Kammermitteilungen 2/2021

Einfach, intuitiv, modular Das neue Online Portal für alle, die mehr wollen, als Fachmedien nur bestellen und verwalten. www.sack.de/sackbiz besondere Bedeutung auch im Rahmen der Gesamt- würdigung nach § 114a Abs. 3 S. 1 BRAO zu. 16 16 Vgl. BGH Urteil vom 14.06.1993, AnwSt 2/93; vgl. ebenso Bay.AGH, Ur- teil vom 3. Februar 2015 – BayAmtsgerichtH II 2 12/14. B. Vorläufiges Berufsverbot gemäß §§ 150, 153 BRAO Die BRAO sieht außer der Ausschließung ein vorläufi- ges Berufsverbot vor. Bei dem vorläufigen Berufsver- bot gemäß §§ 150, 153 BRAO handelt es sich um eine vorläufige Präventivmaßnahme, die in der Regel vor einer Ausschließung verhängt wird und die mit erheb- licher Intensität und irreparabler Wirkung in grund- rechtlich geschützte Rechtspositionen von hoher Be- deutung eingreift, weil sie für eine Zwischenzeit einen Sicherungszweck verfolgt. 17 17 Vgl. zum vorläufigen Berufsverbot gemäß § 132a StPO in Verbindung mit § 70 StGB zuletzt BVerfG Beschluss v. 2.7.2020, 1 BvR 1627/19, AnwBl. 2020, 488. Die damit verbundene Vorwegnahme der endgültigen Ausschließung bedarf der Rechtfertigung durch ein be- sonderes Interesse. Auch in dem durch § 153 BRAO verfahrensrechtlich gesondert geregelten Fall muss ein sofortiges Einschreiten zur Abwehr konkreter Gefahren für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten sein. 18 18 AGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 2.10.2020, 2 AGH 22/19. Be- sondere Feststellungen über eine solche Gefährdung sind nur dann entbehrlich, wenn bereits Art und Schwere der Pflichtwidrigkeit als solche diese Gefähr- dung indizieren. Das ist bei Verfehlungen, die länger zurückliegen jedenfalls nicht selbstverständlich, son- dern konkret festzustellen. 19 19 BVerfG, NJW 1978, 1479, 1480; Reelsen/Weyland,§ 150 BRAO Rn. 3. Eine Automatik, dass wenigstens ein vorläufiges Ver- tretungsverbot im Anschlussverfahren zu verhängen sei, wenn das Urteil im Hauptverfahren auf Ausschlie- ßung aus der Rechtsanwaltschaft lautet, besteht infolge des Gebots verfassungskonformer Auslegung nicht. 20 20 AGH Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 2.10.2020, 2 AGH 22/19; Ditt- mann in Henssler/Prütting, § 150 BRAO Rn. 2. Gemäß § 204 Abs. 1 BRAO wird die Ausschließung aus der Rechtsanwaltschaft erst mit Rechtskraft des Ur- teils wirksam. Das Gesetz sieht ausdrücklich ein mehr- stufiges Rechtsmittelverfahren für den Ausschluss eines Rechtsanwaltes wegen Pflichtverletzungen vor. Deshalb bedarf die Verhängung eines vorläufigen Be- rufsverbotes mehr als nur der Annahme, dass eine Aus- schließung aus der Anwaltschaft droht oder erst- oder zweitinstanzlich bereits ausgesprochen wurde. Es muss vielmehr eine konkrete, durch Tatsachen begründete Gefahr für die Allgemeinheit und die rechtssuchende Bevölkerung bestehen, die ein sofortiges Berufsverbot vor Rechtskraft der Ausschließung erforderlich machen muss. Liegt diese nicht vor, muss bis zur Rechtskraft eines ausschließenden Urteils gewartet werden. Der Rechtskraft kommt demnach wegen des Gewichts des Grundrechts aus Art. 12 GG besondere Bedeutung zu, so dass nur in ganz besonderen Ausnahmefällen die re- gelmäßig irreparablen Wirkungen des Urteils schon vor Eintritt der gesetzlichen Voraussetzung seiner Rechts- kraft durch eine präventive Maßnahme vorweggenom- men werden dürfen, auch wenn besonders schwere Be- rufspflichtverletzungen vorliegen. 21 21 BVerfG, NJW 1977, 892, 894. Das aktuelle Thema 24 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2/2021

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