt – VG Gelsenkirchen, Urt. v. 7.12.2021 – 18 K 3240/20 36 Geschäftsführer eine Kreishandwerkerschaft kann Syndikusrechtsanwalt werden – BGH, Urteil v. 25.3.2022 – AnwZ (Brfg) 8/21 37 Veranstaltungshinweise RVG-Seminar am 21.9.2022 39 Kammerveranstaltungen im 3. Quartal 2022 40 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 III

Foto: GettyImages are-von-fuerstenberg.de/istr www.fachsemin Fachberaterlehrgang uerrecht Internationales Ste Nehmen Sie die Herausforderung an und zünden Sie jetzt den Karriere-Turbo. Mit einer Spezialisierung zum/r FachberaterIn für Internationales Steuerrecht verschaffen Sie sich erstklassige Wettbewerbsvorteile und erschließen sich neue Marktsegmente. Unser Angebot: Blended Learning • Flexible Zeiteinteilung dank onlinegestütztem Eigenstudium • Unbegrenzter Zugriff auf alle Lerninhalte • Vermittlung anspruchsvoller Inhalte, die an den Präsenztagen imDirektaustauschmit DozentInnen und KollegInnen vertieft werden Ihre Vorteile: Mehr Chancen • Neue spannende Tätigkeitsbereiche • Höherer Verdienst • Erfolgreicher Karriereausbau Grenzenlose Erfolgsaussichten Inhaltsverzeichnis IV KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 Impressum KammerMitteilungen Informationen und offzielle Verlautbarungen der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf. Herausgeber: Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf, Tel. 0211-495020, Telefax 0211-4950228, E-Mail: info@ rak-dus.de, Internet: www.rak-dus.de Schriftleitung: Rechtsanwältin Julia Kindler, Geschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Adresse wie oben). Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968 Köln, Tel. 0221-93738-997 (Vertrieb/Abonnementsverwaltung), Telefax 0221-93738-943 (Vertrieb/Abonnementsverwaltung), E-Mail: info@ottoschmidt.de. Konten: Sparkasse KölnBonn IBAN DE87 3705 0198 0030 6021 55; Postbank Köln IBAN DE40 3701 0050 0053 9505 08. Erscheinungsweise: vierteljährlich Bezugspreise: Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf werden die KammerMitteilungen im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Erhebung einer besonderen Bezugsgebühr zugestellt. Anzeigenverkauf: sales friendly Verlagsdienstleistungen, Pfaffenweg 15, 53227 Bonn; Telefon 0228-97898-0; Fax 0228-97898-20; E-Mail: media@ sales-friendly.de. Gültig ist die Preisliste Nr. 17 vom 1.1.2021. Urheber- und Verlagsrechte: Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Das gilt auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie redaktionell bearbeitet oder redigiert worden sind. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherungen und Verarbeitungen in elektronischen Systemen. ISSN 1614-8843

Editorial Einer der Grundpfeiler der Anwaltschaft Dr. Claus-Henrik Horn Das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen gehört zu den Grundpfeilern der Tätigkeit von Anwältinnen und Anwälten, die bekanntermaßen „unabhängige Organe der Rechtspflege“ sind. Dieser überragenden Bedeutung ist der Gesetzgeber nun dadurch gerecht geworden, dass er die Ausgestaltung der Einzelheiten nicht mehr der Satzungsversammlung überläßt, sondern in die BRAO, einem Bundesgesetz, gehoben hat. Für die perfekte Beratung und Vertretung müssen Mandantinnen und Mandanten darauf vertrauen können, dass Offenbartes geheim bleibt und ihre Anwältin bzw. ihr Anwalt nicht noch später eine Gegenseite im Zusammenhang mit dem gleichen Lebenssachverhalt vertritt. Der Gesetzgeber bewertet den Schutz der Mandantschaft sogar so hoch, dass Mandanten mit objektiv widerstreitenden Interessen auch nur in Teilgebieten nicht auf den Schutz einfach verzichten können, auch wenn sie den Eindruck haben, der tatsächliche Gegner sei jemand anderes und es ihnen gleichgültig ist, ob einer von ihnen etwas mehr oder weniger erhält. Oftmals sind es in der Praxis Grenzfälle, ob widerstreitende Interessen vorliegen oder nicht. Jede Anwältin und jeder Anwalt ist gut beraten, hier eher übervorsichtig zu sein. Es droht nämlich nicht nur der strafrechtlich relevante Parteiverrat, sondern auch die Nichtigkeit des Anwaltsvertrages und damit der Verlust des Vergütungsanspruchs. Weiterhin können indes Mandantinnen bzw. Mandanten zustimmen, dass ein anderes anwaltliches Mitglied der Berufsausübungsgemeinschaft das weitere Mandat mit widerstreitendem Interesse übernimmt – gleichwohl muss die Vertraulichkeit gesichert sein. Also muss organisatorisch sichergestellt sein, dass über eine gemeinsam genutzte Anwaltssoftware oder einen gemeinsam genutzten Server nicht doch eine „Einsichtnahme“ erfolgen kann. So müssen „geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit sicherstellen“ nach § 43a Abs. 4 BRAO n.F. Sicherzustellen durch geeignete Maßnahmen ist es für Berufsausübungsgesellschaften nach § 59e Abs. 2 S. 1 BRAO n.F. auch, dass berufsrechtliche Verstöße frühzeitig erkannt werden. Das gilt aber auch für den Einzelanwalt: Das fängt damit an, alle Mandate „sauber“ etwa in die Anwaltssoftware einzutragen, damit bei späteren Neumandanten sofort gesehen werden kann, ob eine Vorbefassung vorliegt. Ihr Dr. Claus-Henrik Horn Vizepräsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 19

Das aktuelle Thema Die wesentlichen Neuregelungen zu den Berufsausübungsgesellschaften im Rahmen der großen BRAO-Reform Von Rechtsanwalt Jörg Stronczek, Juristischer Referent der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Mit der am 10.6.2021 vom Bundestag beschlossenen großen BRAO-Reform treten am 1.8.2022 auch die umfassenden (Neu-) Regelungen der berufsrechtlichen Vorschriften für anwaltliche, patentanwaltliche und steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften in Kraft. Ziel dieser Neuregelungen ist es, der Anwaltschaft, Patentanwaltschaft und den Steuerberaterinnen und Steuerberatern gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit zu gewähren, weitgehend einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für alle anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften zu schaffen und die interprofessionelle Zusammenarbeit zu erleichtern. Außerdem soll die Berufsausübungsgesellschaft als zentrale Organisationsform anwaltlichen, patenanwaltlichen und steuerberatenden Handelns anerkannt werden. I. Gesetzeslage Nach dem neuen § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO sind für Berufsausübungsgesellschaften zulässige Rechtsformen neben europäischen und EU/EWR-ausländischen Gesellschaften jetzt auch alle Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften, wie etwa die OHG und die KG, aber auch die Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG sowie die RechtsanwaltsUG & Co. KG. Letztere sind möglich, da künftig nach § 59i BRAO n.F. auch Beteiligungen von Rechtsanwaltsgesellschaften an anderen Gesellschaften möglich sind. Grundsätzlich bedürfen die Berufsausübungsgesellschaften nach dem neuen § 59f Abs. 1 S. 1 BRAO der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer. Von der Zulassungspflicht ausgenommen sind gemäß § 59f Abs. 1 S. 2 BRAO n.F. Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwälte oder Berufsangehörige eines in § 59c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BRAO n.F. genannten Berufs (also Mitglieder der Patentanwaltskammer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer) angehören. Daraus resultiert, dass die Rechtsformen der GbR, PartG und OHG keiner Zulassung bedürfen, aber freiwillig diese beantragen können, um z.B. in den Genuss eines eigenen besonderen elektronischen Anwaltspostfachs für die Gesellschaft zu gelangen. Eine Zulassungspflicht besteht hingegen nach der großen BRAO-Reform für Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personengesellschaften, interprofessionelle Gesellschaften mit freien Berufen, die bisher nicht sozietätsfähig waren, und Auslandsgesellschaften. Mit § 59n BRAO n.F. wird eine generelle Pflicht zum Abschluss und zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung für Berufsausübungsgesellschaften neu eingeführt, wobei sich die Mindestversicherungssumme und Jahreshöchstleistung nach § 59o BRAO n.F. an der Anzahl der Gesellschafter orientiert. Neu ist, dass neben den in § 59c Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAO n.F. genannten Berufen alle Freiberufler im Sinne des § 1 Abs. 1 PartGG Gesellschafter sein können. Damit wurde der Kreis der sozietätsfähigen Berufe im Vergleich zu früher deutlich erweitert. Während bislang ein Zusammenschluss mit Mitgliedern einer Rechtsanwalts- oder Patentanwaltskammer, inländischen und ausländischen Steuerberater*innen und Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer*innen und vereidigten Buchprüfer*innen, aber auch mit Mitgliedern nach EuRAG oder aufgenommenen Mitgliedern nach § 206 BRAO (WHO-Anwält*innen) möglich war, zählen neuerdings u.a. auch Ärzt*innen, Ingenieur*innen und Architekt*innen zu dem Kreis sozietätsfähiger Berufe (§ 1 Abs. 2 PartGG). Das setzt aber gemäß § 59c Abs. 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz BRAO n.F. voraus, dass die Verbindung mit dem Anwaltsberuf und insbesondere dessen Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege vereinbar und das Vertrauen in die Unabhängigkeit nicht gefährdet ist. Auch ergeben sich für die nichtanwaltlichen Gesellschafter eines solchen Zusammenschlusses diverse Pflichten und Verbote, wie etwa die Verschwiegenheitspflicht oder das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 59d Abs. 1 bis 3 BRAO n.F.). Während nach früherem Recht nur Rechtsanwält*innen und Rechtsanwaltsgesellschaften (wie die GmbH und die AG) berufsrechtlichen Pflichten unterlagen, gelten diese Pflichten künftig auch für die übrigen Berufsausübungsgesellschaften. Somit ist Anknüpfungspunkt für die berufsrechtlichen Regelungen in Zukunft nicht mehr allein der einzelne Berufsträger, sondern auch die Entität als Berufsausübungsgesellschaft selbst. Nach § 59e BRAO n.F. gelten die §§ 43 bis 43b, 43d, 43e, 44, 45 Abs. 1 Nr. 2 und 3, 48, 49a bis 50, 53, 54, 56 20 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

Abs. 1 und 2 sowie die §§ 57 bis 59a für Berufsausübungsgesellschaften sinngemäß. Dabei hat die Berufsausübungsgesellschaft durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, dass berufsrechtliche Verstöße frühzeitig erkannt und abgestellt werden, § 59e Abs. 2 BRAO n.F. Für die Einhaltung des Berufsrechts sind die Mitglieder des Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgans nach § 59j Abs. 2 BRAO n.F. zuständig. Dies bedeutet, dass auch Gesellschaften künftig Adressat eines Rügeverfahrens bzw. eines anwaltlichen Verfahrens sein können, d.h. der Gesellschaft Berufsrechtsverstöße von Organen und sonstigen Personen zugerechnet werden können. Anders als bisher kann sich der Mandant also auch über die Berufsausübungsgesellschaft „beschweren“. Während bislang nur die Rechtsanwalts-GmbH und -AG postulationsfähig und damit rechtsdienstleistungsbefugt waren, gilt dies künftig gemäß § 59k BRAO n.F. für alle Berufsausübungsgesellschaften. Dabei müssen diese durch ihre Gesellschafter und Vertreter, die wiederum selbst postulationsfähig und rechtsdienstleistungsbefugt sein müssen, handeln. Zu beachten ist, dass zukünftig neben den zulassungspflichtigen und freiwillig zugelassenen Gesellschaften auch die nicht zugelassenen Gesellschaften die Rechtsdienstleistungsbefugnis und Postulationsfähigkeit innehaben. Daher sind nach § 59n Abs. 1 BRAO n.F. auch alle Berufsausübungsgesellschaften verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung abzuschließen und während der Dauer ihrer Betätigung aufrecht zu erhalten. Neu ist ferner, dass der Gesetzgeber nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahre 2014 das Mehrheitserfordernis zugunsten von Rechtsanwält*innen abgeschafft hat. Dies bedeutet aber nicht, dass der Berufsausübungsgesellschaft künftig keine Rechtsanwältin oder kein Rechtsanwalt mehr angehören muss. So setzen § 59b Abs. 1 und § 59c Abs. 1 BRAO n.F. weiterhin voraus, dass mindestens ein anwaltlicher Berufsträger der Berufsausübungsgesellschaft angehören muss. Etwas anders gilt für Gesellschaften, die die Bezeichnung „Rechtsanwaltsgesellschaft“ führen möchten; hier sieht § 59p BRAO n.F. vor, dass dort Anwält*innen die Stimmenmehrheit und die Mehrheit der Mitglieder im Geschäftsführungsorgan innehaben müssen. Während mehrstöckige Berufsausübungsgesellschaften nach § 59i Abs. 1 BRAO n.F. ausdrücklich möglich sind, sieht der Gesetzgeber eine reine Kapitalbeteiligung an Berufsausübungsgesellschaften, ohne dass dort