Kammermitteilungen 2/2022

EG [eIDAS-VO]). Die anwaltlichen Sorgfaltspflichten im Zusammenhang mit der Signierung eines elektronischen Dokuments entsprechen daher ebenso denen bei der Leistung einer Unterschrift wie sie bei der Übermittlung von fristgebundenen Schriftsätzen im Wege des elektronischen Rechtsverkehrs per beA denen bei Übersendung von Schriftsätzen per Telefax entsprechen (vgl. zu letzterem BGH, Beschlüsse vom 11.5.2021 – VIII ZB 9/20 und vom 29.9.2021 – VII ZR 94/21). Auch bei der Signierung eines ein Rechtsmittel oder eine Rechtsmittelbegründung enthaltenden fristwahrenden elektronischen Dokumentes (§ 130a Abs. 3 S. 1 ZPO) gehört es daher zu den nicht auf das Büropersonal übertragbaren Pflichten eines Rechtsanwalts, das zu signierende Dokument zuvor selbst sorgfältig auf Richtigkeit und Vollständigkeit zu prüfen. Nach diesen Grundsätzen hat die Instanzbevollmächtigte des Beklagten sorgfaltswidrig gehandelt, als sie das ihr im zweiten Durchgang zur Signierung zugeleitete elektronische Dokument zwar geöffnet und auf Korrektur des im ersten Durchgang monierten Tippfehlers, nicht aber auf Vollständigkeit im Übrigen überprüft hat. Damit hat sie eine neue Gefahr geschaffen. Diese bereits für den herkömmlichen Schriftverkehr entwickelten Grundsätze (vgl. BGH, Beschluss vom 6.5.1992 – XII ZB 39/92) gelten umso mehr für den elektronischen Rechtsverkehr, bei dem in einer vergleichbaren Situation nicht lediglich eine Seite eines handschriftlich korrigierten konkreten Schriftsatzes ausgetauscht, sondern – wie der Streitfall zeigt – durch Scan-, Kopier- und Speichervorgänge ein letztlich neues elektronisches Dokument – und damit eine gänzlich neue Gefahrenquelle – geschaffen wird. (jki) beA: Wer über das elektronische Anwaltspostfach Anhänge ans Gericht versendet, darf im Dateinamen auch Umlaute verwenden. Wenn diese vom Justizrechner dann nicht erkannt werden, darf dies jedenfalls nicht zum Fristversäumnis führen – BGH, Beschl. v. 8.3.2022, Az. VI ZB 25/20 Die Klägerin nimmt den beklagten Fahrzeughersteller auf Schadensersatz wegen Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung für die Abgasrückführung in Anspruch. Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 18.6.2019 abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) fristgerecht Berufung eingelegt. Die Begründungsfrist ist am 26.8.2019 abgelaufen. Mit Beschluss vom 28.8.2019, der dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 4.4.2019 zugestellt worden ist, hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass eine Berufungsbegründungsschrift bis zum Ablauf der Frist zur Berufungsbegründung nicht eingegangen sei. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat daraufhin mit Schriftsatz vom 16.9.2019 mitgeteilt, er habe am 23.8.2019 die Berufungsbegründung über das beA an das Oberlandesgericht übermittelt; die Berufungsbegründung werde als Anlage „zusammen mit dem Sendeprotokoll des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs auf der Website der Bundesrechtsanwaltskammer“ erneut zur Gerichtsakte überreicht. Nach Hinweis des Berufungsgerichts, dass dem Schriftsatz vom 16.9.2019 die dort benannten Anlagen nicht beigefügt gewesen seien, über das beA sei nur der Schriftsatz selbst eingegangen, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem Berufungsgericht am 26.9.2019 die von ihm unterzeichnete Berufungsbegründung vom 23.8. 2019 sowie den „erfolgreichen Sendebericht“ per Telefax übermittelt. Auf Anfrage des Berufungssenats hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 9.10.2019 das Nachrichtenkennzeichen für die Übermittlung der Berufungsbegründung vom 23.8.2019 mitgeteilt. Ferner hat er einen „Screenshot der Nachrichtenanzeige aus dem Webportal der Bundesrechtsanwaltskammer zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach“ über die erfolgreiche Übermittlung des Schriftsatzes an das Oberlandesgericht als Anlage übersandt. Auf Anfrage des Berufungssenats hat die Fachgruppe Justiz zu dem angegebenen Nachrichtenkennzeichen am 10.10.2019 mitgeteilt, dass die Nachricht eingegangen sei, aber keinerlei Inhalt gehabt und deshalb nicht verarbeitbar gewesen sei; der Absender sei per E-Mail vom 26.8.2019 davon in Kenntnis gesetzt und gebeten worden, die Nachricht erneut zu senden oder eine andere Versandart zu wählen. Nachdem der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 31.10.2019 mitgeteilt hatte, den Eingang der E-Mail nicht feststellen zu können, teilte die Fachgruppe Justiz auf erneute Rückfrage mit, es habe bezüglich der E-Mail keine Unzustellbarkeitsmeldung gegeben. Daraufhin hat das Berufungsgericht die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen. Gegen den Verwerfungsbeschluss wendet sich die Klägerin mit der Rechtsbeschwerde. Nach Auffassung des Berufungsgerichts ist das Rechtsmittel nicht innerhalb der gesetzlich bestimmten Frist begründet worden. Nach dem Ergebnis seiner Ermittlungen bei der Fachgruppe Justiz sei davon auszugehen, dass vor Ablauf der Frist über das beA zwar eine Nachricht eingegangen sei, diese aber keinen Inhalt gehabt habe. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht. Wiedereinsetzung sei von Amts wegen nur dann zu gewähren, wenn das Vorliegen der Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung für das Gericht offenkundig sei. Dies sei nicht der Fall. Insbesondere fehlten nähere Angaben dazu, dass ein Rechtsprechungsübersicht 32 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2022

RkJQdWJsaXNoZXIy ODUyNDI0