Kammermitteilungen 2/2022

Das aktuelle Thema Die wesentlichen Neuregelungen zu den Berufsausübungsgesellschaften im Rahmen der großen BRAO-Reform Von Rechtsanwalt Jörg Stronczek, Juristischer Referent der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf Mit der am 10.6.2021 vom Bundestag beschlossenen großen BRAO-Reform treten am 1.8.2022 auch die umfassenden (Neu-) Regelungen der berufsrechtlichen Vorschriften für anwaltliche, patentanwaltliche und steuerberatende Berufsausübungsgesellschaften in Kraft. Ziel dieser Neuregelungen ist es, der Anwaltschaft, Patentanwaltschaft und den Steuerberaterinnen und Steuerberatern gesellschaftsrechtliche Organisationsfreiheit zu gewähren, weitgehend einheitliche und rechtsformneutrale Regelungen für alle anwaltlichen und steuerberatenden Berufsausübungsgesellschaften zu schaffen und die interprofessionelle Zusammenarbeit zu erleichtern. Außerdem soll die Berufsausübungsgesellschaft als zentrale Organisationsform anwaltlichen, patenanwaltlichen und steuerberatenden Handelns anerkannt werden. I. Gesetzeslage Nach dem neuen § 59b Abs. 2 Nr. 1 BRAO sind für Berufsausübungsgesellschaften zulässige Rechtsformen neben europäischen und EU/EWR-ausländischen Gesellschaften jetzt auch alle Gesellschaften nach deutschem Recht einschließlich der Handelsgesellschaften, wie etwa die OHG und die KG, aber auch die Rechtsanwalts-GmbH & Co. KG sowie die RechtsanwaltsUG & Co. KG. Letztere sind möglich, da künftig nach § 59i BRAO n.F. auch Beteiligungen von Rechtsanwaltsgesellschaften an anderen Gesellschaften möglich sind. Grundsätzlich bedürfen die Berufsausübungsgesellschaften nach dem neuen § 59f Abs. 1 S. 1 BRAO der Zulassung durch die Rechtsanwaltskammer. Von der Zulassungspflicht ausgenommen sind gemäß § 59f Abs. 1 S. 2 BRAO n.F. Personengesellschaften, bei denen keine Beschränkung der Haftung der natürlichen Personen vorliegt und denen als Gesellschafter und als Mitglieder der Geschäftsführungs- und Aufsichtsorgane ausschließlich Rechtsanwälte oder Berufsangehörige eines in § 59c Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BRAO n.F. genannten Berufs (also Mitglieder der Patentanwaltskammer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer oder vereidigte Buchprüfer) angehören. Daraus resultiert, dass die Rechtsformen der GbR, PartG und OHG keiner Zulassung bedürfen, aber freiwillig diese beantragen können, um z.B. in den Genuss eines eigenen besonderen elektronischen Anwaltspostfachs für die Gesellschaft zu gelangen. Eine Zulassungspflicht besteht hingegen nach der großen BRAO-Reform für Kapitalgesellschaften, haftungsbeschränkte Personengesellschaften, interprofessionelle Gesellschaften mit freien Berufen, die bisher nicht sozietätsfähig waren, und Auslandsgesellschaften. Mit § 59n BRAO n.F. wird eine generelle Pflicht zum Abschluss und zur Unterhaltung einer Berufshaftpflichtversicherung für Berufsausübungsgesellschaften neu eingeführt, wobei sich die Mindestversicherungssumme und Jahreshöchstleistung nach § 59o BRAO n.F. an der Anzahl der Gesellschafter orientiert. Neu ist, dass neben den in § 59c Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BRAO n.F. genannten Berufen alle Freiberufler im Sinne des § 1 Abs. 1 PartGG Gesellschafter sein können. Damit wurde der Kreis der sozietätsfähigen Berufe im Vergleich zu früher deutlich erweitert. Während bislang ein Zusammenschluss mit Mitgliedern einer Rechtsanwalts- oder Patentanwaltskammer, inländischen und ausländischen Steuerberater*innen und Steuerbevollmächtigten, Wirtschaftsprüfer*innen und vereidigten Buchprüfer*innen, aber auch mit Mitgliedern nach EuRAG oder aufgenommenen Mitgliedern nach § 206 BRAO (WHO-Anwält*innen) möglich war, zählen neuerdings u.a. auch Ärzt*innen, Ingenieur*innen und Architekt*innen zu dem Kreis sozietätsfähiger Berufe (§ 1 Abs. 2 PartGG). Das setzt aber gemäß § 59c Abs. 1 Nr. 4 zweiter Halbsatz BRAO n.F. voraus, dass die Verbindung mit dem Anwaltsberuf und insbesondere dessen Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege vereinbar und das Vertrauen in die Unabhängigkeit nicht gefährdet ist. Auch ergeben sich für die nichtanwaltlichen Gesellschafter eines solchen Zusammenschlusses diverse Pflichten und Verbote, wie etwa die Verschwiegenheitspflicht oder das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen (§ 59d Abs. 1 bis 3 BRAO n.F.). Während nach früherem Recht nur Rechtsanwält*innen und Rechtsanwaltsgesellschaften (wie die GmbH und die AG) berufsrechtlichen Pflichten unterlagen, gelten diese Pflichten künftig auch für die übrigen Berufsausübungsgesellschaften. Somit ist Anknüpfungspunkt für die berufsrechtlichen Regelungen in Zukunft nicht mehr allein der einzelne Berufsträger, sondern auch die Entität als Berufsausübungsgesellschaft selbst. Nach § 59e BRAO n.F. gelten die §§ 43 bis 43b, 43d, 43e, 44, 45 Abs. 1 Nr. 2 und 3, 48, 49a bis 50, 53, 54, 56 20 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0