Kammermitteilungen 1/2022

nach hat er grundsätzlich Weisungen der Gesellschafterversammlung – sei es im Einzelfall oder als allgemeine Richtlinie – zu jeder Geschäftsführerangelegenheit zu befolgen, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag eine abweichende Regelung enthielt (vgl. Senatsurteil vom 7. Dezember 2020 – AnwZ (Brfg) 17/20 mwN). Eine derartige Regelung enthielt der Gesellschaftsvertrag nicht. Weder ist die gesellschafts- bzw. organrechtliche Weisungsunterworfenheit des Beigeladenen im Gesellschaftsvertrag aufgehoben noch findet sich dort eine sonstige Regelung zur Gewährleistung seiner fachlichen Unabhängigkeit als Syndikusrechtsanwalt. Auch ist das Weisungsrecht und damit das Recht, hierauf zu verzichten, im Gesellschaftsvertrag nicht auf andere Stellen, insbesondere den Aufsichtsrat, übertragen worden (...) Die gesellschafts- bzw. organrechtliche Weisungsgebundenheit des Beigeladenen wird nicht durch etwaige dienstvertraglich vereinbarte Weisungsverbote unter II. der Tätigkeitsbeschreibung, (...) auch wenn diese – wie dies unter V. der Tätigkeitsbeschreibung angegeben ist – Bestandteil des Arbeitsvertrags geworden sein und diesem vorgehen sollten, begrenzt. Auch eine Erklärung des Aufsichtsrats, vertreten durch den Aufsichtsratsvorsitzenden, dass dieser gegenüber dem Beigeladenen bezüglich seiner Syndikustätigkeit von dem Weisungsrecht nach § 37 Abs. 1 GmbHG keinen Gebrauch machen werde, ändere nichts an der Weisungsgebundenheit des Beigeladenen nach § 37 Abs. 1 GmbHG. Unabhängig von der Frage der Wirksamkeit der Erklärung des Aufsichtsratsvorsitzenden, (...) hat diese Erklärung jedenfalls keine Auswirkungen auf die Weisungsbefugnis der Gesellschafterversammlung nach § 37 GmbHG und die hiermit korrespondierende organschaftliche Weisungsgebundenheit des Beigeladenen. Sofern hierin eine den Anstellungsvertrag des Beigeladenen ergänzende – schuldrechtliche – Bestimmung gesehen würde, änderte diese nichts an der gesellschafts- bzw. organrechtlichen Weisungsgebundenheit als Geschäftsführer nach § 37 GmbHG. Eine derartige Einschränkung könnte – wie oben ausgeführt – nur durch die Gesellschafterversammlung selbst und im Gesellschaftsvertrag erfolgen, was hier nicht der Fall ist. (jki) Tätigkeit bei einem Assekuradeur erfüllt Voraussetzungen nach § 46 BRAO zur Zulassung als Syndikusrechtsanwalt – auch die Bonusvereinbarung im konkreten Fall unschädlich Bei dem Merkmal der Tätigkeit in Rechtsangelegenheit des Arbeitgebers nach § 46 Abs. 5 BRAO handelt es sich um eine tatbestandliche Voraussetzung für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt. Ist der Betreffende in den Rechtsangelegenheiten der Kunden des Arbeitgebers tätig, fehlt es an der für die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erforderlichen vorgenannten Voraussetzung (BGH, st. Rspr. zuletzt Urteil vom 2.11.2020 – AnwZ (Brfg) 24/19). Dabei steht die rechtliche Beratung von Kunden des Arbeitgebers nach § 46 Abs. 5 BRAO einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt auch dann entgegen, wenn dieser nur vereinzelt dessen Kunden berät. Jede rechtsberatende Tätigkeit in Rechtsangelegenheiten eines Kunden des Arbeitgebers schließt unabhängig von deren Umfang grundsätzlich eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt aus (BGH, Urteil vom 22.6.2020 – AnwZ (Brfg) 23/19). Bezogen auf die Zulassung eines bei einem Assekuradeurs tätigen Syndikusrechtsanwalts hatte der AGH NRW sich erneut in einer anderen Ausgestaltung mit der Frage der eigenen Rechtsangelegenheiten zu befassen (Urteil des AGH NRW vom 16.8.2021 – 1 AGH 35/20). Der Arbeitgeber im konkreten Fall verfolgt mit der Entwicklung eigener Versicherungsprodukte eine eigene Geschäftstätigkeit, für die er von seinen Kunden auch die Courtage erhält. Dies gilt unabhängig davon, dass die eigentliche Versicherungspolice von einem Versicherer ausgestellt ist und dieser letztendlich das Risiko trägt. Die von dem Arbeitgeber entwickelten Versicherungsprodukte werden als eigene Marke auf einer Internetplattform vertrieben und von den Kunden auch als Produkte der B GmbH als Arbeitgeber des Syndikusrechtsanwalts erkannt und wahrgenommen. Die Tätigkeiten des beigeladenen Syndikusrechtsanwalts beziehen sich auf diese Produkte und sind damit Tätigkeiten für seinen Arbeitgeber. Der Senat ist zu der Überzeugung gelangt, dass der Beigeladene anwaltlich tätig ist und dass diese anwaltliche Tätigkeit das Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 46 Abs. 3 BRAO prägt. Sowohl das Entwickeln und Verhandeln von Verträgen wie auch das Entwerfen, Beraten und Verhandeln von Vertragsentwürfen ist ebenso anwaltliche Tätigkeit wie die Beratung der Geschäftsführung im Hinblick auf das operative Geschäft. Der Gewährleistung der fachlichen Unabhängigkeit und der eigenverantwortlichen Ausübung der Tätigkeit steht auch nicht die Bonusvereinbarung nach § 4 des Anstellungsvertrages entgegen. Wie sich aus der vom Beigeladenen vorgelegten Leistungsübersicht zeigt, orientieren sich die Zielerreichungen an nichtanwaltlichen Tätigkeiten, nämlich der Abwicklung von ITProzessen, der Produktentwicklung und dem Aufbau von Partnerschaften. Mit dem Bonus wird also eine nicht bestimmte anwaltliche Tätigkeit in der Weise honoriert, dass wirtschaftliche Erwägungen bei der Führung der Sache den Ausschlag geben könnten. Der Bonus wird also nicht im Sinne eines unzulässigen Erfolgshonorars im Sinne des § 49b Abs. 2 BRAO gewährt, das mit der Ausübung einer unabhängigen Tätigkeit nicht vereinbar wäre (AGH NRW, Urteil vom 24.11.2017 – 1 AGH 1/17). (jki) Rechtsprechungsübersicht KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 1/2022 15

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