eine operative Tätigkeit erfolgt, nach wie vor als unzulässig an, was durch diverse Regelungen abgesichert wird. Damit hat sich der Gesetzgeber klar gegen den Fremdbesitz von Rechtsanwaltsgesellschaften gestellt. Schließlich sind in § 207a BRAO n.F. korrespondierend zu den Vorschriften für ausländische Anwält*innen auch Vorschriften für ausländische Berufsausübungsgesellschaften geschaffen worden. Ähnlich wie WHO-Anwält*innen können dann Gesellschaften, die ihren Sitz in einem WHO-Mitgliedsstaat haben, in Deutschland Rechtsdienstleistungen anbieten, wobei diese auf das Recht des Herkunftsstaats und des Völkerrechts beschränkt sind. Ferner sind ausländische Berufsausübungsgesellschaften in diesen Fällen rechtsdienstleistungsbefugt und postulationsfähig nach den §§ 59k und l BRAO n.F., wenn mindestens eine Rechtsanwältin oder ein Rechtsanwalt der Gesellschaft angehört. In allen Fällen müssen diese Gesellschaften die Zulassung durch die zuständige Rechtsanwaltskammer gemäß § 207a Abs. 1 Nr. 5 BRAO n.F. beantragen. II. Praktische Umsetzung Die praktische Umsetzung der BRAO-Reform hinsichtlich der Berufsausübungsgesellschaften ist bundesweit bei den Regionalkammern in vollem Gange. Zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses für diese KammerMitteilungen befinden sich die Vorbereitungen in den letzten Zügen. So sollen noch im Laufe des Juni 2022 die notwendigen Formulare zur Beantragung einer Zulassung in einem Online-Format auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer zugänglich gemacht werden. Zudem werden die zugelassenen Rechtsanwaltsgesellschaften mbH, die bereits jetzt Mitglieder der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf sind, ebenso wie die Partnerschaftsgesellschaften mbB von der Rechtsanwaltskammer angeschrieben. Letztere sind nach den neuen Regelungen zulassungspflichtig, d.h. müssen einen Antrag auf Zulassung als Berufsausübungsgesellschaft stellen. Allerdings gilt für sämtliche zulassungspflichtigen Berufsausübungsgesellschaften, dass die Beantragung der Zulassung nicht bis zum 1.8.2022 zwingend erfolgen muss, sondern ein Übergangszeitraum von 3 Monaten bis zum 1.11.2022 besteht, um die notwendige Zulassung zu beantragen. Selbstverständlich wird die Rechtsanwaltskammer über ihre Homepage (News) als auch den Newsletter über die aktuelle Entwicklung und den Zugang zu den Antragsformularen informieren. Das aktuelle Thema KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 21

Berichte und Bekanntmachungen Kammerversammlung 2022 Am 26.4.2022 fand die Kammerversammlung 2022 statt. Die Kammerversammlung begann traditionell mit dem Jahresbericht der Präsidentin. Anschließend stellte die Versammlung den Abschluss des Haushaltes für das Jahr 2021 fest und erteilte dem Kammervorstand und der Geschäftsführung die Entlastung. Ebenfalls genehmigte die Kammerversammlung den Haushaltsvorschlag 2022. Im Hinblick auf die am 1.8.2022 in Kraft tretende große BRAO-Reform beschloss die Kammerversammlung Änderungen der Gebührenordnung für Zulassungs-, Aufnahme- und Vertretungsangelegenheiten sowie der Beitragsordnung. Nochmals beschäftigte sich die Kammerversammlung auch mit den Auswirkungen der Ungültigkeit der Vorstandswahl vom 26.4.2017. Der Kammervorstand war in der Kammerversammlung 2021 beauftragt worden zu prüfen, ob der frühere Präsident der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf, Rechtsanwalt und Notar a.D. Herbert P. Schons, auf Schadensersatz und Rückerstattung von Aufwandsentschädigungen in Anspruch genommen werden soll. Nach Bericht des Vorstandes und einer entsprechenden Beschlussempfehlung beschloss die Kammerversammlung, von der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und der Rückerstattung von Aufwandsentschädigungen abzusehen. Abgerundet wurde die Kammerversammlung durch den Gastvortrag des VRLG Dr. Robert Papst, der über erste Erfahrungen und Ziele der M&A-Spezialkammer beim LG Düsseldorf berichtete. Das ausführliche Protokoll der Kammerversammlung ist auf der Homepage der Kammer veröffentlicht (www.rak-dus.de; Rubrik: Die Kammer/Veröffentlichungen/Kammerversammlung). (tje) Beschlüsse der 2. Sitzung der 7. Satzungsversammlung vom 6.12.2021 Die Satzungsversammlung hat sich am 6.12.2021 in der 2. Sitzung der 7. Satzungsversammlung mit Änderungen der Fachanwaltsordnung und der Berufsordnung befasst. Mit Schreiben vom 23.3.2022 hat der Bundesminister für Justiz, Dr. Marco Buschmann, mitgeteilt, dass keine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Satzungsänderungen bestehen. Hiernach ergibt sich, dass insbesondere § 5 Abs. 1 g) FAO dahingehend geändert wurde, dass künftig der Fachanwalt für Insolvenzrecht den Titel „Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht“ trägt. Dementsprechend hat es Neuerungen bei den nachzuweisenden besonderen Kenntnissen im Insolvenz- und Sanierungsrecht gegeben (vgl. § 14 FAO-neu).1 Weiterhin wurde § 5 Abs. 1 l) FAO dahingehend geändert, dass nur noch mindestens drei der gerichtlichen Verfahren aus dem Bereich der selbstständigen Beweisverfahren kommen müssen. Diese Änderungen treten zum 1.6.2022 in Kraft. Die beschlossenen Änderungen der BORA treten zum 1.8.2022 in Kraft und lauten wie folgt: § 3 Interessenwiderstreit2 (1) Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten. Der Rechtsanwalt darf in einem laufenden Mandat auch keine Vermögenswerte von dem Mandanten und/oder dem Anspruchsgegner zum Zweck der treuhänderischen Verwaltung oder Verwahrung für beide Parteien entgegennehmen. 1 Siehe hierzu Berichte und Bekanntmachungen, Änderung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Insolvenzrecht“ in ”Fachanwalt für Insolvenzund Sanierungsrecht“, S. 23. 2 Siehe hierzu Die Kammer rät, Die wesentlichen Neuregelungen im Hinblick auf die berufsrechtliche Interessenkollision durch die große BRAO-Reform, S. 27. (2) Wer erkennt, dass er entgegen § 43a Abs. 4 bis 6 BRAO tätig geworden ist, hat unverzüglich seine(n) Mandanten zu informieren und alle Mandate in derselben Rechtssache zu beenden. (3) Eine gemeinschaftliche Berufsausübung im Sinne von § 43a Abs. 4 Satz 2 BRAO liegt bei Büro-gemeinschaften (§ 59q BRAO) nicht vor. Eine Sozietätserstreckung gilt auch für individuell erteilte Mandate. (4) Der Rechtsanwalt darf in einem Mandat nach § 43a Abs. 4 Satz 4 BRAO (Befreiung von der Sozietätserstreckung mit Zustimmung der Mandanten) nur tätig werden, wenn durch getrennte Bearbeitung die Einhaltung der Verschwiegenheitspflicht sichergestellt ist. Dafür ist, über die allgemeinen Anforderungen des § 2 hinaus, insbesondere erforderlich a) die inhaltliche Bearbeitung der widerstreitenden Mandate ausschließlich durch verschiedene Personen, 22 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

