Kammermitteilungen 2/2021

Editorial Immer noch systemrelevant Leonora Holling Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Gesundheitsminister des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt in einer Talkshow, die Beschwerden bezüg- lich der Herausnahme von Rechtsan- wältinnen und Rechtsanwälte aus der Priorisierungsgruppe 3 bei der Coro- na-Schutzimpfung sei eine reine Neiddebatte. Neidisch sind wir Anwälte in Nord- rhein-Westahlen tatsächlich. Da hat der Minister recht. Aber neidisch sind wir nicht etwa auf die priorisierten übrigen Angehöri- gen der Justiz. Wir freuen uns über jeden, der uns im Gerichtssaal ge- impft begegnet. Neidisch sind wir aber auf unsere Kolleginnen und Kollegen in anderen Bundesländern, die dort ganz selbstverständlich zur „Justiz“ in der Gruppe 3 gezählt werden. Womit sich die interessante Frage stellt, warum die Anwaltschaft in einem Bundesland zur Justiz gerechnet wird und in dem unseren gerade nicht. Auch dies ist der Minister in der Talkshow gefragt wor- den und auch hierauf hatte er eine umgehende Antwort. Die Gerichte müssen funktionieren, sagt der Minister. Die Gerichte funktionieren also nach Meinung unseres Ministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Lan- des NRW ohne Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Das ist dann nun doch, mit allem Verlaub, eine sehr rustikale Interpretation des Begriffes „Rechtsstaat“ durch einen Vertreter unserer Landesregierung. Zu- gleich auch eine äußerst bedenkliche. Denn auf dem Prinzip des Rechtsstaates fußt unser Staat seit seiner Gründung im Rahmen der Gewalten- teilung. Das Funktionieren des Rechtsstaates ist in dem „Pakt für den Rechtsstaat“ nochmals jüngst durch die Politik mit der Anwaltschaft besiegelt worden. Die Rechtsanwältin und der Rechtsanwalt garantieren je- dem Einzelnen den gleichberechtigten Zugang zum Recht. Das dann das angerufene Gericht spricht. Wir sind Organe des Rechtsstaates, so wie die BRAO als Bundesgesetz es statuiert. Die Prinzipien dieses Rechtsstaates werden wir als Rechtsanwaltskammern deshalb auch ohne Wenn und Aber verteidigen und solche unvertretbaren Aussagen der Politik zur Einordnung der Anwaltschaft im Be- reich der Justiz nicht einfach auf sich beruhen lassen! Dazu gehört auch, dass wir als ver- fasste Anwaltschaft insgesamt mit klaren Forderungen und mehr Selbst- bewusstsein auftreten. Bei den Ände- rungsvorgaben zu BRAO und RVG hatte sich nämlich ebenfalls gezeigt, wie wenig Politik derzeit auf die Hin- weise derjenigen zu hören gedenkt, die die Gesetzesänderungen schließ- lich betrifft. Diesen neuen Herausforderungen stellt sich die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf mit ihrem neu gewählten Vorstand und Präsidium. Wir haben dabei nicht nur die großen Fragen im Focus, sondern wollen auch das Pro- fil unserer Kammer als Dienstleister seiner Mitglieder schärfen. So wer- den wir demnächst über unsere Web- site ein Portal mit erweiterter Stellenbörse freischalten, wo Kanzleien etwa dann Jobs auch für Studierende an- bieten und selbst finden können. In Planung sind Hilfs- angebote rund um das beA, die die bestehenden Ser- viceangebote der BRAK auf regionaler Ebene ergänzen sollen. Der Vorstand hat zudem auf die Empfehlung zur Anhe- bung der Mindestausbildungsvergütung aufgrund Er- höhung des Mindestlohns durch Abschaffung der Prü- fungsgebühren der Kammer reagiert. Darüber hinaus finden Sie in der heutigen Ausgabe un- serer KammerMitteilungen den lesenswerten Beitrag zur Betriebsprüfung in der Anwaltskanzlei. Empfehlen möchte ich ausdrücklich auch den Artikel zu dem durch die Sozialkassen neu aufgelegten Problem der Scheinselbständigkeit. Der aktuelle Aufsatz behandelt das spannende Thema der Voraussetzungen eines Aus- schlusses aus der Anwaltschaft. Ich wünsche Ihnen eine gute Lektüre und einen hof- fentlich schönen Sommer! Und vielleicht sind wir alle dann bald endlich im Inter- esse des Rechtsstaates geimpft! Ihre Leonora Holling Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2021 21

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