Aktuellen Entwicklungen zum Thema Sammelanderkonten

Die Präsidentin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf hat in ihrer Funktion als Schatzmeisterin der Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) über die aktuellen Entwicklungen zum Thema Umgang mit Fremdgeld und Sammelanderkonten wie folgt informiert.

I. Ausgangslage

Nach dem Gesetz zum automatischen Austausch von Informationen über Finanzkonten in Steuersachen (FKAustG) müssten Banken eigentlich anwaltliche Sammelanderkonten als meldepflichtig behandeln, d.h. sie müssten nach dem europäischen Common Reporting Standard (CRS) bestimmte Informationen an das Bundeszentralamt für Steuern übermitteln. Der CRS ist ein von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geschaffenes internationales Verfahren zum Austausch von Finanzkonteninformationen mit dem Ziel, grenzüberschreitende Sachverhalte aufzudecken und Steuerhinterziehung zu bekämpfen.

Seit dem geänderten CRS/FATCA-Anwendungsschreiben des BMF vom 15.06.2022 gehören anwaltliche Sammelanderkonten gem. § 19 Abs. 1 Nr. 34 lit. g) FKAustG nicht mehr zu den vom Standard ausgenommenen Konten, sondern unterliegen den umfangreichen Prüf- und Meldepflichten durch die Banken. Grund dafür ist, dass die OECD bemängelt hat, dass die wirtschaftlich Berechtigten auf den Sammelanderkonten der Rechtsanwälte bislang nicht identifiziert werden würden und dass deshalb eine potentielle, latente Gefahr für Steuerhinterziehung bestehe. Für die Erfüllung der Prüfpflichten durch die Banken unterliegen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte als Konteninhaber Mitwirkungspflichten, die bußgeldbewehrt sind (§ 28 FKAustG).

Als Reaktion auf die Änderung des Anwendungsschreibens des BMF im Jahre 2022 hatten mehrere Banken die Sammelanderkonten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten gekündigt, um nicht den umfangreichen und bußgeldbewehrten Prüfpflichten nach dem FKAustG zu unterliegen. Aus diesem Grund hatte sich die BRAK vehement dafür eingesetzt, dieses neu entstandene Problem zu beheben und gemeinsam mit dem BMJV, dem BMF und dem Bankenverband eine Lösung zu finden, um die von den Banken ausgehende Kündigungswelle zu stoppen.

Als Zwischenlösung konnte erreicht werden, die Prüfpflicht der Banken durch einen Nichtbeanstandungserlass des BMF auszusetzen, bis eine finale Lösung für das Problem gefunden wird. Der Nichtbeanstandungserlass ist mehrfach verlängert worden (zuletzt bis zum 31.12.2025).

Zusammen mit der Politik haben die o.g. Beteiligten seither intensiv über Lösungsmöglichkeiten verhandelt und eine nunmehr mögliche Lösung diskutiert. Dass der Nichtbeanstandungserlass noch ein weiteres Mal über den 31.12.2025 verlängert werden kann sowie auch eine erneute Ausnahme der Banken von der Prüfpflicht sind wahrscheinlich, wenn die Vorgaben der OECD erfüllt werden.

Auf der BRAK-Hauptversammlung am 19.09.2025 hat sich die große Mehrheit der Kammern daher für ein zentrales elektronisches System zur automatisierten Prüfung der Transaktionen auf Fremdgeldkonten ausgesprochen. Bei dem diskutierten Modell sollen bestimmte Transaktionsdaten auf Sammelanderkonten von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten von einem elektronischen System über eine Schnittstelle der Banken abgerufen werden. Meldet das System eine Auffälligkeit, werden die Daten an die regional zuständige Rechtsanwaltskammer zur weiteren Prüfung übermittelt. In gemeinsamen Gesprächen hat der Bankenverband signalisiert, dass eine solche technische Lösung umsetzbar sei.

Die BRAK ist nun beauftragt, ein rechtlich-organisatorisches Konzept für ein solches zentrales System zu erarbeiten und die Kosten hierfür zu ermitteln, um eine erneute Verlängerung des Nichtbeanstandungserlasses zu erreichen. In dieser Frist soll das automatisierte Prüfsystem rechtlich und technisch umgesetzt werden.