b) der Ausschluss des wechselseitigen Zugriffs auf Papierakten sowie auf elektronische Daten einschließlich des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, und c) das Verbot an die mandatsbearbeitenden Personen, wechselseitig über das Mandat zu kommunizieren. Die Einhaltung dieser Vorkehrungen ist zum jeweiligen Mandat zu dokumentieren. § 5 Kanzlei, weitere Kanzlei und Zweigstelle Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die für seine Berufsausübung erforderlichen sachlichen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen in Kanzlei, weiterer Kanzlei und Zweigstelle vorzuhalten. (jki) Änderung der Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwalt für Insolvenzrecht“ in „Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht“ Die Satzungsversammlung hat in ihrer Sitzung am 6.12.2021 die Änderung von § 1 FAO beschlossen1. Nach der Änderung darf, wer die Erlaubnis zur Führung der Fachanwaltsbezeichnung für Insolvenzrecht besitzt, alternativ die Bezeichnung „Fachanwältin/ Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht“ führen. Nachdem der Bundesminister der Justiz mit Schreiben vom 23.3.2022 mitgeteilt hat, dass gegen die Rechtmäßigkeit des Beschlusses keine Bedenken bestehen, wurde die Änderung auf der Homepage der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) veröffentlicht. Die Änderung tritt am 1.6.2022 in Kraft. Für Fachanwälte besteht somit ab dem o.g. Zeitpunkt die Möglichkeit, sich den neuen Titel „Fachanwältin/ 1 Siehe hierzu Berichte und Bekanntmachungen, Beschlüsse der 2. Sitzung der 7. Satzungsversammlung vom 6.12.2021, S. 22. Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht“ erteilen zu lassen. Einer gesonderten Prüfung bedarf es hierfür nicht mehr. Sie müssen lediglich einen entsprechenden Antrag bei uns stellen und die alte Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin/Fachanwalt für Insolvenzrecht“ aufgeben. Hierzu ist es notwendig, dass Sie die Ihnen verliehene entsprechende Urkunde mit Ihrem Antrag zurückreichen. Soweit Sie die bisherige Fachanwaltsbezeichnung „Fachanwältin/Fachanwalt für Insolvenzrecht“ beibehalten wollen, ist von Ihnen nichts zu veranlassen. Alle Fachanwälte für Insolvenzrecht wurden bereits durch die Rechtsanwaltskammer gesondert angeschrieben und auf diese Möglichkeit aufmerksam gemacht. (jki) Ausschreibung: Gerichtliche Vertretung der Rechtsanwaltskammer in Unterlassungsverfahren wegen unerlaubter Rechtdienstleistungen und/oder unerlaubter Titelführung Gem. Ziff. 6 der Einkaufsrichtlinie der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (siehe KammerMitteilungen 2017, 36) schreibt die Rechtsanwaltskammer den Abschluss eines Rahmenvertrages für die gerichtliche Vertretung in Unterlassungsklageverfahren wegen unerlaubter Rechtsdienstleistungen und/oder unerlaubter Titelführung für den Ausschreibungszeitraum 1.9.2022 bis 31.8.2027 aus. Angebote können bis zum1.8.2022 abgegeben werden. (jki) Abschaffung der Prüfungsgebühren für die Fortbildung zur/zum Geprüften Rechtsfachwirt(in) Der Justizminister des Landes Nordrhein-Westfalen hat der vom Vorstand der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf beantragten Aufhebung der Gebührenordnung der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf für die Fortbildung zur/zum Geprüften Rechtsfachwirt(in) (Stand: 15.12.2004) zugestimmt. Die Aufhebung der Gebührenordnung tritt am Tag nach der Veröffentlichung in den KammerMitteilungen in Kraft. Berichte und Bekanntmachungen KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 23

Die Abschaffung erfolgte vor dem Hintergrund, einen weiteren – wenn auch kleinen – Anreiz zu schaffen, die Fortbildung zur/zum Geprüften Rechtsfachwirt/in finanziell attraktiver zu gestalten. Wir können an dieser Stelle nur an die Arbeitgeber appellieren, Fortbildungswillige in allen Bereichen zu unterstützen, um die Attraktivität des Ausbildungsberufes der Rechtsanwaltsund Notarfachangestellten auszubauen und dem Fachkräftemangel entgegen zu wirken. (jki) Ausbildungsvertrag online – online Tool für eine komfortable Erfassung Ihrer Ausbildungsverträge Bald ausschließlich online: Seit Mitte November 2021 steht auf der Internetseite der Rechtsanwaltskammer unter https://www.rak-dus.de/karriere/ra-fachangestellt e/ausbildungsvertraege-formulare/ein neuer Service zur Verfügung: Mit dem „Ausbildungsvertrag online“ können der Ausbildungsvertrag sowie der Antrag auf Eintragung des Auszubildenden am PC ausgefüllt und unmittelbar ausgedruckt werden. Die Anwendung unterstützt Sie beim vollständigen und korrekten Ausfüllen der Vertragsdaten. Nach der Eingabe aller notwendigen Informationen können Sie den Ausbildungsvertrag und den Antrag auf Eintragung als PDF ausdrucken. Unterschrieben und um Anlagen ergänzt, reichen Sie den Vertrag und den Antrag auf Eintragung bei der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf vorzugsweise über beA oder per E-Mail ein. Die von Ihnen erfassten Daten werden verschlüsselt und anschließend elektronisch an die Kammer übermittelt, so dass die Eintragung des zugesandten Ausbildungsvertrages zügiger erfolgen kann. Hierfür ist eine einmalige Registrierung vorgesehen. Bitte beachten Sie schon jetzt, dass ab dem 1.1.2023 neue Ausbildungsverträge ausschließlich über dieses Portal eingereicht werden sollen. Bei Fragen zur Nutzung des Tools wenden Sie sich bitte an die Ausbildungsabteilung der Rechtsanwaltskammer: Regina Heiduk Durchwahl: 0211/49 502 31 r.heiduk@rak-dus.de Nicole Rößel Durchwahl: 0211/49 502 12 n.roessel@rak-dus.de (jki) Ausbildungspaktstatistik des BFB Das BFB hat im Rahmen der vierteljährlichen Abfrage des BFB zu den abgeschlossenen Ausbildungsverträgen eine Statistik für die Freien Berufe zum 30.9.2021 erstellt. In einem beachtlichen Endspurt konnten die Freien Berufe die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge enorm steigern: Bei ihnen wurden bis Ende September 2021 47.504 neue Ausbildungsverträge abgeschlossen. Das sind 4.264 Verträge mehr beziehungsweise plus 9,9 Prozent. Damit liegt die Zahl sogar über dem Vor-Corona-Niveau: Zum 30.9.2019 waren es 46.326 Neuverträge. Damit tragen auch die Freien Berufe dazu bei, dass die Vertragszahlen der drei Wirtschaftsbereiche – Industrie und Handel, Handwerk sowie Freie Berufe – im Vergleich zum Vorjahr in Summe um zwei Prozent gestiegen sind. Leider konnte der Beruf der/des Rechtsanwaltsfachangestellten von diesem Aufschwung bislang nicht profitieren.1 (jki) 1 Siehe hierzu Berichte und Bekanntmachungen, BIBB-Erhebung „Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30.9.