Kammermitteilungen 1/2022

die anwaltliche Arbeit herbeizuführender Erfolg den Gegenstand der Verpflichtung des Rechtsanwalts bildet. Dies ist gewöhnlich dann der Fall, wenn der Anwalt es übernimmt, Rechtsauskunft über eine konkrete Frage zu erteilen oder ein schriftliches Rechtsgutachten zu erstellen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2019 – IX ZR 221/ 18). Ein Werkvertrag mit Geschäftsbesorgungscharakter kann beispielsweise bei Einzelaufträgen vorliegen, die auf eine einmalige, in sich abgeschlossene Leistung gerichtet sind (zum Steuerberatervertrag BGH, Urteil vom 7. März 2002 – III ZR 12/01). Hierunter können eine fehlerfreie Erfassung und Auswertung vorhandener Daten und ein daher auf bestimmte Arbeitsergebnisse und einen Erfolg im Sinne des Werkvertragsrechts (§ 631 Abs. 2 BGB) gerichtete Tätigkeit fallen (vgl. BGH, Urteil vom 7. März 2002). Für die Abgrenzung von Dienst- und Werkvertrag ist der im Vertrag zum Ausdruck kommende Wille der Parteien maßgebend. Es kommt darauf an, ob eine Dienstleistung als solche oder ein Arbeitsergebnis als Erfolg geschuldet wird (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2002 – X ZR 27/01; Versäumnisurteil vom 6. Juni 2013 – VII ZR 355/12). Es ist jedenfalls auch im Schrifttum anerkannt, dass anwaltliche Gutachtenverträge in der Regel Werkverträge sind (vgl. nur G.Fischer/Vill/D.Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Auflage 2015, § 10 Rn. 31; Fahrendorf/Mennemeyer, Die Haftung des Rechtsanwalts, 9. Auflage 2017, Kap. 1 Rn. 11 ff.). Hier schuldete die klagende Rechtsanwältin jedenfalls nach ihrem Vortrag nicht die Beratung, sondern eine Zusammenstellung des Sachverhalts (als Teil der Sichtung des Zivilverfahrens) sowie dessen zivilrechtliche Aufbereitung. Hierbei handelt es sich um konkrete, von vornherein umgrenzt festgelegte und einmalig zu erbringende Arbeitsergebnisse und nicht eine über einen längeren Zeitraum angelegte Beratungstätigkeit. Jedenfalls der Schwerpunkt der Tätigkeit der Klägerin ist dem Werkvertragsrecht zuzuordnen, weshalb das Landgericht zutreffend von einem solchen ausgegangen ist. (jki) BGH zur vollen Erstattung der Reisekosten für einen auswärtigen Rechtsanwalt Der Bundesgerichtshof hat sich mit Beschluss vom 14. September 2021 – VIII ZB 85/20 zur Frage der Notwendigkeit der Hinzuziehung eines nicht am Prozessort und auch nicht am Sitz der Partei ansässigen Prozessbevollmächtigten geäußert. Der Senat hat entschieden: War die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten einer Partei im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO notwendig, können die zu erstattenden Kosten bei der Vertretung der Partei vor dem Gericht an ihrem Sitz nicht auf die fiktiven (Reise-)Kosten eines Anwalts begrenzt werden, dessen Kanzleisitz an dem von dem Gericht am weitesten entfernten Ort innerhalb des Gerichtsbezirkes liegt. Die Vorschrift des § 91 Abs. 2 S. 1 Halbs. 2 ZPO verlangt im Falle der notwendigen Einschaltung eines auswärtigen Anwalts regelmäßig keine zusätzliche Prüfung, ob im konkreten Einzelfall auch die Wahrnehmung des Verhandlungstermins gerade durch diesen Rechtsanwalt unbedingt erforderlich war oder auch durch einen im Gerichtsbezirk ansässigen Anwalt hätte erfolgen können (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2011 – VIII ZB 93/10, NJW-RR 2012, 695 Rn. 16). Gemäß § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO sind Reisekosten eines Rechtsanwalts der obsiegenden Partei, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, nur insoweit zu erstatten, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig war. Bei der Beurteilung der Frage, ob aufgewendete Prozesskosten zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder -verteidigung notwendig waren, kommt es darauf an, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig handelnde Partei die kostenauslösende Maßnahme aus der Sicht ex ante als sachdienlich ansehen durfte (vgl. BGH, Beschlüsse vom 13. September 2005 – X ZB 30/ 04, GRUR 2005, 1072; vom 12. Dezember 2012 – IV ZB 18/12, NJW-RR 2013, 242 Rn. 10; vom 27. Februar 2018 – II ZB 23/16, NJW 2018, 1693 Rn. 10). Dabei darf die Partei ihr berechtigtes Interesse verfolgen und die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Februar 2018 – II ZB 23/16, aaO). Sie ist lediglich gehalten, unter mehreren gleichartigen Maßnahmen die kostengünstigste auszuwählen (vgl. BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 2012 – IV ZB 18/12, aaO; vom 27. Februar 2018 – II ZB 23/16, aaO). Unter diesen Voraussetzungen kann unter Umständen auch die Beauftragung eines auswärtigen Anwalts als notwendig anzuerkennen sein. Allerdings ist die Einschaltung eines auswärtigen Anwalts regelmäßig nicht notwendig, wenn die Partei ihren (Wohn-)Sitz innerhalb des Gerichtsbezirks hat und nicht einen dort tätigen, sondern einen außerhalb des Bezirks ansässigen Rechtsanwalt beauftragt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. Dezember 2011 – XI ZB 13/11, NJW-RR 2012, 697 Rn. 7; Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2018 – VIII ZB 37/18, NJW 2019, 681 Rn. 11). In diesen Fällen kann die Partei Reisekosten nur insoweit beanspruchen, als sie entstanden wären, wenn sie einen Rechtsanwalt mit Niederlassung am weitest entfernt gelegenen Ort innerhalb des Gerichtsbezirks mandatiert hätte (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2018 – VIII ZB 37/18, aaO Rn. 14). Dies schließt jedoch auf den Einzelfall bezogene Erwägungen zur sachlichen Rechtfertigung der Beauftragung eines nicht am Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts nicht aus, etwa, wenn sich diese aus Rechtsprechungsübersicht KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 1/2022 13

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