Die Zeichen für einen dauerhaften Erhalt der Sammelanderkonten sind positiv, der Weg bis zur konkreten Umsetzung aber noch langwierig und die rechtlichen, technischen und berufspolitischen Anforderungen herausfordernd. Ein Versprechen dafür, dass Sammelanderkonten – trotz einer möglichen Verlängerung des Nichtbeanstandungserlasses – nicht von einzelnen Banken und womöglich auch aus betriebswirtschaftlichen Erwägungen heraus gekündigt werden, kann nicht gegeben werden.

Sofern Sammelanderkonten durch einzelne Banken nicht mehr angeboten werden sollten, könnten diese Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten anbieten, die sich auf den Sammelanderkonten befindlichen Umsätze für jeden einzelnen wirtschaftlich Berechtigten auf kostenpflichtige Einzelanderkonten umzubuchen und auch in Zukunft auf solche Konten verweisen.

II. Häufige Fragen und Verhaltensempfehlungen

Soweit sich im Zusammenhang mit der Kündigung eines Sammelanderkontos und der Behandlung von Fremdgeldern (berufsrechtliche) Fragen ergeben können, möchten wir vorsorglich die wichtigsten nachfolgend für Sie beantworten:

1. Was sind Fremdgelder?

Unter „Fremdgeld“ i.S.d. §§ 43a Abs. 7 BRAO, 4 BORA versteht man Gelder, über die der Rechtsanwalt/die Rechtsanwältin zwar kraft seiner/ihrer Kontoinhaberschaft verfügen kann, die aber nicht in seinem/ihrem wirtschaftlichen Eigentum stehen und nicht seinen/ihren eigenen Zwecken dienen, also dem Rechtsanwalt/der Rechtsanwältin materiell-rechtlich nicht „zustehen“.

2. Wie gehe ich richtig mit Fremdgeldern um? Welche berufsrechtlichen Verpflichtungen habe ich?

Für den richtigen Umgang mit Fremdgeld weisen wir auf Folgendes hin:

Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sind bei der Behandlung der ihnen anvertrauten Vermögenswerte zu der erforderlichen Sorgfalt verpflichtet (§ 43a Abs. 7 Satz 1 BRAO).

Nähere Bestimmungen zum Umgang mit Fremdgeld sind § 4 BORA zu entnehmen. Fremdgelder und sonstige Vermögenswerte, insbesondere Wertpapiere und andere geldwerte Urkunden, sind unverzüglich an die Berechtigten weiterzuleiten (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BORA). Fremdgelder müssen nicht unverzüglich weitergeleitet werden, soweit etwas anderes mit dem Mandanten in Textform vereinbart ist (§ 4 Abs. 1 Satz 8 BORA). Über Fremdgelder ist unverzüglich, spätestens mit Beendigung des Mandats, abzurechnen (§ 4 Abs. 1 Satz 6 BORA). Sonstige Vermögenswerte sind gesondert zu verwahren (§ 4 Abs. 1 Satz 7 BORA). Eigene Forderungen dürfen nicht mit Geldern verrechnet werden, die zweckgebunden zur Auszahlung an andere als die Mandantin oder den Mandanten bestimmt sind (§ 4 Abs. 2 BORA).

3. Was mache ich, wenn ich kein Sammelanderkonto mehr habe und wenn meine Bank mir keines mehr zur Verfügung stellt?

Solange eine unverzügliche Weiterleitung an die Berechtigten nicht möglich ist, sind Fremdgelder grundsätzlich auf Anderkonten zu verwalten. Dies sind in der Regel Einzelanderkonten (§ 4 Abs. 1 Satz 2 BORA).

Dies gilt nicht, soweit etwas anderes in Textform mit dem Mandanten vereinbart ist (§ 4 Abs. 1 Satz 8 BORA).

4. Darf ich über mein Geschäftskonto Fremdgelder entgegennehmen und weiterleiten bzw. verwalten?

Solange Fremdgelder unverzüglich weitergeleitet werden (§ 4 Abs. 1 Satz 1 BORA) dürfen diese auch über Geschäftskonten laufen.