“, S. 24. BIBB-Erhebung „Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30.9.“ Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BBIB) hat eine Statistik „Neu abgeschlossene Ausbildungsverträge zum 30.9.2021“ veröffentlicht. Die Zahlen beruhen auf den Rückmeldungen der RAKn an das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Das BIBB berücksichtigt dabei die neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge, die in der Zeit vom 1.10. des Vorjahres bis zum 30.9. des Erhebungsjahres neu abgeschlossen wurden und die am 30.9. auch noch bestanden haben. Nach der aktuellen Statistik ist die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge mit 3554 im Vergleich zum Vorjahr (3690) erneut gesunken (–3,69%). Berichte und Bekanntmachungen 24 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

In dem Ausbildungsberuf Rechtsanwaltsfachangestellte/r wurden 2.570 neue Verträge abgeschlossen (Vorjahr: 2.697), in dem Ausbildungsberuf Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte/r 984 (Vorjahr: 993). Die Anzahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge stieg in neun Kammerbezirken im Vorjahresvergleich an; 17 RAKn verzeichneten zum Teil deutliche Rückgänge. Hierzu gehört auch der Bezirk der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf. Hier hat es statt der 245 Ausbildungsverhältnisse aus dem Vorjahr lediglich 204 neu abgeschlossene Azubi-Verträge gegeben. (jki) Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft – Tätigkeitsbericht 2021 Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin hat ihren Tätigkeitsbericht für das Jahr 2021 vorgelegt. Dieser enthält neben einem Überblick über die im Jahr 2021 durch die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft geleisteten Arbeit, statistische Angaben, typische Fallkonstellationen, Empfehlungen zur Vermeidung derartiger Streitigkeiten und anonymisierte Schlichtungsfälle. Es ergibt sich, dass im Jahr 2021 1.166 Anträge bei der Schlichtungsstelle in Berlin eingegangen sind; dies waren 154 Anträge mehr als im Vorjahr. Die überwiegende Anzahl der Schlichtungsanträge betraf das allgemeine Zivilrecht, gefolgt vom Familien- und Erbrecht. Anträge, die das Strafrecht betrafen, nahmen im Vergleich zum Vorjahr um ca. 34% zu. Im Familienrecht stiegen die Anträge um ca. 40%, im Migrationsrecht um ca. 133% und im Insolvenzrecht um ca. 264%. Aus dem Bereich der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf wurden 47 Anträge eingereicht. Der vollständige Bericht ist nachlesbar auf der Internetseite der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft unter: https://www.schlichtungsstelle-der-rechtsanwaltsc haft.de/wp-content/uploads/2022/01/SDR-TB-2021online.pdf Zum Vergleich: Bei der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf wurden im Jahr 2021 112 Anträge auf Schlichtung gestellt, die bei Vorliegen der Zulässigkeitsvoraussetzungen von den acht Mitgliedern der Schlichtungsabteilung aus dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer bearbeitet wurden. Demgegenüber waren es im Vorjahreszeitraum noch 148 Anträge. (jki) Roland Rechtsreport 2022 Seit 2010 führt das Institut für Demoskopie Allensbach im Auftrag der ROLAND Rechtsschutz-VersicherungsAG jährlich diese Befragung durch, um die öffentliche Meinung zum deutschen Rechtssystem und zu ausgewählten rechtspolitischen Schwerpunktthemen zu ermitteln. Die Untersuchung zum aktuellen Rechtsreport stützt sich auf insgesamt 1.069 Interviews mit einem repräsentativen Querschnitt der Bevölkerung ab 16 Jahre. Die Interviews wurden im Zeitraum 1. bis 15.12.2021 mündlich-persönlich durchgeführt. Wie in den vergangenen Jahren waren auch in diesem Jahr die Langzeitanalyse des Vertrauens in wichtige gesellschaftliche und staatliche Institutionen sowie die Ermittlung der grundsätzlichen Einstellungen zum deutschen Rechtssystem Schwerpunkte dieser Untersuchung. Zudem ermittelt auch der aktuelle ROLAND Rechtsreport die Einstellungen der Bevölkerung zur außergerichtlichen Streitbeilegung. Einen weiteren Schwerpunkt dieser Untersuchung bilden die Themen „Fake News, Meinungsfreiheit und soziale Medien“: Inwieweit hat die Bevölkerung den Eindruck, ihre Meinung frei äußern zu können? Wie sehr vertrauen die Bürger den Medien, insbesondere sozialen Netzwerken? Stellen Verschwörungstheorien eine ernsthafte Gefahr dar, und sollten Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken stärker kontrolliert und gegebenenfalls auch eingeschränkt werden? Zum Teil A „Einstellung der Bevölkerung zum deutschen Justizsystem und zur außergerichtlichen Konfliktlösung“ wurde zusammenfassend ermittelt: – Dass das deutsche Rechtssystem unverändert großes Vertrauen in der Bevölkerung genießt (S. 10 ff.). – Es besteht weiterhin viel Kritik an der Verfahrensdauer und der Überlastung der Gerichte. (S. 16 ff.): Die größte Kritik übt die Bevölkerung an den Verfahrensdauern. 81% haben den Eindruck, dass viele Verfahren zu lange dauern. 75% halten zudem die Gerichte für überlastet. – Knapp jeder vierte Bundesbürger hat persönliche Erfahrungen mit dem Rechtssystem und Einstellungen zur außergerichtlichen Streitbeilegung (S. 19 ff.): Knapp ein Viertel der Befragten hat bereits persönliche Erfahrungen mit Gerichtsverfahren gemacht. 24% der Bevölkerung waren in den vergangenen zehn Jahren an einem Gerichtsprozess beteiligt, sei Berichte und Bekanntmachungen KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 25

