Kammermitteilungen 1/2023

Editorial Cui bono? Leonora Holling Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, das vergangene Jahr stand im Zeichen vieler Veränderungen für die Rechtsanwaltschaft. Nachdem zum 1.1.2022 die verpflichtende Nutzung des beA den Auftakt machte, schloss sich am 1.8.2022 das vollständige Inkrafttreten der großen BRAO-Reform an. Diese Reform verpflichtet die überwiegende Mehrheit der mit der Berufsausübung verbundenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sich nunmehr als Berufsausübungsgesellschaft bei ihrer örtlichen Rechtsanwaltskammer zuzulassen. Dem insoweit erwartbaren Antragsaufkommen auf Zulassung hatte die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf bereits im Vorfeld durch entsprechende personelle Aufstockung und Umstrukturierung der Kammergeschäftsstelle vorgebeugt. An dieser Stelle kann ich heute deshalb feststellen, dass wir die Anträge entsprechend zügig bearbeiten und die Zulassungsverfahren in angemessener Zeit abschließen konnten. Danken möchte ich dabei aber auch ausdrücklich den Antragstellern für ihre erforderliche Mitarbeit, ohne die dies nicht möglich gewesen wäre! Im September 2022 erfolgte sodann der Austausch der bisherigen beA-Karten für alle Berufsträgerinnen und Berufsträger unseres Kammerbezirkes. Der Unmut der Kollegenschaft, etwa wegen nicht rechtzeitig durch die Bundesnotarkammer übersandter neuer Karten, die unverständliche Menüführung beim Kartentausch oder die technischen Probleme mit der neuen qualifizierten Signaturfunktion, ist absolut nachvollziehbar. Als Ihre örtliche Rechtsanwaltskammer arbeiten wir nach wie vor daran, sowohl bei der Bundesnotarkammer als auch bei der Bundesrechtsanwaltskammer die anhaltenden Missstände nachdrücklich zu adressieren, damit diese abgestellt werden. Insoweit kann ich an dieser Stelle nur nochmals das Angebot an Sie erneuern, sich bei Problemen im Zusammenhang mit dem beA unmittelbar an uns als Ihre örtliche Kammer zu wenden. Wir werden auch weiterhin alles in unserer Macht stehende tun, um Ihnen den Umgang mit dem beA zu erleichtern. Das beA muss zu einem Tool ausgebaut werden, welches die Arbeit der Rechtsanwaltschaft mittelfristig erleichtert und nicht zu Problemen in Arbeitsabläufen führt. Wir sollten uns als Rechtsanwaltschaft zudem darüber im Klaren sein, dass der weitere Ausbau der Digitalisierung von der Justiz vorangetrieben werden wird. Hierbei darf aber nicht nur die Frage gestellt werden, ob dies ein richtiger Schritt in der Zukunft unseres Rechtsstaates ist, sondern auch, wer von diesem Schritt profitiert. So ist die Videoverhandlung in den Zeiten der Pandemie durch die Kollegenschaft durchaus als nützlich im Hinblick auf ersparte Reisezeit und Beschleunigung der Verfahren begrüßt worden. Wenn die Gerichte eine solche denn angeordnet haben. Hingegen ist der Nutzen der Einreichung digitaler Schriftsätze für die Anwaltschaft weit hinter unseren Erwartungen zurückgeblieben. Viele Gerichte sind nach wie vor nicht so ausgestattet, dass eine Weiterverarbeitung dieser digitalen Schriftsätze möglich wäre. Die Antwort der Justiz auf die Investitionen der Anwaltschaft in beA und digitale Kanzleiausstattung ist oft ein Fax. Deshalb müssen wir die Frage nach dem Nutzen stellen, wenn die Justizspitzen bereits jetzt das Projekt des strukturierten Parteivortrages vehement vorantreiben wollen. Zum derzeitigen Sachstand empfehle ich Ihnen insoweit den Beitrag in dieser Ausgabe der KammerMitteilungen auf Seite 7. Wie diese Strukturierung des Parteivortrages einmal aussehen wird, ist dabei noch unbestimmt. Verschiedene Testlabore erproben aktuell, auch erfreulicherweise unter Einbindung von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten, dessen Praxistauglichkeit. Den Erprobungen sollten wir als Rechtsanwaltschaft durchaus konstruktiv gegenüberstehen. Nach jetzigem Erkenntnisstand könnte die Strukturierung des Parteivortrages auch für die Anwaltschaft Vorteile bieten. Dabei muss aber eindeutig klar sein, dass unserer Funktion als Organ des Zugangs zum Recht für alle stets uneingeschränkt erhalten bleibt. Genauso wie wir nicht ureigenste richterliche Aufgaben, wie die Feststellung des Tatbestandes für die Richterschaft, übernehmen können oder wollen. Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf wird die Bestrebungen bei der Digitalisierung in und durch die Justiz daher weiterhin mit höchster Aufmerksamkeit beobachten und sich dafür einsetzen, dass die Belange der Rechtsanwaltschaft in diesem Bereich gewahrt werden. 2 KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 1/2023

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