Fremdgelder dürften aber nur dann über Geschäftskonten „verwaltet“ werden (d.h. über einen längeren Zeitraum), wenn der Mandant diesem zustimmt und dies in Textform vereinbart wird (§ 4 Abs. 1 Satz 8 BORA).

Dem könnten aber die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken entgegenstehen, die für Geschäftskonten einen bestimmten/anderen Verwendungszweck vorschreiben. Die zweckwidrige Nutzung eines Geschäftskontos kann grundsätzlich zu einer Kündigung durch die Bank führen. Die Bank könnte verlangen, dass für jeden einzelnen wirtschaftlich Berechtigten kostenpflichtige Einzelanderkonten eingerichtet werden.

5. Muss ich Fragen meiner Bank zu den wirtschaftlich Berechtigten und zu der Herkunft des Geldes auf meinem Geschäftskonto beantworten?

Banken haben einerseits als Verpflichtete nach dem Geldwäschegesetz präventive Sorgfaltspflichten zur Verhinderung von Geldwäsche zu erfüllen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 GwG) und andererseits steuerliche Prüfpflichten nach dem FKAustG sowie nach dem Kreditwesengesetz (KWG).

Gem. § 24c KWG müssen Kreditinstitute grundsätzlich Informationen über die wirtschaftlich Berechtigten von Konten vorhalten.

Nach den Auslegungs- und Anwendungshinweisen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zum GwG für Kreditinstitute (AuA) müssen die Banken zur Erfüllung ihrer Kundensorgfaltspflichten Informationen zu den wirtschaftlich Berechtigten ihrer Kunden einholen (§§ 10 ff. GwG).

Da auch Sammelanderkonten seit dem Jahre 2021 nach den AuA der BaFin nicht mehr pauschal den vereinfachten Sorgfaltspflichten gem. § 14 GwG unterliegen, müssen die Banken grundsätzlich regelmäßig ihre anwaltlichen Kunden auffordern, Informationen zu denjenigen Mandanten, zu deren Gunsten die Konten unterhalten werden (= wirtschaftlich Berechtigte der Kundenbeziehung zwischen Rechtsanwalt und Bank), zu übermitteln.

Dies geschieht häufig dadurch, dass die Bank die Konteninhaber dazu auffordert, Listen mit den Namen aller wirtschaftlich Berechtigten zu übersenden.

Ob die Erfüllung der Pflicht der Anwältin/des Anwalts gegenüber ihrer/seiner Bank, zu Mandanten, zu den wirtschaftlich Berechtigten (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 GwG) und zur Herkunft von Vermögenswerten (vgl. § 10 Ab. 1 Nr. 5 lit. b) GwG) Auskunft zu erteilen und für die zur Identifizierung erforderlichen Informationen auch Unterlagen zur Verfügung zu stellen (§ 11 Abs. 6 GwG), eine Verletzung der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht darstellt, muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Es empfiehlt sich, die Mandanten auf die Offenlegungspflicht explizit hinzuweisen und deren Einwilligung einzuholen.

Es empfiehlt sich, den Mandanten auf die Offenlegungspflicht explizit hinzuweisen und dessen Einwilligung einzuholen.

III.   Ausblick auf die Zukunft

Die BRAK wird sich weiterhin intensiv dafür einsetzen, dass die Sammelanderkonten als Produkt für die Anwaltschaft erhalten bleiben und gemeinsam mit der Politik, den zuständigen Ministerien und den Banken eine für alle Beteiligten rechtlich, organisatorisch und technisch tragbare Lösung zu schaffen.

Dies braucht jedoch Zeit, insbesondere weil die steuer-, bank- und geldwäscherechtlichen Prüfungsanforderungen der OECD, FATF und der EU-KOM für Banken und Verpflichtete nach dem GwG mit den Jahren immer weiter gestiegen und immer schwerer zu erfüllen sind. Mit Geltung des neuen EU-Geldwäschepakets (v.a. Geldwäscherichtlinie (EU) 1640/2024 und Geldwäscheverordnung (EU) 1624/2024) werden die Anforderungen ab dem 10.07.2027 weiter steigen.

 

(Quelle: BRAK)