es als Zeuge, Kläger oder auch als Beklagter. Außerdem zeigt sich, dass der Streitwert, ab dem jemand vor Gericht ziehen würde, mit einem Durchschnitt von 3.683 Euro relativ hoch liegt. Zudem wurden die Befragten um ihre Einschätzung zur außergerichtlichen Streitbeilegung gebeten. Hier bewerten die Befragten die Erfolgschancen überwiegend positiv. 56% sind überzeugt, dass sich mit der außergerichtlichen Streitbeilegung viele Konflikte lösen lassen, nur 31% sind skeptisch. Darüber hinaus finden es 46% gut, dass sich rechtliche Angelegenheiten vermehrt mit digitalen Angeboten lösen lassen, zum Beispiel bei Schadenersatzforderungen oder bei der automatisierten Vertragserstellung. Dagegen finden 27%, dass für solche Anliegen weiterhin ausschließlich Anwälte zuständig sein sollten. Zum Teil B „Fake News, Meinungsfreiheit, vorsichtig zu sein?“ (Angaben in %) Verschwörungstheorien und die Rolle sozialer Medien wurde zusammenfassend ermittelt: – Die Maßnahmen der Bundesregierung zur Bekämpfung der Corona-Pandemie fanden in der Bevölkerung von Beginn an einen bemerkenswerten Rückhalt. Zwar ist die Zustimmung zum Kurs der Regierung seit dem Herbst und dem Ausbruch der zweiten Pandemiewelle etwas zurückgegangen, bewegt sich aber nach wie vor auf einem stabil hohen Niveau. Gleichzeitig werden die Maßnahmen der Regierung zur Pandemiebekämpfung als gravierende Eingriffe in das eigene Leben empfunden. Vier von zehn Bundesbürgern sehen sich durch die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie zudem in ihren Grundrechten bzw. ihrer Freiheit beschränkt. Die Mehrheit sieht dies jedoch anders: 59% der Bürger fühlen sich durch die vielen Maßnahmen nur wenig oder gar nicht in ihren Grundund Freiheitsrechten eingeschränkt (S. 26). – Es besteht Misstrauen gegenüber den Medien quer durch alle Generationen (S. 29). – Verschwörungstheorien werden als eine ernsthafte Gefahr gesehen (S. 30). – Jeder Zweite plädiert für eine stärkere Kontrolle von Meinungsäußerungen in sozialen Netzwerken (S. 31). Welche Kontrollinstanz man hierzu in der Pflicht sieht, ist eine Frage des Alters (S. 32). – Es besteht eine deutliche Mehrheit für die Klarnamenpflicht im Internet (S. 33). Den vollständigen Report finden Sie unter: https:// www.roland-rechtsschutz.de/media/roland-rechtsschut z/pdf-rr/042-presse-pressemitteilungen/roland-rechtsre port/roland_rechtsreport_2022.pdf (jki) Neue Statistik: Mehr Anwältinnen – Arbeitsrecht beliebteste Fachanwaltschaft Die Mitgliederstatistik zum 1.1.2022 offenbart erneut Stillstand bis Rückgang bei den Anwaltszahlen – mit Ausnahme der Anwältinnen. Auch bei den Fachanwältinnen und Fachanwälten sind Zuwächse zu vermelden. Zum Stichtag 1.1.2022 verzeichneten die 28 Rechtsanwaltskammern insgesamt 167.085 Mitglieder (inkl. Gesellschaften). Im Vergleich zum Vorjahr (167.092) bedeutet dies erneut einen – wenn auch geringen – Rückgang um 7 Mitglieder (0,004%). Insgesamt waren 0,06% weniger und damit noch 165.587 Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen (Vorjahr: 165.680) zugelassen. Zuwachs gibt es bei den Rechtsanwältinnen. Waren im Vorjahr noch 59.466 und damit 35,9% Rechtsanwältinnen zugelassen, sind dies 2022 schon 60.057 (36,27%). Erneut haben sich die Einzelzulassungen als Rechtsanwalt und Rechtsanwältin zugunsten der Syndikus-Zulassungen deutlich verringert. Zum 1.1.2022 waren 142.822 (Vorjahr: 144.733; -1.911) RechtsanwältInnen in Einzelzulassung, 5.149 SyndikusrechtsanwältInnen (Vorjahr: 4.410; +739) und 17.616 (Vorjahr: 16.537; +1.079) Rechtsanwälte und Syndikusrechtsanwälte (m/w) mit Doppelzulassung zugelassen. Der Frauenanteil ist in allen Zulassungsarten weiter angestiegen, liegt bei den Syndizi jedoch noch einmal deutlich höher als bei den Einzelzulassungen (34,42%). 44,96% der doppelt Zugelassenen und sogar 57,7% der reinen Syndikusrechtsanwälte sind weiblich. Wie auch in den letzten Jahren ist die Anzahl der Anwaltsnotare weiter rückläufig: Mit 5.015 liegt sie um 2,89% unter dem Vorjahr (5.164). Die Zahl der Fachanwältinnen und Fachanwälte ist dagegen abermals gestiegen: So gab es zum Stichtag 45.960 Fachanwälte (Vorjahr: 45.732). Davon waren 14.872 Fachanwältinnen (Vorjahr: 14.677). Damit liegt der Frauenanteil weiterhin bei 32,1%. Gemessen an der Gesamtzahl der insgesamt zugelassenen RechtsanwältInnen sind 27,8% auch Fachanwälte; von den insgesamt zugelassenen Rechtsanwältinnen sind 24,8% auch Fachanwältinnen. Die Anzahl der erworbenen Fachanwaltstitel hat ebenfalls weiter zugenommen und beträgt nun insgesamt 58.229 (Vorjahr: 57.861). Davon erwarben 34.901 Rechtsanwälte (davon 12.079 weiblich) einen Fachanwaltstitel, 9.846 Rechtsanwälte (davon 2.577 weiblich) zwei Fachanwaltstitel und 1.213 Rechtsanwälte (davon Berichte und Bekanntmachungen 26 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

Anwaltsrecht/Berufsrecht )HVWVWHOOXQJVLQWHUHVVH LQ 9HUIDKUHQ GHU $QZDOVJH richtsbarkeit 216 weiblich) die höchstmöglichen drei Fachanwaltstitel. Beliebteste Fachanwaltschaft ist nach wie vor die für Arbeitsrecht (11.055). Dieser folgt die Fachanwaltschaft für Familienrecht (9.137), die mit 59% weiterhin den höchsten Frauenanteil aufweist (Vorjahr: 58,8%). Gleichzeitig hat sie allerdings neben den Fachanwaltschaften für Steuerrecht, für Sozialrecht und nun auch für Bank- und Kapitalmarktrecht erneut einen Rückgang zu verzeichnen. Die höchsten Zuwächse hatten die Fachanwaltschaften Arbeitsrecht, Verkehrsrecht und Handels- und Gesellschaftsrecht zu verbuchen, gefolgt von Erbrecht, Informationstechnologierecht, Strafrecht und Medienrecht. Die Mitgliederstatistik zum 1.1.2022 finden Sie auf der Homepage der BRAK unter https://www.brak.de/filead min/04_fuer_journalisten/statistiken/2022/2022_brakmg_statistik.pdf (jki) Die Kammer rät Die esentlichen Neuregelungen im Hinblick auf die berufsrechtliche Interessenkollision durch die große BRAOReform Mit der am 10.6.2021 vom Bundestag beschlossenen „Großen BRAO-Reform“ treten am 1.8.2022 auch einige Neuregelungen zu Interessenkollisionen und Tätigkeitsverboten in Kraft. Im Folgenden soll bereits ein Überblick über die wesentlichen Änderungen in den §§ 43a Abs. 4 bis 6 und 45 BRAO verschafft werden. Die neuen Regelungen des § 43a Abs. 4-6 BRAO: Nach derzeitiger Rechtslage normiert § 43a Abs. 4 BRAO lediglich, dass „der Rechtsanwalt keine widerstreitenden Interessen vertreten darf“. Die bisherige ausführlichere Regelung zur Interessenkollision im Satzungsrecht des § 3 BORA wird von den neuen Regelungen des § 43a Abs. 4 bis 6 BRAO in weiten Teilen übernommen, jedoch auch neu und abgeändert geregelt. Der § 43a Abs. 4 S. 1 BRAO n.F. normiert: „Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat.“ Nach § 43a Abs. 4 S. 2 BRAO n.F. erstreckt sich das Tätigkeitsverbot entsprechend der derzeitigen Regelung des § 3 BORA auf alle sozietätsangehörigen Anwälte. Die Sozietätserstreckung eines Tätigkeitsverbots bleibt auch bestehen, wenn der persönlich vorbefasste Anwalt die Sozietät verlässt, § 43a Abs. 4 S. 3 BRAO n.F. Wie bisher schon in § 3 BORA geregelt war, können die beteiligten Mandanten in Textform der Übernahme eines widerstreitenden Mandats zustimmen. Die Möglichkeit der Befreiung besteht auch hinsichtlich der Sozietät selbst, § 43a Abs. 4 S. 5 BRAO n.F.. Ausdrücklich vorgeschrieben wird nunmehr, dass „geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit sicherstellen sollen“. In der geplanten Neufassung des § 3 Abs. 4 BORA sollen wohl nunmehr auch die Anforderungen an die geeigneten Vorkehrungen näher beschrieben werden. Wichtig ist, dass sich § 43a Abs. 4 S. 4 BRAO n.F. nur auf die Sätze 2 und 3 bezieht und damit eine Befreiung des persönlich vorbefassten Anwalts ausgeschlossen ist. Gem. § 43a Abs. 4 S. 6 BRAO n.F. kann von der grundsätzlich bestehenden Verschwiegenheitsverpflichtung abgesehen werden, um die Überprüfung des Vorliegens einer Interessenkollision überhaupt zu gewährleisten. Der neue Abs. 5 des § 43a BRAO regelt erstmals die Frage des Vorliegens einer Interessenkollision eines anwaltlichen Rechtsreferendars im Vorbereitungsdienst. Der Stationsreferendar darf nach erfolgter Zulassung als Rechtsanwalt nicht in widerstreitendem Interesse zu einem Mandat tätig werden, welches er als Referendar in der Anwalts- oder Wahlstation bei einem Rechtsanwalt bearbeitet hat. Eine reine Zuarbeit, in der nur abstrakte Rechtsfragen ohne Bezug zum Mandat beantwortet werden, reicht für die Annahme einer Interessenkollision jedoch nicht aus, vielmehr muss der Referendar tatsächlich in die konkrete Mandatsarbeit einbezogen worden sein. Die Kammer rät KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 27

Anwaltsrecht/Berufsrecht )HVWVWHOOXQJVLQWHUHVVH LQ 9HUIDKUHQ GHU $QZDOVJH richtsbarkeit § 43a Abs. 5 S. 2 BRAO n.F. stellt klar, dass in dem Falle jedoch Abs. 4 S. 2 BRAO n.F. nicht anzuwenden ist. Das heißt das Tätigkeitsverbot des ehemaligen Rechtsreferendars erstreckt sich ausdrücklich nicht auf alle sozietätsangehörigen Anwälte. Die Neufassung des § 43a Abs. 6 BRAO entspricht weitestgehend dem bisherigen § 45 Abs. 2 BRAO und regelt das Vorliegen eines Tätigkeitsverbots im Falle einer beruflichen Vorbefassung außerhalb der anwaltlichen Tätigkeit. Die Neufassung des § 45 BRAO: In der Neufassung des § 45 Abs. 1 Nr. 1 a) BRAO wird die nichtanwaltliche Vorbefassung nun auch ausdrücklich für den Rechtsreferendar geregelt, der im Rahmen des Rechtsreferendariats bei einem Richter, Staatsanwalt, Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder Notar tätig war. § 45 Abs. 1 Nr. 1 b) BRAO n.F. wird auch in Hinblick auf die Tätigkeiten als Schlichter und Mediator ergänzt und in § 45 Abs. 1 Nr. 1 c) BRAO n.F. sind nun zusätzlich die Tätigkeiten als Notarassessor und Rechtsreferendar bei einem Notar aufgenommen worden. In § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO n.F. heißt es: „Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er in derselben Angelegenheit bereits außerhalb der Tätigkeit als Rechtsanwalt für eine andere Partei im widerstreitenden Interesse beruflich tätig geworden ist“. Verglichen mit dem derzeitigen § 45 Abs. 1 Nr. 4 BRAO, wird dieses Tätigkeitsverbot nun ausdrücklich an das Vorliegen einer tatsächlichen Kollision („widerstreitendes Interesse“) gebunden. Im Umkehrschluss ist also eine gleichgerichtete Tätigkeit in nichtanwaltlicher und anwaltlicher Funktion in derselben Rechtssache zulässig. Bisher galt das Tätigkeitsverbot des § 45 Abs. 1 S. 1 nicht, wenn die berufliche Tätigkeit beendet war. In der Neufassung ist dieser Passus nicht mehr enthalten, so dass das Tätigkeitsverbot über die Beendigung der früheren Tätigkeit hinaus gilt. Ob unter Nr. 3 künftig auch wissenschaftliche oder studentische Mitarbeiter oder Praktikanten subsumiert werden können, die in einer Anwaltskanzlei arbeiten oder gearbeitet haben, ist noch ungeklärt. § 45 Abs. 2 S. 1 BRAO n.F. erstreckt das Tätigkeitsverbot auch auf Rechtsanwälte, die ihren Beruf in einer Berufsausübungsgesellschaft mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Absatz 1 nicht tätig werden darf (Nr. 1) und auf Rechtsanwälte, die in einer Berufsausübungsgesellschaft mit einer Person tätig sind, die dort in einem anderen Beruf im Sinne des § 59c BRAO tätig wird und der ein Tätigwerden bei entsprechender Anwendung des Absatzes 1 untersagt wäre (Nr. 2). Dass die Regelung des S. 1 nicht für die Vorbefassung als Rechtsreferendar gilt, erwähnt § 45 Abs. 2 S. 2 BRAO n.F. nun ausdrücklich. Die Regelungen des § 45 Abs. 2 S. 3 -5 BRAO n.F. entsprechen denen des § 43a Abs. 4-6 BRAO. S. 3 weist ausdrücklich darauf hin, dass das Tätigkeitsverbot bei Beendigung der Tätigkeit des nach Absatz 1 ausgeschlossenen Rechtsanwalts bestehen bleibt. § 45 Abs. 2 S. 4 BRAO n.F. regelt die Ausnahme des Tätigkeitsverbots nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO n.F. bei Zustimmung der betroffenen Personen und Vorliegen geeigneter Vorkehrungen zur Verhinderung einer Offenbarung der vertraulichen Informationen. § 45 Abs. 2 S. 5 BRAO n.F. regelt ähnlich zu § 43a Absatz 4 BRAO n.F., dass von der Verschwiegenheitsverpflichtung abgesehen werden kann, um die Überprüfung des Vorliegens einer Interessenkollision zu gewährleisten. Rechtsanwältin Marisa Kaiser Juristische Referentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Elektronische Zwangsvollstreckung – wie geht das? Auch im Bereich der Zwangsvollstreckung gilt für Anwältinnen und Anwälte seit dem 1.1.2022 gem. § 753 V i.V.m. § 130d ZPO die aktive Nutzungspflicht des elektronischen Rechtsverkehrs. Daher stellt sich die Frage, wie die verschiedenen Dokumente, die bei der Beantragung von Vollstreckungsmaßnahmen eine Rolle spielen, einzureichen sind. Die BRAK hat gemeinsam mit dem Deutschen Gerichtsvollzieher Bund e.V. (DGVB) einen Katalog erarbeitet, der Antworten auf häufig gestellte Fragen im Zusammenhang mit der elektronischen Zwangsvollstreckung gibt. Sie werden nachfolgend im Überblick dargestellt. Wie reicht man Vollstreckungsaufträge ein? Vollstreckungsaufträge müssen gem. § 753a ZPO i.V.m. § 130d ZPO als elektronisches Dokument eingereicht werden. Für Anwältinnen und Anwälte bedeutet dies in erster Linie eine Einreichung per beA (vgl. § 130a Abs. 4 Nr. 2 ZPO, § 4 Abs. 1 Nr. 1 ERVV). Gerichtsvollzieher nehmen ebenfalls am elektronischen Rechtsverkehr teil. Sie können entweder direkt adressiert werden oder über die Gerichtsvollzieherverteilerstelle des zuständigen Amtsgerichts. Einige Amtsgerichte haben spezielle Postfächer für ihre Gerichtsvollzieherverteilerstellen eingerichtet, die, falls vorhanden, hierfür genutzt werden sollten. Fristwahrende Schriftsätze und Eilt-Anträge sollten telefonisch angekündigt werden, um deren rechtzeitige Bearbeitung sicherzustellen. Die Kammer rät 28 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

Anwaltsrecht/Berufsrecht )HVWVWHOOXQJVLQWHUHVVH LQ 9HUIDKUHQ GHU $QZDOVJH richtsbarkeit Wie legt man den Vollstreckungstitel vor? § 754 ZPO verlangt, dass dieser dem Gerichtsvollzieher – zusammen mit dem Vollstreckungsauftrag – in der vollstreckbaren Ausfertigung übergeben wird. Der Titel ist also weiterhinin Papierformeinzureichen. In diesen Fällen entsteht ein zweigeteiltes Verfahren (Hybridverfahren). Dem elektronischen Antrag muss der Titel im Original postalisch nachgesandt werden, am besten mit dem Hinweis, dass bereits ein elektronischer Vollstreckungsantrag vorliegt, und unter Angabe des Datums des Antrags. Die Gerichtsvollzieher bitten darum, in solchen Fällen den Antrag nicht erneut postalisch einzusenden. In nicht eilbedürftigen Fällen empfiehlt es sich, abzuwarten, bis das Gericht die Vorlage des Titels im Original verlangt, und erst dann den Titel unter Angabe des Aktenzeichens zu übersenden; das erleichtert dem Gericht die Zuordnung der Titel. Ein derartiger Medienbruch ist unbefriedigend und führt zu Verzögerungen, die an sich unnötig wären. Dem Gesetzgeber ist das Problem bekannt, BRAK und Deutscher Gerichtsvollzieherbund haben mehrfach darauf hingewiesen, dass die Vorschriften zur Vorlage von Originalen gerade im Zwangsvollstreckungsrecht angepasst werden müssen. Leider ist dies bislang nicht erfolgt. Eine entsprechende Gesetzesänderung ist derzeit in der Diskussion. BRAK und DGVB werden sich für eine schnelle Umsetzung einsetzen. Ein rein elektronisches Verfahren gilt nach § 754a ZPO sowie nach § 829a ZPO für Vollstreckungsbescheide, deren fällige Geldforderung einschließlich titulierter Nebenforderung und Kosten nicht mehr als 5.000 Euro beträgt. In diesen Fällen ist der Vollstreckungsbescheid samt Zustellungsbescheinigung einzuscannen und als elektronisches Dokument vorzulegen (§ 754a Abs. 1 Nr. 3 ZPO). Zusätzlich muss der Gläubiger nach § 754a Abs. 1 Nr. 4 ZPO versichern, dass ihm eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und eine Zustellungsbescheinigung vorliegen und dass die Forderung in Höhe des Vollstreckungsantrags noch besteht. Hat der Gerichtsvollzieher Zweifel, kann er die Vorlage des Vollstreckungsbescheids im Original und/ oder Nachweise zu den übrigen Vollstreckungsvoraussetzungen verlangen (§ 754a Abs. 2 ZPO). Wie reicht man Anlagen ein? Anlagen sind als PDF einzureichen. Insofern gilt nichts anderes als auch ansonsten im elektronischen Rechtsverkehr mit den Gerichten, d.h. die Vorgaben von § 130a ZPO und der ERVV sind zu beachten. Eine Ausnahme bilden hier, wie bereits erwähnt, die Vollstreckungstitel, die nicht unter §§ 754a, 829a ZPO fallen und zwingend im Original nachzureichen sind. Rechtsanwältin Julia von Seltmann Bundesrechtsanwaltskammer Einreichen einer Schutzschrift per beA Mit einer Schutzschrift kann man sich vorbeugend gegen erwartete Anträge auf Arrest oder einstweilige Verfügung verteidigen (§ 945a Abs. 1 ZPO), z.B. als Reaktion auf eine Abmahnung. Bereits seit 2016 existiert ein zentrales, länderübergreifendes elektronisches Register für Schutzschriften, das vom hessischen Justizministerium bereitgestellt wird (s. beA-Newsletter 5/ 2021). Schutzschriften sind beim Zentralen Schutzschriftenregister (ZSSR) einzureichen und gelten dann bundesweit als bei allen ordentlichen Gerichten der Länder (§ 945a Abs. 2 S. 1 ZPO) und allen Arbeitsgerichten der Länder (§§ 62 Abs. 2 S. 3, 85 Abs. 2 S. 3 ArbGG) als eingereicht. Im Folgenden wird das Einreichen einer Schutzschrift per beA beschrieben. Anforderungen an das Einreichen Die Schutzschrift muss als elektronisches Dokument eingereicht werden. Das regelt die aufgrund von § 945b ZPO erlassene Schutzschriftenregisterverordnung (§ 2 Abs. 2 SRV). Zusätzlich ist – wie auch sonst bei Schriftsätzen an Gerichte – für die Weiterverarbeitung beim ZSSR ein Strukturdatensatz zu übermitteln (§ 2 Abs. 1 S. 2 SRV). Dieser ist auf der Website des ZSSR als elektronisches Formular eingestellt. Er kann dann über die Website des ZSSR versandt oder als XJustizDatensatz auf dem lokalen Rechner des Nutzers gespeichert und anschließend gemeinsam mit der Schutzschrift und ihren Anlagen per beA versandt werden. Empfängerauswahl Das ZSSR kann man in der Empfängersuche der beAWebanwendung ganz einfach aufrufen, indem man im Gesamtverzeichnis danach sucht. Als Suchbegriffe kann man z.B. „zentrales“ und als Ort „Frankfurt“ verwenden. Dann wird das ZSSR als Empfänger in der Ergebnisliste angezeigt. Erstellen des Strukturdatensatzes Für das Erstellen des Strukturdatensatzes hat die Ende Februar 2022 ausgerollte beA-Version 3.10 (dazu beASondernewsletter 5/2022) Vereinfachungen umgesetzt: Die beA-Webanwendung gibt, wenn das ZSSR als Empfänger ausgewählt wird, nunmehr direkt einen Link zur Webseite des ZSSR an, über die der StrukturDie Kammer rät KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022 29

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